Leere Augen | Teil 4 - Jakobs Grabrede & Ezras Geschichte

1.5K 62 12
                                    

Jakobs PoV

Heute war der Tag gekommen, an welchem ich zum letzten Mal Abschied von meinem Tommy nehmen kann.

Die vergangenen Tage waren die schwersten meines Lebens. Ich vermisse meinen Tommy so sehr. Mein Herz fühlt sich so schwer an, seit dem Tag, an welchem mich der Anruf erreichte.

Ununterbrochen fühle ich den Schmerz.

Er ist gegangen und hat mein Herz mit sich genommen.

***


Während ich vor meinem Spiegel stand und mein schwarzes Shirt und meine schwarze Jeans noch einmal zurecht rückte, kam meine Mum ins Zimmer.

Durch den Spiegel hindurch beobachtete ich sie, wie sie die Tür hinter sich schloss und langsam auf mich zu lief.

Schweigend umarmte meine Mum mich von hinten und strich mir anschließend beruhigend durch mein Haar.

,,Wird es irgendwann besser werden?", fragte ich sie, doch sie schüttelte nur ehrlich den Kopf. Dann nickte sie, bevor sie traurig den Mund verzog.

,,Es ist hart aber irgendwann wird es besser werden. Das erscheint dir momentan unmöglich, aber nach einer sehr langen Zeit lässt der Schmerz allmählich nach. So war es auch bei mir wegen deinem Dad. Als er starb, fiel ich in ein tiefes Loch, aber du warst da und hast meinen Schmerz gelindert. Und nach ein paar Jahren tat es nicht mehr so weh, an ihn zu denken."

Dad. Leider hatte ich nie die Chance, ihn richtig kennenzulernen, denn er starb, als ich noch sehr klein war.

Als ich noch einen letzten Blick in den Spiegel warf, sah ich meine geröteten und geschwollenen Augen vom vielen Weinen. Bei diesem Anblick kamen mir fast wieder die Tränen, aber ich atmete ein paar Mal tief durch und versuchte, mich zu beruhigen.

Bevor ich mich mit meiner Mum auf den Weg zur Kapelle auf dem Friedhof machte, holte ich nich schnell meine Karteikarten mit der Grabrede, die ich eine Woche lang mühsam vorbereitet habe, denn ich möchte, dass diese Rede perfekt wird.

Genauso perfekt wie es mein Tommy war.

***

Die kleine Friedhofskapelle füllte sich immer mehr mit trauernden Gästen.
In der ersten Reihe saß seine Familie, seine Mum, sein Dad und sogar seine Schwester, die extra aus Irland angereist kam. Außerdem waren seine Tanten und Onkel da, sowie ein paar Cousins und Cousinen, die ich aber nicht kannte.

Für mich war ebenfalls ein Platz in der ersten Reihe reserviert, denn ich als sein Freund war ja auch ein Teil seiner Familie, meinte seine Mum ein paar Tage vorher zu mir und auch, dass ich jederzeit in sein Zimmer könne.
Bei diesen Gedanken kamen mir wieder die Tränen.

,,Nein, Jakob, sei stark. Für ihn.", machte ich mir Mut, bevor ich langsam aufstand und nach vorne ging.

Es wurde Zeit für meine Rede.

***

Ich ließ meinen Kopf einmal durch die Kapelle schweifen, bevor ich mit zitternden Händen meine Karteikarten aus der Tasche zog.

Eine einzelne Träne fiel darauf und verwischte ein paar Worte, bis diese nicht mehr zu lesen waren.

Ich holte tief Luft um mich zu beruhigen und mit einer ebenfalls zitternder Stimme begann ich meine Rede:

,,Ich wollte sagen, dass .... also Tommy... er.... "

Nervös schaute ich auf und sah in viele abwartende Gesichter. Ich konnte das nicht. Er hat viel mehr verdient, als nur so eine läppische Rede. Langsam steckte ich die Karten wieder ein und holte erneut holte ich Luft.

Boyxboy OneShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt