S E U M U L D A S E O T | taehyung 💸

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SUFFER

EIN JAHR SPÄTER

-taehyung-

Jimin ist tot.

Ich wusste früher nicht, dass Tuberkulose erblich bedingt weitergegeben werden kann, aber ich musste es auf die harte Weise erfahren, der Mensch, der mir am nächsten war, musste daran sterben. Dazu noch sein schwaches Immunsystem... Natürlich mache ich mir Vorwürfe, wie könnte ich denn nicht? Vielleicht war ich nicht sanft genug zu ihm? Vielleicht hätte ich mich in der Zeit danach, die viel zu kurz war, als der Arzt uns die schlimme Botschaft entgegenbrachte, noch besser um ihn kümmern sollen? Vielleicht hätte ich meine Arbeit nicht so sehr lieben sollen.

Vielleicht.

Am Morgen seiner Beerdigung stehe ich auf und wasche mich, jeder Gedanke ist auf ihn gelenkt, alles erinnert mich daran, dass er hier war. Darüber hinwegzukommen, darauf klarzukommen, dass er mich nicht mehr anstrahlen wird, dass seine Umarmung keine Wärme spenden wird, seine Stimme mich nicht mehr zum Lachen bringt, das wird unwahrscheinlich sein. Ich kann seine Existenz nicht aus meiner Erinnerung radieren. Im Nachhinein hatte ich ihn noch mehr angefangen zu lieben, als ich es davor tat und das war das schlimmste. Jetzt, wo ich ihn nicht habe, will ich ihn nur noch mehr.
Müde, da ich keinen Schlaf bekomme, hungrig, da ich seine Liebe vermisse, stehe ich vor dem Spiegel und sehe mir in meine dunklen Augen. Wieso er?

Neben den Schuldgefühlen schwirrt auch die Frage in meinem Kopf, ob ich ihm nicht nachgehen soll. Mein Leben auch beenden, aber ich schüttle den Kopf. Jimin würde es nicht wollen. Jeongguk und Yoongi, denen würde es noch schlechter gehen und - ich würde wahrscheinlich nie aufhören, so zu denken - meine Arbeit. Diese braucht mich auch. Einfach gehen. Das wäre zu schön.
Mit einem weiteren Ruck Trauer, bekomme ich mich von meinem Spiegel los und ziehe mich langsam an. Schwarzer Anzug, mit einer Sonnenblume in meiner Hand. Jimin wollte das so, als er sich sicher war, dass er nicht lange zu leben hatte.

Sonnenblumen auf seinem Grab.

Der letzte Schliff besteht aus meinen Haaren und einer ernsten Miene. Inständig hoffend, dass ich keinen Unfall baue, fahre ich zu der kleinen Kirche, die neben einem Friedhof am Rande Seouls steht, parke dort und meine Sicht verschwimmt, wird unscharf, da Wuttränen aus mir heraus kommen. Meine Hand rast auf mein Lenkrad hinab und kollidiert dort öfter als nur ein Mal wütend mit dem schwarzen Stoff, ehe ich meinen Kopf auch dort drauf lege und meinen Schultern anfangen zu zittern. Ich schaffe das nicht. Ich will das gar nicht schaffen, so sehr Jimin das gewollt hätte. Ich bin einfach schwach. Und vielleicht war ich das schon immer, sonst wäre ich nicht an den Punkt gekommen, an dem ich hier sitze, meine Hände auf meinem Lenkrad, weinend meinen Kopf drauf abgestützt.

Die Tränen fließen das erste Mal seit dem Jimin mir sagte, dass er bereit sei davonzugehen und ich das Tablett mit seinem Essen fallen ließ, zu ihm sah und das Gefühl hatte, nichts wahrzunehmen. Mich bewegen konnte ich nicht einmal. Er sah mich dann traurig lächelnd an und nickte. „Taehyung, ich bin doch immer da."
Das war eine Lüge. Ich merke nichts von ihm in meiner Umgebung, nur die Erinnerungen täuschen vor, dass er noch hier anwesend ist. Mein Herz und meine Seele ist leer. Nichts ist erfüllt von seinem Geist.
Ich fange richtig an zu schluchzen und mache meine ganzen Ärmel mit den Tränen nass, die brachial aus meinen Augen stürzen. Wie lange ich hier sitze und über seinen Tod weine und regelrecht heule - ich weiß es nicht.

Nur in der Peripherie meines Bewusstseins merke ich, dass meine Autotür geöffnet wird und mich jemand rauszieht und in eine feste Umarmung schließt. Suchend nach Komfort kralle ich mich an die Schultern Jeongguks und ein weiteres lautes Schluchzen bricht aus meiner Kehle und dringt in die Umgebung. „Ich", will ich anfangen doch meine Tränen fließen und unterbrechen mich. „kann nicht", meine Stimme ist durch alles unterbrochen, was gerade zeitgleich aus mir herauskommt. Schluckauf, Schluchzen, Zittern, Beben. „Ich schaffe das nicht", sage ich und klinge in meinen Ohren verfälscht laut, was ich wahrscheinlich auch bin. Panik ergreift mich und ich werde noch fester an den Körper gedrückt, der mein Zittern etwas dämpft und meinen Kopf streichelt.
„Schh", macht er kurz und ich werde tatsächlich leiser. Ich bin nicht alleine.
Beruhig dich Taehyung, versuche ich es selbst und drücke mich von meinem besten Freund weg. Er legt seine Hand auf meine Schulter und sieht mich mit einem traurigen Blick an. Er hatte es durch Yoongi doppelt schwer. „Ich wische dir die Tränen weg, komm her", meinte er und tupft mir mit einem Taschentuch unter die Augen und hebt mein Kinn. „Besser. Komm mit, wir gehen rein, wir schaffen das. Du am allermeisten."

Er führt mich rein und lässt mich Platz nehmen, auf einem der schwarzen, lederbezogenen Holzstühle, auf denen sich noch nicht so viele wiedergefunden hatten. Es waren dennoch mehr Leute da, als ich Anfangs erwartet hatte. Yoongi, Jeongguk und ich. Seine Mutter und Bruder, die habe ich erwartet zu sehen.

Aber es finden sich viele Mitarbeiter von seinen Jobs ein, Mitschüler aus der Universität und es scheinen auch Leute von seinem Tanzkurs gekommen zu sein, wie Yoongi mir gerade erklärt. Er selbst sieht gar nicht besser aus, als ich. Tiefe Augenringe, fahle Hautfarbe und seine Augen waren auch gerötet vom vielen weinen. Er schenkte mir zu guter letzt einen etwas aufmunternden Blick und ich sehe auf meine Hände, die ich in meinem Schoß zusammengelegt habe.
„Du musst Kim Taehyung sein", sprach mich plötzlich jemand an. Ich sehe nach rechts und erkenne seinen Bruder.

„Ja", antworte ich lapidar und er setzt sich für einen Moment hin. „Ich.. kann dir wahrscheinlich nicht das fette Dankeschön entgegnen, welches du verdienst, aber meinem Bruder geht- ging es durch dich wirklich viel besser. Er hat ein paar Male mit uns telefoniert und uns von dir erzählt.. es ist verdammt schwer für ihn gewesen, in den letzten Momenten. Gott, er liebt dich so sehr", sagte er fast weinend und ich frage mich, wieso er in diesem Fall im Präsens redet, wenn Jimin gar nicht mehr im Stande dazu ist, etwas zu fühlen. Sein Bruder tut mir sehr leid, am meisten, da er wirklich nicht viel Zeit mit Jimin verbracht haben konnte, da stein zwei verschiedenen Städten lokalisiert sind. „Danke, Jihyun, ich hoffe, dass.."
„Schon okay, ich fühle mich unwohl bei sowas. Aber man ist daran gewöhnt, wenn alle aus deiner Familie wegen derselben Krankheit weggefegt werden, weißt du. Nur bei Jimin.. ist es ein so viel tieferer Stich ins Herz."

Er verbeugt sich und ging zu seiner Mutter, die mich Kopfnickend begrüßt und ihren Sohn in den Arm nimmt. Sie selbst sieht weit in die Ferne und scheint in einer Kugel aus Trauer umhüllt zu sein. Ob ihr Ehemann auch gestorben ist?
Langsam wird es still und es kommt der Priester an den Pult. Ich war nie gläubig, weshalb ich nicht so sehr auf seine Worte achte, was jetzt ja auch nicht möglich wäre, da ich viel zu sehr damit abgelenkt war, an Jimin zu denken.

Es werden ein paar langweilige Reden gehalten und ich hätte für Jimin wirklich gerne aufgepasst aber ich kann nur an unsere gemeinsame Zeit denken, während ich hier sitze und kaum noch atmen kann, da mich das Gefühl erstickt, dass ich nie wieder seine kleine Hand halten werde.

Jimin ist fort und ich muss es schaffen die Zeit hier ohne ihn zu meistern.

Jimin ist tot.

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