Er hätte sich nicht darauf einlassen sollen, so wurde Singto bewusst, als Krist ihn mit seinen Fragen konfrontierte und er nicht im Stande war, etwas darauf zu erwidern. Er wollte nicht lügen und er wollte auch nicht die Wahrheit preisgeben.
Dass er so erschreckend viel für ihn empfand.
Dass er zu einem der wichtigsten Menschen für ihn geworden war und das nicht erst seit P'Yui sie wieder einander vorgestellt hatte.
Krist mit Tränen und verstehender Enttäuschung im Gesicht zu sehen, brach ihm nur noch weiter das Herz.
Dann war es Krist, der ihn einfach stehen ließ und zum ersten Mal verstand er, wie irritierend sich solch eine Art des Abschiedes anfühlte.
Somit war er ihm gefolgt, auch wenn er noch immer nicht wusste was er sagen sollte, aber gehen lassen konnte er ihn so auch nicht.
Krist's Wutausbruch kam nicht überraschend und er war bereit sich dem solange zu stellen, wie er andauern würde.
Womit er allerdings nicht gerechnet hatte war, vor ein Auto zu straucheln.
Aber, so dachte er sich in dem Moment wo es ihn erfasste, dass er es wohl auch nicht anders verdient hatte.
Das Aufkommen auf den Asphalt über den er noch ein Stück rutschte, war nicht weniger schmerzhaft, als der Aufprall selbst.
Seine trainierten Reflexe begünstigten ihn, wenigstens etwas von der Wucht abmindern zu können.
Mit einen leidlichen Stöhnen nahm er Kenntnis von seinem Zustand.
So wie es aussah, hatte er noch Glück gehabt.
Der Wagen war nicht zu schnell gewesen und das Abbremsen hatte den Aufprall etwas abgeschwächt.
Dennoch fühlte er sich so geschunden, wie schon lange nicht mehr.
Jemand trat in sein Blickfeld und er rappelte sich in eine sitzende Position auf.
„Gott, ist alles in Ordnung mit ihnen?", erkundigte man sich sichtlich aufgelöst und schaute besorgt auf ihn.
Es schien der Fahrer des Wagens zu sein, dem er natürlich ebenso einen Heidenschreck verpasst hatte, mit seinem plötzlichen Auftauchen auf der Fahrbahn.
Singto ging ein paar Bewegungen ab, um sich selbst zu checken. Sein Kopf tat weh, aber er konnte ihn noch drehen. Dass er sich aufrichten konnte war ein gutes Zeichen, das seine Wirbelsäule keinen fatalen Schaden genommen hatte. Seine Arme...
Ein schmerzgeladenes Zischen rutschte ihm hervor, als er merkte, dass sein linker Arm nicht zu bewegen war.
Nach genauerer Analyse schien er ausgerenkt zu sein. Nichts, was er nicht schon einmal mitgemacht hatte.
Er setzte an sich aufzurichten, wobei ihm der Fahrer unterstützte.
„Ich denke, es ist noch mal halbwegs gut gegangen.", gab er ihm an, hatte es ihn zu seinen Söldnerzeiten schon wesentlich schlimmer erwischt gehabt. Jedoch schien es den Fahrer nicht so recht zu überzeugen.
„Soll ich sie nicht lieber in ein Krankenhaus bringen?" Singto schüttelte leicht den Kopf. Bis auf den Arm, um den er sich selbst kümmern konnte, ging es ihm den Umständen entsprechend gut.
Sein Blick fiel auf Krist, der zusammengekauert am Boden des Gehweges hockte.
Sein folgender Gedanke war, dass es gar nicht gut wäre, würde man ihn hier erkennen.
Hätte jemand gesehen, was sich abgespielt hatte, könnte das riesige Probleme für Krist bedeuten.
„Schon ok. Ich kümmere mich." Der Fahrer sah ihn noch einen Augenblick stumm und unsicher an, nickte dann aber knapp.
Er war sicherlich ebenso froh, wenn sie diese Sache unter sich beließen und er sich aus dem Staub machen konnte.
Dann begab er sich zu Krist.
Sie waren die einzigen Passanden, was hoffen ließ, dass niemand etwas mitbekommen hatte.
„Krist?", sprach er ihn an, als er bei ihm angekommen war, doch rührte sich dieser nicht, noch sah er zu ihm auf.
Mit einem gedämpften Raunen ging er in die Knie, was ihn etwas deutlicher spüren ließ, wie zerschunden er sein musste.
Er legte ihm eine Hand unter das Kinn und dirigierte dessen Gesicht so, dass er ihn anschauen musste.
Krist's Blick war starr und geweitet, sein Gesicht aschfarben. Sein Körper zitterte leicht und seine Atmung ging unregelmäßig.
Er stand unter Schock, so stellte Singto fest.
Sie mussten hier weg.
Erstens, damit er sich um Krist kümmern konnte und zweitens, damit sie nicht doch noch Aufsehen erregen würden.
Er hatte irgendwie ein Taxi erwischen können, während er Krist wie eine Marionette mit sich genommen hatte, zeigte sich dieser noch immer unempfänglich für sein Umfeld.
Dem Taxifahrer war es egal, wen er beförderte, solange er sein Geld bekam, und niemand seinen Wagen besudelte.
Zu Hause bei Krist angekommen, dirigierte er ihn auf das Sofa, und strich ihm behutsam über die Haare.
In so einem Zustand, wollte er ihn nicht zu sich bringen. Nicht, wenn sich Krist derart mitgenommen zeigte.
„Krist. Es ist in Ordnung. Alles ist ok, verstehst du?" Er wischte ihm mit einem Daumen über die Wange und sprach weiter sanft auf ihn ein.
Dann wurde dessen Blick plötzlich träge, als stünde er kurz vor dem Einschlafen. Er blinzelte einige Male und schien sich wieder ein wenig zu fokussieren.
„P'Sing?", nuschelte er kratzig und Singto lächelte erleichtert.
„Schlaf, wenn du müde bist."
„Wirst du hier sein, wenn ich aufwache?", murmelte dieser, als ihm die Augen auch schon zufielen und Singto sich eine Antwort aufsparte.
Nun sollte er sich erst einmal um sich kümmern.
Von all den Szenarien, die er sich für den Ausgang des Abends gemacht hatte, war von einem Auto angefahren zu werden nicht unter seinen „Top Ten" gewesen.
Krist schreckte mit hektischer Atmung und trockener Kehle aus seinem Schlaf auf.
Irgendetwas kam ihm unschön bekannt vor, fühlte er sich gerade etwas orientierungslos.
Mit Erleichterung stellte er schließlich fest, dass er sich zu Hause in seinem Wohnzimmer befand.
Er musste auf der Couch eingeschlafen sein.
Dann ereilte ihn wieder dieser schreckliche Traum und er schluckte angestrengt über die Bilder in seinem Kopf.
Aber zum Glück war es nur Einbildung gewesen.
Trotzdem fühlte er sich ziemlich unwohl und ausgelaugt. Als habe er Unmengen Energie verbraucht.
Sein Weg führte ihn zu seinem Schlafzimmer, als ihm das Licht im Gästezimmer etwas stutzig machte.
Hatte er es angelassen?
Er konnte sich nicht entsinnen, dass er dieses Zimmer in den letzten Tagen überhaupt betreten hatte.
Und das aus einem recht guten Grund
Vorsichtig schob er die Tür auf und schaute hinein. Im Raum selbst war niemand zu sehen. Jemand schien aber im Badezimmer zu sein, auf das er ebenso zögerlich zuhielt.
Die Tür stand ein Stück offen, sodass er hinein schauen konnte, ohne dass er sie hatte bewegen müssen.
Seine Augen weiteten sich erschrocken, als er die deutlich mitgenommene Gestalt von Singto ausmachen konnte, dessen freigelegter Oberkörper unzählige Blessuren und blaue Flecke zeigte.
Er stand vor dem Waschbecken und hielt den Kopf gesenkt.
Sein Hemd lag auf dem Boden und Krist sah die erste Hilfe Box, neben ihm auf dem Waschtisch stehen.
Singto bewegte sich nicht, schien sich einzig auf das Atmen zu konzentrieren, bevor er sich wieder ein Stück aufrichtete.
Erst dann erkannte Krist die enorme, dunkle Verfärbung an dessen linker Schulter.
Singto legte sich die rechte Hand, in einem geschult wirkenden Vorgang, an den linken Arm und atmete noch einmal tief durch.
Dann tat er etwas, das ein furchtbares Knirschen in dessen Schulter erzeugte. Es war deutlich, dass es enorm schmerzhaft hatte sein müssen, biss dieser seine Zähne derart fest zusammen, dass auch das wehtun musste.
Singto schnaufte angestrengt und sank wieder etwas in sich zusammen.
„Ich bin eindeutig zu alt für diesen Quatsch...", hörte er ihn murmeln und mit einem Schlag überkam Krist die Besinnung.
Er hatte P'Sing's Unfall nicht geträumt!
Ihm wurde augenblicklich übel, durch die Wucht dieser Erkenntnis.
Singto gab ein mitgenommenes Raunen von sich, als er versuchte sich nach seinem Hemd zu bücken und Krist kam endlich in die Gänge.
Ohne weiteres Zögern betrat er nun das Bad, was Singto überrascht zu ihm schauen ließ und er nun auch sah, dass er auf einer Hälfte seines Gesichts ebenso einige Schürfwunden aufzeigte.
„Lass mich dir helfen.", gab er ihm an und nahm das ruinierte Hemd auf. Singto sagte nichts und ließ sich daraufhin sogar zurück ins Gästeschlafzimmer dirigieren. Krist war mit der ersten Hilfe Box an seiner Seite und kümmerte sich schweigend um dessen Verletzungen.
Ein leichtes Schwanken war von Singto's Oberkörper einzufangen, während er auf dem Bettrand saß und ihn machen ließ. Als Krist in besorgt ansah, waren dessen Augen geschlossen, womöglich weil sein Körper den letzten Rest an Kraft verbraucht hatte und sich nun einfach nur noch ausruhen wollte.
Also half er ihm sich so behutsam wie möglich hinzulegen, ohne dass dieser noch einen Ton von sich gegeben hätte.
Es ließ die Sorge um ihn nur noch weiter ansteigen, konnte er nicht sagen, ob Singto nicht weitaus schwerer verletzt war, als es oberflächlich den Anschein machte.
Warum dieser hier und nicht in einem Krankenhaus war, konnte er sich nach und nach zusammenrechnen.
Dass er zu Hause aufwachte, nach diesem unglücklichen Versehen, konnte nur bedeuten das Singto ihn hergebracht hatte. So zerschunden wie er war und sicherlich unter ausreichend Schmerzen.
Dieser hatte trotz allem wieder einmal zuerst an ihn gedacht und es trieb ihm Tränen der Scham in die Augen.
Das Läuten von Singto's Smartphone erregte seine Aufmerksamkeit, welches sich auf dessen Jackett befand, das dieser auf dem Bett abgelegt hatte.
Sein Blick fiel auf das Display und er erkannte, dass es Khun Mon war der versuchte Singto zu erreichen.
Seine Freunde wussten bestimmt, was das Beste zu tun wäre in dieser Situation.
Ohne weiter darüber nachzudenken, nahm er den Anruf entgegen.
„Hal..."
„Sing! Wo steckst du wieder? Hast du vergessen, dass wir heute noch etwas vorhatten?" Krist schluckte schwer, bevor er erneut versuchte sich mitzuteilen.
„Hier ist Krist. P'Sing hatte einen Unfall...", versuchte er alles so schnell wie möglich zu erklären, als ihm Khun Mon schon wieder dazwischen fuhr.
„Was zum Teufel! Was für einen Unfall? Wo ist er jetzt?", donnerte dieser ungehalten und deutlich besorgt drauf los, als jemand anderes das Gespräch übernahm.
„Khun Krist?" Es war Arm's gefasste Stimme.
„Es tut mir so leid, er...ich...ich weiß nicht was ich tun soll..." Arm brachte ihn dazu ihm schließlich seine Adresse zu nennen, auf das er ihm mitteilte, dass sie in weniger als 15 Minuten bei ihm wären.
15 Minuten, die sich wie eine Ewigkeit anfühlten.
Es war Khun Victor, den er als erstes erkannte, als er die Tür öffnete und der ihm ein angespanntes, schmales Lächeln zukommen ließ.
„Wo ist er?"
„Den Flur entlang, die offene Tür links." Dieser nickte kurz und trat an ihm vorbei, als er ihm den Weg gewiesen hatte.
Es folgte Arm, der nicht weniger besorgt aussah, sowie Nicky und Khun Mon der ihn beim Eintreten grob anrempelte.
Krist sagte nichts dazu, schloss einfach nur wieder die Tür und ging den anderen hinterher.
Khun Victor hatte sich bereits Singto angenommen.
„Was genau ist passiert?", erkundigte er sich ohne seine Aufmerksamkeit von seinem Patienten zu nehmen.
„Er wurde von einem Auto angefahren." Jemand gab einen missmutigen Laut von sich über diese Information, doch schaute Krist nur weiter steif zu Boden.
Khun Victor stellte ihm daraufhin noch weitere Fragen, die ihm sagen konnten, was er erwarten musste.
„Es scheint nichts gebrochen zu sein, aber das kann ich nicht genau bestimmen. Die Möglichkeit auf innere Verletzungen besteht ebenfalls. Also sollten wir uns beeilen."
„Es ist meine Schuld.", gab er mit gebrochener Stimme zu und ehe er sich versah, hatte ihn Khun Mon am Kragen gepackt und ruppig gegen die Wand gepresst.
„Natürlich ist es deine Schuld! Du bringst ihm nichts als Ärger!", grollte dieser aufgebracht und verstärkte den Griff, mit dem er ihn festhielt, noch etwas mehr.
„Seit er dich in dieser Bar davor bewahrt hat, dass dich so ein notgeiler Spinner noch auf dem Parkplatz durchfickt, hat er keine ruhige Minute mehr!" Khun Mon wurde mit jedem Satz wütender. „Er hätte dich diesem Wixer überlassen sollen, denn das hättest du verdient!"
„MON! Es reicht." Arm war zu diesem aufgeschlossen und legte ihm nachdrücklich eine Hand auf die Schulter.
„Das hilft Sing auch nicht weiter. Wir bringen ihn zu Victor's Praxis, damit er sich dort eingehender um ihn kümmern kann."
Er machte eine zuweisende Geste auf das Bett, wo Nicky Singto schon vorsichtig aufgerichtet hatte, damit sie ihn mitnehmen konnten.
Krist schaute dem ganzen hilflos zu, denn egal wie sehr er auch wünschte mitkommen zu können, so war klar, dass man ihn nicht dulden würde.
Er konnte nur mit ansehen, wie man Singto zu einem der beiden Wagen brachte, auf das die Anderen ebenfalls wieder einstiegen.
Einzig Arm hielt kurz darin inne und schaute ihn mit kühlem Blick an.
Krist ging zweifelsohne davon aus, das dieser ihm nun sagen würde, das er sich nicht wagen sollte P'Sing noch einmal zu nahe zu kommen.
„Ich gebe Bescheid, wenn wir mehr wissen.", teilte er ihm stattdessen mit und Krist ließ den Tränen nun doch noch freien Lauf, bevor er ein wackeliges „Danke", folgen ließ.
Dann stand er auch schon wieder allein in seinem Wohnzimmer.
Der Gedanke nun für sich hier sitzen zu müssen, bis man ihm eine Antwort zukommen ließ, wühlte ihn derart auf, das er sich abermals so elend zu fühlen begann, dass er glaubte sich übergeben zu müssen.
Diese Ungewissheit, ob P'Sing in Ordnung war, fraß wie ein Zombie an seinen Nerven.
Erneut klingelte es an seiner Tür und mit eiligen Schritten war er dabei sie aufzumachen, in der irrsinnigen Annahme, dass es vielleicht Singto wäre, um ihm zu sagen, dass alles in Ordnung sei.
Es war nicht Singto, sondern Itthipat.
„Krist? Alles in Ordnung? Ich habe schon dutzende Male versucht dich zu erreichen, um zu sehen wie es dir geht, aber du hast nicht geantwortet.", hörte er seinen alten Freund in einem besorgten Tonfall sagen, bevor er sich diesem völlig aufgelöst entgegenlehnte und einfach nur Rotz und Wasser heulte.
Dies war wirklich der grauenvollste Geburtstag den er je gehabt hatte.
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Wildfire start with a kiss (german)
RomanceKrist hat sich über die Jahre einen Namen als Schauspieler gemacht, doch ein beunruhigendes Ereignis lässt seine Managerin den Entschluß fassen, das er jemanden an seiner Seite braucht, der ein wachsames Auge auf ihn und sein tägliches Leben hat. Es...