42. Kapitel

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Marco

„... und dann hat er mich geküsst und dann haben wir miteinander geschlafen und dann hat er mir gesagt, dass er mich liebt und jetzt sind wir zusammen" Levi klingt sogar durch das Telefon total glücklich, sodass sich schmunzeln muss.
Da er hat wohl endlich das bekommen, was er wollte.

„Und wie geht es jetzt weiter?", fragt Ben ebenfalls mit einem Grinsen.
Levi seufzt. „Weiß nicht. Heiraten, Kinder kriegen..."
Ben und ich lachen.

„Du spinnst doch. Hat er dir das Hirn rausgevögelt oder was?"

Ich hab Ben schon seit Wochen nicht mehr so belustigt erlebt.
Das ist meine Schuld, das weiß ich. Ich bin ihm sehr dankbar, dass er mich nicht verlässt und an meiner Seite bleibt. Ich brauche ihn. Ich liebe ihn. Und ich will ihn glücklich sehen.

„Nein, er war ganz sanft, wenn dus genau wissen willst", meint Levi. Das bringt mich noch mehr zum Grinsen. Unser kleiner Jax ist also ein Top, ja? Unerwartet, aber wieso nicht? Jeder wie er will.

Ich für meinen Teil hatte schon seit der Sache mit Jolie keinen Sex mehr. Ben hat es auch gar nicht versucht. Ich bin viel zu unsicher, um einen Versuch zu starten und eigentlich will ich auch gar nicht. Es reicht mir schon, dass wir zusammen auf dem Sofa schlafen und kuscheln. Mehr will ich gar nicht von ihm. Er soll einfach da sein. Das brauche ich.

Wir unterhalten uns noch etwas mit Levi über seine Fortschritte bei Jax, bis seine Stimme etwas unsicher klinge, nachdem er sich geräuspert hat. „Und bei euch? Seid ihr... Geht's euch gut?"
Süß, wie er sich nicht traut nachzufragen, ob wir noch zusammen sind. Aber ich traue mich ja selbst nicht.
„Natürlich", meint Ben. „Alles super."

Lüge. Aber er bringt das ganz gut rüber. Er weiß, dass es mir scheiße geht und ich weiß, dass es ihm scheiße geht, aber unsere Beziehung fühlt sich wirklich gut an. Zumindest trägt er seinen Ehering wieder.

„Wollt ihr dann mal die Tage wieder vorbei kommen?", fragt Levi wieder begeistert.
„Mal sehen. Wir wollen ein bisschen Zeit für uns", meint Ben. Er wirft mir einen kleinen Seitenblick zu. Ich zwinge mir schnell ein Lächeln auf, doch er kauft es mir nicht ab.

„Okay", meint Levi unbekümmert. „Meldet euch, wenn ihr was braucht. Und geht davon aus, dass ich euch im Detail berichten werde, wie sehr Jax mich liebt"
Ich sehe ihn quasi fröhlich durch das Telefon grinsen.
Ben lacht leicht. „Ist okay, Levi. Bis dann" Auch er verabschiedet sich und dann legt Ben auf und gibt mir mein Handy zurück. Levi hat zwar mich angerufen, aber ich spreche eigentlich nicht mehr wirklich viel. Ich höre Ben viel lieber zu.

ER lächelt mich leicht an und legt vorsichtig die Hand auf mein Knie. Er geht so seltsam mit mir um, als habe er Angst ich würd jeden Moment zusammenbrechen. Ich verstehe das nicht. Ich hab doch ihm wehgetan. Wieso kümmert er sich um mich?

„Denkst du, es ist langsam an der Zeit, dass wir uns ein neues Bett kaufen?", fragt Ben, während er über mein Knie streichelt.
Ich sehe zu seiner Hand, nehme sie in meine. Diesmal ist mein Lächeln echt.

„Findest du das Sofa nicht gemütlich?", will ich von ihm wissen.
Er nickt. „Doch doch. Aber es ist ein bisschen eng und wir können ja nicht für immer auf dem Sofa übernachten oder?"
Da hat er Recht. aber etwas an dem Satz muss hervorgehoben werden.

„Für immer?" unsicher sehe ich ihn an.
Ben seufzt. „Ja, Marco, für immer. Außer..." Er legt eine Denkpause ein.

ich schlucke. Was für ein außer?

„Möchtest du hier wegziehen?"
Hä? Also das verwirrt mich jetzt. „Wieso sollte ich? Wir sind heir aufgewachsen..."
Wieso sollten wir hier wegziehen? Diese Stadt gehört zu unserem Leben.

Ben seufzt. „Ich weiß nicht. Hier ist einfach schon zu viel passiert weißt du? Vielleicht würde es dir besser gehen, wenn wir an einen Ort gehen, wo du nicht mehr an alles eirnnert wirst..."

Mitten in dem Beginn seiner Rede stehe ich auf und gehe in die Küche. Ich hasse es, wenn er darüber redet. Ich will es nicht hören.

„Hast du Hunger?", rufe ich ihm zu.
Er taucht im Türrahmen auf und seufzt ein „Marco"
Ich schüttele den Kopf. „Das ist keine Antwort auf meine Frage"

Er kommt zu mir, will mich uammren, aber ich schiebe ihn weg. „Hunger ja oder nein?" Jetzt regt er mich echt auf.
„Nein"
Toll ich wollte kochen, damit ich abgelenkt bin. Was soll ich denn jetzt machen?

„Willst du trainieren gehen?", stellt er eine Gegenfrage.
Sofort nicke ich. Das kann ich mich gut ablenken. Wir holen nur schnell unseren SPorttasche und fahren dann in die Halle.

Beim Umziehen drehe ich mich von Ben weg. Ich weiß nicht mal wieso. Eigentlich sehe ich ihm ja gerne beim Ausziehen zu, aber es passiert einfach so. Und bevor ich darüber nachdenken kann, wieso ich mich vor ihm schiniere, bin ich auch schon wieder angezogen und wir gehen in die Halle.

Ich liebe Boxen. Da kann man auf etwas einschlagen...

„Okay, womit sollen wir anfangen?", fragt Ben mich, während wir wie immer erstmal zwei Runden rennen, um etwas warm zu werden. Ich zucke mit den Schultern. Er soll entscheiden.
„Okay", meint Ben. Er hat sich daran gewöhnt, dass er fast nur noch Selbstgespräche führt.
„Wie wär's mit dem Sack?"

ER stellt sich hinter einen Boxsack und deutet mir, darauf zu schlagen. Ich hebe lustlos den Arm und schlage halbherzig hinein. Ich wollte mich zwar ablenken, aber so richtig Lust habe ich keine. Ich hab seit fast zwei Monaten keine Lust mehr auf irgendetwas. Ich will mich einfach verkriechen.

„Ach komm schon, das war ja gar nichts", meint Ben.
Ich mache es nochmal, aber das richtig ändert sich daran auch nichts.

Ben seufzt, kommt um den Boxsack herum und positioniert meine Füße in Kampfstellung und dann meine Hände. Dann macht er eine Bewegung mit meinem Arm nach vorne. „So geht das. Nur kräftiger, das weißt du doch"
Er drückt mir einen Kuss auf die Schulter und geht dann wieder hinter den Boxsack.

„Und jetzt zeig mir, was du drauf hast" Er lächelt aufmunternd.
Ich schlage auf den Boxsack.

„Du bist total der Schwächling geworden" Als ich das höre, schlage ich fester zu.
„Du bist einfach nicht stark genug" Ich werde immer wütender, je weiter Ben meine Gedanken ausspricht und schlage immer stärker zu.
„Kein Wunder, dass du dich nicht wehren konntest" Ich schlage so fest zu, dass meine Hand wehtut, aber das ist mir egal.

Ich werde immer wütender und wütende, immer verzweifelt und verzweifelt, die Erinnerungen spielen sich vor meinem inneren Auge ab, immer, wenn ich die Lider schließe. Ich fühle mich wehrlos, schwach. Ich bin selbst Schuld. Ich bin ein Mann. Sowas sollte mir gar nicht passieren können. Ich hätte mich besser wehren sollen. Ich hätte stärker sein müssen. Aber das war ich nicht. Das bin ich nicht. Ben hat recht. Ich bin ein Schwächling. Ich sollte mich nicht wundern, dass ich mich nicht wehren konnte. Meiner Kehle entkommt ein verzweifelter Schrei, meinen Augen tränen, während ich einfach immer weiter , mittlerweile abwechselnd mit beiden Händen auf den Boxsack einprügle, so sehr, dass Ben sich mit dem festhalten Mühe geben muss. Aber das bekomme ich fast gar nicht mit. Ich sehe nur Jolie vor mir, höre ihre Stimme. Sie sagt mir, dass alles gut wird, dass sie sich um alles kümmert, ich bitte sie aufzuhören, aber es wird einfach immer schlimmer. Ich spüre ihre Berührungen an meinem gesamten Körper, fühle mich schmutzig, benutzt, ekle mich vor mir selbst. Ich habe Ben betrogen. Jolie kann nichts dafür. Zum Sex gehören immer 2 dazu. Ich hätte deutlicher machen müssen, dass ich sie nicht will. Es ist alles meine Schuld.

Die Liebe und die Entscheidung (bxb)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt