Neblige Gedanken

3.6K 100 5
                                    

Die Stadt ist perlgrau und dichte Nebelschwaden liegen wie Zuckerwatte über den einsamen, verlassenen Straßen.
Hier und da leuchten vereinzelt Straßenlaternen, die sich schwach in den Pfützen auf dem grauen Asphalt widerspiegeln und das Mondlicht kann sich nur schwach durch den Nebel hindurchkämpfen.

Eine einzelne dunkle Gestalt lehnt am Geländer des Flussufers inmitten der Stadt und starrt tief in Gedanken versunken auf die gegenüberliegende Straßenseite. Zu dem Ort, an dem sich die beiden zum allerersten Mal begegnet sind. Zu dem Ort, wo sie ihren ersten Streit hatten und zu dem Ort, an welchem sie sich wieder versöhnten. Ihm kommt es vor, als ob es schon Jahre zurückliegt, als er ihn kennenlernte, doch in Wahrheit war nur knapp ein Jahr vergangen. Ein Jahr voller Liebe, Zuneigung und Gefühle, aber auch ein Jahr voller Streit, Hass und Sehnsucht lag hinter ihm. Wie sehr er es genoss, an seiner Seite zu sein. Wie sehr er ihn vermisst.

Eine weitere dunkle Gestalt kommt keuchend und außer Atem auf ihn zugerannt. Der Mann ist etwas kleiner als er und seine kurzen, lockigen Haare kleben ihm verschwitzt auf der Stirn und fangen schwach das Licht der Laterne ein.

Er bemerkt nicht, wie sein Freund auf ihn zugerannt kommt und starrt einfach weiter auf diesen einen, für ihn magischen und schicksalshaften Ort, ohne den er heute nicht da wäre, wo er ist. Der etwas kleinere Mann schaut ihn an und folgt dann seinem Blick zu diesem Ort, von dem auch er genauestens Bescheid weiß. Sie reden nicht viel darüber, doch er weiß, dass er noch oft an seine verlorene Liebe denkt und der gemeinsamen Zeit hinterhertrauert.

Er legt seine warme Hand auf die kalte seines Partners, mit welcher er sich die ganze Zeit am Geländer abstützt. Durch diese kleine Geste wird er aus einen Gedanken gerissen und wieder in de Gegenwart geholt.

Langsam dreht er seinen Kopf. Stumm schauen sie sich an. Sagen kein Wort.

,,Na komm, lass uns nach Hause gehen. Du bist ja schon ganz durchgefroren.", ergreift der etwas kleinere der beiden letztendlich das Wort und führt ihn langsam vom Flussufer weg, in Richtung ihres gemeinsamen Zuhauses.

Kurz bevor sie in eine andere Straße einbiegen, blickt er noch einmal kurz über die Schulter zurück zu diesem einen Ort und meint, den Schatten einer Person zu sehen, die sich hinter der Fassade des Hauses versteckt hält. Er schüttelt seinen Kopf, um diesen absurden Gedanken zu vertreiben.

Dabei liegt er aber mit seiner Vermutung goldrichtig.

Der Schatten beobachtet ihn genauestens, obwohl er es nicht mitbekommt. Umso besser für die beiden. So konnte er ihn mit all seiner Schönheit bewundern, wie er es das ganze vergangene Jahr über getan hat. Und es vielleicht noch immer tut.

Langsam beobachtet der Schatten die beiden Männer, wie sie langsam eine Straße überqueren. Dann greift der kleinere der beiden nach der Hand des anderen und verschränkt ihre Hände.

Sehnsüchtig wendet der stattlich gebaute Mann im Schatten den Blick von den beiden sich liebenden Männern ab und macht sich selbst auf dem Heimweg.

Auf der anderen Straßenseite erzählt ihm sein Mann währenddessen irgendetwas, über das er anschließend lacht. Er lächelt nur, damit er nicht mitbekommt, das er mal wieder nicht zugehört hat.

Doch dieses eine Lächeln erreicht seine Augen nicht.

Boyxboy OneShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt