Die Fahrt dauerte sehr lange. So lange, dass ich auf halber Strecke einschlief.
Als ich aufwachte, waren wir schon fast an unserem Ziel angelangt: Es war eine prachtvolles, helles und schlossähnliches Gebäude auf einem hohen Hügel.
Seine kräftig gelb gestrichenen Fassade lugte zwischen großen schwarzen Bäumen hervor und man konnte ein weißes Eingangstor erkennen.
Himmel, war ich aufgeregt!
In der Ferne hörte ich Gesang: Helle, klare Stimmen, die Kirchenlieder sangen.
Nächste Woche war Weihnachten, die Ferien würden morgen beginnen, dennoch hatte es dieses Jahr noch keinen Schnee gegeben. Ich schaute in den Himmel. Dicke Wolken bedeckten die Sonne. Alles wirkte trüb und kalt.
Als wir in den riesigen Innenhof fuhren, konnte ich einen breit verzierten Brunnen erkennen, auf dem sich drei, mit großen glitzernden Eiszapfen bestückte, Wasserspeier tummelten. Schon allein dieser Brunnen sah irgendwie magisch aus!
Hinter dem vermuteten Hauptgebäude konnte man eine Art Park mit einem kleinen See und zwei weitere kleine Gebäude erkennen. Diese Schule war ganz anders gestaltet als meine. Und vor allem war sie riesig!
*
Die schwarze Limousine hielt direkt vor dem Haupteingang an.
Zögernd stieg ich aus und musterte die Fenster des Gebäudes, konnte allerdings nichts als eine Blumenvase im untersten Stockwerk erkennen.
Wo waren nur alle Schüler? Na klar, sie hatten mit Sicherheit Unterricht.
Aber würde man nicht wenigstens ein paar Stimmen hören? Ich dachte, der Unterricht hier ginge bis sechzehn Uhr?
Wow, ich dachte wirklich über unnützes Zeug nach, wenn ich aufgeregt war.
Ich drehte mich noch einmal zu der Limousine um. Der Fahrer nickte mir noch einmal freundlich zu und fuhr sofort wieder davon.
Jetzt war ich allein. Allein mit der Stille. Mein Bauch kribbelte. Dann öffnete ich die breite Tür.
Es war herrlich warm in der Schule.
Der Boden war aus blank poliertem Marmor.
Auf der rechten Seite der Eingangshalle befand sich eine Art Lese-Ecke. Ich entdeckte zwei große Ledersofas und eine Art Kaffeebar, mit hundert verschiedenen Kaffeekreationen.Die gesamte linke Seite war mit vielen weißen Bücherregalen übersät, in denen sich bunte Bücher und Zeitungen tummelten. Es war mir ein Rätsel, wie man bis an die obersten Regale dieser unendlich hohen Wand kommen sollte, trotzdem schien die Halle sehr gemütlich.
Rechts von mir schlängelte sich eine Wendeltreppe an einer Marmorsäule vorbei in den ersten Stock.
Man konnte problemlos alle Türen des ersten Stocks sehen, da dieser mit keiner Wand, sondern einem weißen, verzierten Geländer versehen war. Direkt neben mir befand sich eine dunkle, überhaupt nicht zum Rest passende Holztür, die alt und sperrig wirkte. Neben dieser hingen viele geschmückte Porträts von Personen, die ich alle nicht kannte.
Ich war sehr erleichtert, als ich eine Frau hinter der direkt vor mir liegenden Rezeptionstheke entdeckte und steuerte schnurstracks auf sie zu.
Sie hatte glattes, glänzendes Haar, dass zu einem Dutt zusammengesteckt war und trug eine Art Service-Kleidung, die den Klamotten einer Hotel-Angestellten sehr ähnlich sah.
'Ms. Stuart' stand auf einem kleinen Kärtchen neben einer goldenen Klingel.
"Ähm, entschuldigen Sie Miss...Ich suche einen gewissen Mr. Charles...", krächzte ich.
Was war nur heute mit mir los?
"Ah, dann sind Sie sicher Miss Boston, nicht wahr?", antwortete die Frau freundlich, „Er erwartet Sie in seinem Büro. Gehen Sie einfach die Treppe hoch und durch die Tür ganz rechts, Sie können es nicht verfehlen." Sie zwinkerte mir zu.
*
Mr. Charles Büro schien ebenfalls sehr gemütlich. Überall tummelten sich alte Bücher und Kerzen.
Es roch nach Kaffee und altem Holz. Auch wenn alles sehr alt aussah, konnte ich kein einziges Staubkorn entdecken.
Neben mir standen ein goldener Globus und eine gläserne Vitrine, in der sich ein Stethoskop, Karten und eine Büste von einem grimmigen Mann mit spitzer Nase und großen Locken befanden.
Durch seinen herablassenden Blick sah er ziemlich unsympathisch aus. So jemandem wollte ich lieber nicht begegnen.
Dieser Teil des Gebäudes passte wiederum genau zu der Holztür, die ich gerade eben entdeckt hatte. Ein merkwürdiger Baustil. Aber ehrlich gesagt hatte ich auch nicht viel Ahnung von sowas.
"Ah, Miss Boston!", rief plötzlich eine angenehme, tiefe Stimme hinter mir. Ich drehte mich ruckartig um.
"Ich bin Mr. Charles, der Leiter und Verwalter dieser Schule. Setzen Sie sich doch."
Der etwa vierzigjährige Man zeigte auf einen der beiden Holzstühle. Er hatte braunes gelocktes Haar und trug ein helles Hemd und eine dunkelblaue Jeans. Er erinnerte mich ein wenig an meinen Onkel.
"Ich freue mich sehr, Sie kennenzulernen. Wie geht es Ihnen? Möchten Sie auch einen Kaffee?"
Ich schüttelte den Kopf.
"Haben Sie vorweg ein paar Fragen?"
"Nun, wissen Sie, es ist etwas komisch, wenn die eigene Mutter am Frühstückstisch auf einmal meint, man würde magische Kräfte besitzen. Ich würde gerne mehr darüber erfahren."
Mr. Charles lachte. "Aber natürlich, ich nehme an, deshalb sind Sie gekommen. Nun, wir gehen davon aus, dass Sie eine besondere Gabe besitzen, Ms. Boston.
Es scheint, als würden Sie die Trägerin des Feuerelements werden."
Er goss Kaffee in seine mit Blumen verzierte Tasse und nahm einen kräftigen Schluck, bevor er fortfuhr: "Die vier Elemente, also Feuer, Wasser, Erde und Luft, sind die vier mächtigsten Elemente der Natur und bilden somit die Grundlage der Alchemie und aller anderen magischen Fähigkeiten.
Und Sie, junge Dame, werden kurz nach ihrem Geburtstag eine Art Gefühlsausbruch bekommen, in denen sich ihre Fähigkeit wieder spiegelt.
Sie müssen vorsichtig sein, Miss, Feuer ist sehr gefährlich.
Zwar können Sie danach selbst nicht mehr verbrennen, doch Sie könnten andere verletzten, wenn nicht sogar umbringen."
Na Klasse, ich würde zu einer wandelnden Killermaschine werden.
"Aber zumindest kannst du dich dann verteidigen!", meinte meine innere Stimme optimistisch.
Aha, und gegen was? Mücken?Ich bezweifelte, dass ich meine Kraft einfach so auf offener Straße anwenden durfte. Außerdem wusste ich ja noch nicht einmal, wie sie funktionierte.
"Werde ich das Feuer dann kontrollieren können?"
"Nun, das was Sie unter magischen Zauberkräften verstehen, ist nichts anderes als eine angeborene Kraft, mit der Sie ohne alchemistische Hilfsmittel Glück oder Schande über die Welt bringen können.
Natürlich liegt dies wortwörtlich in Ihren Händen, allerdings müssen Sie sich immer Ihrer Verantwortung bewusst sein."
"Äh, also heißt das ja?"
Es schien, als würde er versuchen meiner Frage auszuweichen.
"Die Kraft des Feuers ist mächtig, Miss Boston, Sie können damit einfacher als jeder andere Elementträger über Leben und Tod entscheiden. Und wenn Sie ihre Kraft nicht kontrollieren können, dann entscheidet sich die Kraft selbst, ob Sie dem Guten oder dem Bösen gehorcht.
Und Feuer tut nichts lieber als zu verschlingen, es ist unberechenbar. Geben Sie Acht, Miss Boston, geben Sie Acht."
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School of Elements- Das Mädchen, das in Flammen steht*Pausiert*
Fantezie"Die Kraft des Feuers ist mächtig, Miss Boston, Sie können damit einfacher als jeder andere Elementträger über Leben und Tod entscheiden. Und wenn Sie ihre Kraft nicht kontrollieren können, dann entscheidet sich die Kraft selbst, ob Sie dem Guten od...