Kapitel 15

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Es verwunderte Krist nicht, am nächsten Morgen allein aufzuwachen, was dennoch eine merkliche Enttäuschung in ihm aufkommen ließ.

Trotzdem fühlte er sich seit langen wieder einmal etwas ausgeglichener, was nichts daran änderte, das ihm die Wärme ins Gesicht stieg, als er sich an letzte Nacht erinnerte.

Das schlechte Gewissen traf ihn ebenso abrupt, dachte er daran, dass er über all seine Inbrunst nicht einen Gedanken daran verschwendet hatte, wie er P'Sing zurückließ.

Das dieser ebenso erregt gewesen war, hatte er mitbekommen. Aber egoistischer Weise, doch nur an sich gedacht.

Er glaubte nicht, das P'Sing es ihm übel nehmen würde. Dazu war er einfach zu aufopferungsbereit gewesen. Undankbar, kam er sich dennoch vor.

Vielleicht konnte er sich ja anderweitig revanchieren?

Auch wenn er den Grund dafür nicht wirklich würde nennen können. Ein „Lass dich zum Essen einladen, als Dank, das du so selbstlos für mich als Toy Boy hergehalten hast.", klang selbst in seinem Kopf einfach nur peinlich und lächerlich.

Er hoffte nur, dass sie nun nicht wieder mit irgendeiner unbequemen Spannung zwischen sich anfangen würden.

Eine Nachricht auf seinem Smartphone ließ ihn danach greifen, nur um dann mit einem aufgewühlten Gefühl auf das Display zu starren.

P'Yui hatte ihm geschrieben und mitgeteilt, dass sie in drei Tagen wieder zurück wäre.

Drei Tage.

War das alles was ihm noch blieb, bevor P'Sing wieder komplett aus seinem Leben verschwinden würde?

Eilig erhob er sich aus seinem Bett und war auf dem Weg in sein eigenes Zimmer, als er etwas aus Richtung Küche vernahm, was ihn seine Schritte umlenken ließ.

P'Sing war also doch nicht einfach verschwunden und es brachte sein Herz in freudige Aufruhr, die er aber nicht wagte nach außen zuzulassen. Stattdessen blieb er nicht zum ersten Mal einfach im Hintergrund und schaute ihm zu.

Er hatte seine Sachen vom Vorabend an, was darauf schließen ließ, das er gedachte sich baldigst wieder auf den Weg zu machen.

„Guten Morgen, Krist.", hörte er ihn sagen, ohne dass er auch nur einmal in seine Richtung gesehen hatte und füllte eine Tasse mit Kaffee, die er auf die Küchen Theke stellte.

Etliche Gedanken drängten darauf in Krist's Kopf nach vorn, was er ihm sagen wollte, fühlte es sich irgendwie so an, als würde ihm die Zeit davonlaufen.

„Das Frühstück ist gleich soweit."

Danke für letzte Nacht.

„Mir war nicht allzu viel möglich, von dem was du da hattest."

Tut mir Leid das ich so egoistisch war.

„Aber es sollte seinen Zweck dennoch erfüllen."

Verschwinde nicht einfach aus meinem Leben, sobald P'Yui zurück ist.

„Ich werde mich dann erst einmal wieder auf den Weg machen."

Wäre es möglich mir eine Chance zu geben?

„Ich komme später wieder vorbei, um dich für deinen 14 Uhr Termin abzuholen."

Ich denke ich habe mich in dich verliebt.

„Gibt es etwas das zuvor noch erledigt werden sollte?"

Bleib bei mir.

„Krist?"

Er zuckte etwas zusammen, als P'Sing mit einem Male vor ihm stand und ihn besorgt ansah.

„Alles in Ordnung?"

Nein, ist es nicht.

„Ja, alles ok. Bin nur noch nicht richtig wach." Damit holte er sich die Tasse mit Kaffee und nahm einen kurzen Schluck davon, bevor er P'Sing leicht anlächelte.

„Wenn es nichts weiter gibt, verschwinde ich jetzt. Bis später." Krist nickte zustimmend und hielt sich weiter an seiner Tasse fest, bis er das Schließen der Haustür vernahm.

„Ich bin einfach nur ein Idiot...", murmelte er schließlich und widmete sich seinem Frühstück.



***

Die folgenden drei Tage waren schneller herum, als es Krist lieb war, und keiner von ihnen hatte diese eine Nacht noch einmal erwähnt.

Oberflächlich gesehen, war alles beim Alten, doch in Krist herrschte noch immer Chaos.

Er wollte auch nicht aufdringlich werden, hatte P'Sing klar gestellt, das es nur dieses eine Mal geben würde.

Es ging ihm auch gar nicht so sehr darum, dass er auf eine Wiederholung hoffte, sondern mehr um das, was er wirklich für ihn empfand.

Dass er mit solch einer Offenbarung ziemlichen Schaden in ihrer Beziehung anrichten konnte, war absehbar und genau deswegen hielt er auch den Mund.

Was nicht bedeutete, dass er sich nicht über die Rückkehr von P'Yui freute.

Wie es aussah, war nichts an ihre Ohren gedrungen, was die Ereignisse zu diesem Wohltätigkeits-Event und die danach betraf, worüber er auch dankbar war. Sie würde sich nur unnötige Sorgen machen und vielleicht schlimmer noch, P'Sing Schuld vorwerfen, die nicht gerechtfertigt wäre. Dieser konnte schließlich auch nicht überall sein oder mit sämtlichen möglichen Szenarien rechnen.

Letztendlich, war ja auch alles glimpflich abgelaufen. Kein Grund, es noch einmal aufzurollen.

P'Sing war heute Morgen schon mit ihr zusammengekommen, sicherlich, um sie über alles Notwendige zu informieren und wenn angebracht, auf den neusten Stand der Dinge, betreffs seiner Aktivitäten, zu bringen.

Er selbst war mit dem Dreh eines Werbespots beschäftigt gewesen, zu dem in P'Sing zuvor noch gebracht hatte.

Umso befremdlicher erschien es ihm, als P'Yui ihn wieder abholte.

Von P'Sing keine Spur.

Er versuchte sich die Enttäuschung nicht anmerken zu lassen, trotzdem schlug sein Herz unruhig über diesen plötzlichen Wechsel und was er bedeuten konnte.

„Du siehst nicht wirklich glücklich aus, mich zu sehen.", merkte P'Yui an und Krist war klar, dass er ihr nichts vormachen brauchte.

„Nur überrascht, das ist alles." Sie gab ein ahnendes Raunen von sich, das Krist als „Ich glaub dir kein Wort.", deuten konnte und er sich abermals ertappt fühlte.

Und da er eh schon durchschaut war, fragte er schließlich das, was ihm auf der Zunge lag.

„Wo ist P'Sing?" P'Yui zog eine ihrer Augenbrauen leicht nach oben und schmunzelte siegreich.

„Er nimmt sich seinen wohlverdienten Urlaub. Immerhin hast du ihn ganz schön auf Trab gehalten, mein Lieber."

Diese Antwort machte Sinn, aber sie ließ auch einige Dinge ungeklärt. Zum Beispiel, wann und ob er überhaupt wieder zu seinem Job zurückkommen würde.

Dann war da auch noch dieses nervige Stechen das er empfand, da P'Sing ihm auch nichts von seiner bevorstehenden Abwesenheit mitgeteilt hatte.

Dieser hatte ihn hier abgesetzt, mit den Worten das er keinen Unsinn anstellen und sein Bestes geben sollte, worauf er nur mit den Augen gerollt hatte und ausgestiegen war.

Nun wo er darüber nachdachte, gab es kein „Bis später.", oder andere Worte der Verabschiedung.

P'Sing war einfach verschwunden und nun beunruhigte es ihn nur noch mehr.

Es kreierte genau die Befürchtung, die ihm vor drei Tagen eingekommen war.

Dass er genauso schnell aus seinem Leben verschwinden würde, wie er es betreten hatte.


***


Eine Woche war vergangen und er hatte nichts mehr von P'Sing gehört.

Er hatte vier Tage gewartet, in der Hoffnung, dass dieser sich melden würde, und sei es nur ein simples „Hey.", gewesen.

Schließlich hatte er ihn angeschrieben, gefragt wann er wieder zurückkommen würde und ob es ihm soweit gut ginge, doch keine Antwort erhalten. Sein letzter Versuch war es ihn anzurufen, wo man ihm mitteilte, dass die gewünschte Person zurzeit nicht zu erreichen wäre.

Es konnte diverse Gründe haben, so sagte er sich.

Womöglich, war er irgendwo unterwegs, wo der Empfang ungemein schlecht war.

Vielleicht, war sein Telefon defekt, oder er hatte es verloren.

Aber diese Gründe reichten stets nur flüchtig aus, um sich nicht ganz so abgeschoben vorzukommen.

Es war zudem extrem schwer, sich nicht wenigstens einmal über den Tag nach ihm umzusehen.

Oder sich zu ermahnen, das er bestimmte Dinge, die ihm einkamen oder die er erlebt hatte, nicht mit ihm nach getaner Arbeit würde teilen können.

Heute Morgen, markierte dann das offizielle Ende seiner Hoffnungen.

„Ich werde nicht zurückkommen Mein Job ist getan. Viel Erfolg!" Das war alles was Prachaya zu sagen hatte. Es ließ ihn zunächst mit einer kalten Leere zurück, dann machte es ihn wütend, bis er sich einfach nur noch kraftlos fühlte.

Und er verfluchte, dass er nicht stärker war.

Dass er nach all den Jahren, in denen er gemeint hatte, sehr gut allein zurecht zu kommen, nun hier stand und eine Scherbe nach der anderen aus seiner Brust ziehen konnte, wo einst sein Herz gewesen war.

Er hasste diesen Schmerz, gegen den er nichts tun konnte.

Somit war es auch nicht ungewöhnlich, dass er sich nach einem weiteren Tag mit falscher, gutgelaunter Fassade einfach nur unsäglich erschöpft fühlte.

Krist hatte die Radioshow gerade hinter sich gebracht und das Aufnahmestudio verlassen, als er auf dem Gang zwei vertraute Personen ausmachen konnte.

Wawa und Itthipat strahlten ihn albern an, bevor sie ihn beide gleichzeitig in eine Umarmung zogen.

Und erst jetzt merkte er, wie sehr er solch einen warmen Kontakt zu jemand anderen vermisst hatte, das er auch nicht gleich wieder losließ, als sie sich entfernen wollten.

Er sah die fragenden Blicke die seine Freunde miteinander tauschten nicht, sondern war einfach nur dankbar, dass sie ihm noch einen Moment gewährten.

Morgen wäre der 18. Oktober und auch wenn ihm sein Geburtstag sonst nicht wirklich interessierte, so mochte er diese kleine, sentimentale Tradition, dass sie den Abend zuvor zusammenkamen, wenn es ihre Terminpläne den zuließen. Er wusste, dass seine beiden Freunde es stets versuchten einzurichten, selbst wenn das bedeutete, extra einen Flug auf sich genommen zu haben.

Deswegen wollte er sie auch nicht enttäuschen, indem er sie mit seiner geknickten Stimmung konfrontierte. Was ihn sich mental noch einmal sammeln ließ, bevor er die Umarmung löste und sie mit einem hoffentlich überzeugenden Lächeln anschaute.

Sie schienen nichts merkwürdig zu finden, worauf ihm Itthipat durch die Haare wuschelte und ihm einen Arm über die Schulter legte.

Für die nächsten Stunden würde er versuchen, seine trüben Gedanken einfach soweit wegzuschließen, dass sie ihm nicht in die Quere kamen.

Soviel schauspielerisches Können sollte ihm schon noch möglich sein.



Und wie es ihre Tradition so beinhaltete, waren sie alle samt zurück zu Krist gefahren.

Sie bestellten sich alles Mögliche an ungesundem Essen und machten sich einen gemütlichen Abend, so wie man es unter guten Freunden viel öfter tuen sollte.

Wawa hatte eine Flasche kostspieligen Champagne mitgebracht die, sobald der nächste Tag angeschnitten war und er offiziell Geburtstag hatte, geöffnet werden würde.

Krist musste feststellen, das ihm das Zusammensein wirklich gut tat und ihn automatisch von seinen Sorgen abzulenken wusste, dass es nicht einmal nötig war sich angestrengt zu verstellen.

Er fühlte sich wohl und ausgelassen und der über den Abend verteilte Alkohol, bescherte ihn dieses warme, watteartige Gefühl.

Das alles löste sich jedoch in Rauch auf, als ihm Wawa eine einfache Frage stellte.

„Wie geht es eigentlich Mr. Handsome?" Krist's Karussell kam schlagartig zum Stehen und all die Farben bluteten aus diesem Abend.

„Ich weiß es nicht." Es überraschte ihn selbst, dass er überhaupt eine Antwort zu Stande gebracht hatte.

Sein Umfeld zeigte sich mit einem Male seltsam verschwommen und das Schlucken fühlte sich unangenehm an.

Hände legten sich an seine Wangen und er hoffte durch diesen Schleier hindurch, das es P'Sing wäre.

Dass dieser seinen Namen sagen würde und ihm behutsam die fließenden Tränen wegwischte.

Man zog ihn in eine Umarmung und er ließ es geschehen.

„Warum hast du nichts gesagt?", hörte er Wawa mitfühlend fragen und er schüttelte nur den Kopf.

Itthipat rückte ebenso an seine Seite, strich ihm sanft über den Rücken und vervollständigte das trostspendende Bündel.

Er hatte keine Ahnung, wie lange er in der Umarmung seiner Freunde geweint hatte, doch er fühlte sich danach, zwar nicht geheilt von seinem Kummer, aber doch etwas erleichtert.

Wawa reichte ihm ein Taschentuch und strich ihm abermals durch die Haare.

„Was ist passiert?", erkundigte sie sich vorsichtig und Krist ließ denn Kopf hängen.

„Er ist gegangen. Einfach so. Keine Erklärung. Keine Verabschiedung. Er ist einfach verschwunden."

„Hattet ihr einen Streit?" Krist schüttelte den Kopf über Itthipat's Frage.

„Es war alles wie immer, als wir uns das letzte Mal gesehen haben. P'Yui meinte zuerst, das er sich einfach eine Pause verdient habe." Er verzog schuldbewusst das Gesicht. „Es war ihm auch nicht zu verübeln, nach all dem Stress, den er wegen mir hatte."

„Hast du versucht ihn zu erreichen? Vielleicht gibt es ja einen ganz speziellen Grund, das er fort ist." Krist wünschte, Wawa hätte Recht.

„Meine Nachrichten wurden ignoriert und meine Anrufe gingen nie durch." Er zog sein Smartphone hervor und zeigte die letzte Nachricht, die er von P'Sing erhalten hatte.

„Das ist alles." Er spürte, wie ihm erneut die Tränen kommen wollten, schluckte den Impuls aber eisern herunter.

„Hast du dich in ihn verliebt?" Es war beinahe zum Lachen, das seine beiden Freunde diese Frage synchron stellten. Nur war ihm gar nicht nach Lachen zu Mute.

Eher fühlte er sich nur noch jämmerlicher, dass er seine Beine an sich zog, seinen Kopf auf seine Knie und seine Arme um sich legte.

„Oh Krist. Honey."

„Es war nicht meine Absicht!", versuchte er sich zu rechtfertigen, was ihm ein leises Seufzen von Wawa einbrachte.

„So etwas passiert auch nicht, weil man sich dazu zwingt. Und wenn ich ehrlich bin, kann ich dich sehr gut verstehen. Er war schon etwas Besonderes."

„Selbst ich, fand ihn absurd charmant.", murmelte Itthipat und klang über sich selbst entrüstet, dass es Krist leise auflachen ließ.

„Er schien alles zu sein, was ich brauchte. Letztendlich habe ich ihn wohl zu viel abverlangt, mit meiner anstrengenden Art und er hat die Flucht ergriffen." Krist wusste, dass Selbstmitleid ihm gar nichts brachte, aber es war ihm momentan auch egal.

„Was so schmerzt ist, das er nichts gesagt hat. Selbst wenn ich keine Chance bei ihm gehabt hätte, warum können wir nicht wenigstens Freunde bleiben? War ich wirklich so eine Belastung für ihn, das er mich komplett aus seinem Leben wieder heraus haben will?" Seine Stimme brach über seine letzten Worte und er grollte verärgert über seine Weinerlichkeit.

„Ich fühl mich einfach nur so unvollständig ohne ihn..."

Wildfire start with a kiss (german)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt