11. Wiedersehen

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Reign's POV:

,,Guten Tag", grüßte die ältere Frau in dem rosa Kleid Mal, die ein freundliches ,,Hi", von sich gab. Die Frau stellte sich mit nachdenklicher Miene neben Maleficents Tochter, verschränkte die Arme vor der Brust. ,,Ähm, hatten wir schon das Vergnügen?" ,,Nein, ich glaub nicht. Ich bin neu, ich bin sowas wie ne ..." ,,Austauschschülerin", half ich Mal weiter die mir zunickte. ,,Genau." Audrey mutmaßliche Großmutter nickte. ,,Achso, ja." Da kam wie vermutet Audrey dazu. ,,Omi", lächelte sie und beide nahmen sich an den Händen. ,,Audrey, gib Omi einen Kuss, Schatz." Audrey und Auroras Mutter tauschten zwei Küsse auf die Wange aus. Ich sah zu Mal, in deren Gesicht sofort Panik aufstieg. ,,Omi?", wiederholte sie entsetzt. ,,Dornröschens Mutter", erklärte Audrey Mal kalt. ,,Omi, ich würd lieber nicht mit diesem Mädchen reden. Außer du hast Lust hundert Jahre zu schlafen." Schlagartig wandte sich Auroras Mutter zu Mal. ,,Was?", hauchte sie ahnungslos. Es dauerte nur eine Sekunde lang. Eine Sekunde, da fiel Dornröschens Mutter ein, warum Mal ihr so vertraut vorkam.

,,Du?!", brüllte die Frau beinahe und wir blieben nicht unentdeckt. Die Großmutter hatte damit sämtliche Blicke auf uns gezogen, die der Guten Fee mit einbezogen, welche nun auf uns zustrebte. ,,Wie kommst du hier her?", fragte Dornröschens Mutter fassungslos, sah von Mals Zehen- bis zu den Haarspitzen, ,,Und wie bist du so jung geblieben?" Ben schritt schnell genug dazwischen und versuchte die aufgewühlte Oma zu beruhigen: ,,Königin Leah, keine Angst, Maleficent ist auf der Insel", er legte einen Arm um Mal, ,,das ist ihre Tochter Mal." Ben sah von seiner Freundin, die er mit so viel Liebe ansah, dass es schon wieder anfing in meiner Brust zu schmerzen, zu Leah. ,,Du weißt doch, was ich beschlossen habe. Die neue Generation kriegt eine Chance." Doch die Königin teilte die Euphorie des Prinzen nicht. ,,Eine Chance wozu, Ben? Uns zu vernichten?" Damit herrschte Stille. Es war so still, dass man eine Nadel hätte fallen hören. Bis Königin Leah weitersprach: ,,Ich bitt euch? Denkt an die vergifteten Äpfel!" Die Gute Fee nahm die Hand von Leah, die nun zu Belle und "dem Biest" sah. ,,Die Verwünschungen." Daraufhin senkten die beiden den Kopf. Als nächstes sah Leah zu Mal. ,,Die Verwünschungen ... Meine Tochter wurde von Feen großgezogen, weil deine Mutter sie verflucht hat!", in diesem Moment glaubte ich in Mal's Augen tatsächlich etwas wie Schuldgefühle aufblitzen zu sehen, ,,Ihre ersten Worte ... ihre ersten Schritte ... ich habe das alles versäumt!" Die Frau schlang die Arme um ihren Oberkörper und der Schmerz in ihrer Stimme war so deutlich zu hören, wie die Tränen in ihren Augen schwimmen zu sehen. Die Gute Fee nahm Leah tröstend in den Arm.

Mal trat einen Schritt auf Leah zu. ,,Es tut mir so furchtbar...", Leid hätte noch kommen müssen, doch da hatte sich Chad bereits zwischen die beiden gestellt. ,, Halt dich von ihr fern und ..." ,,Reiß dich zusammen, Chad!" ,,Was?" Chad sah ungläubig zu seinem besten Freund. ,,Sie sind bei ihren Eltern aufgewachsen, Ben. Und wozu erziehen Bösewichte ihre Kinder, hä? Zu Anstand? Fairplay? Von wegen, ah-ah", Chad fing bei Mal an: ,,Du hast einer anderen den Freund ausgespannt", er zeigte als nächstes auf Jay, ,,du tust anderen gern weh." Daraufhin sah Jay betroffen zu Boden. Chad sah abfällig zu Evie. ,,Und du. Du bist nur eine Schwindlerin, die gerne einen reichen Kerl abziehen will." Prinz Charmings Sohn warf Doug einen bedeutungsvollen Blick zu. Daraufhin hielt Evie Chad ihren magischen Handspiegel vors Gesicht. ,,Spieglein, Spieglein in meiner Hand, wer ist der dümmste Schnösel in diesem Land?" Chad musste sich selbst darin sehen, denn er schnaubte: ,,Blödsinn", und wollte gerade Evie den Spiegel aus der Hand reißen, als Jay ihm an Kragen packte und auf ihn losging. Oh verdammt. Ich hatte mir das mit ein wenig Spannung etwas ... minderer vorgestellt. Und weitaus weniger gewalttätig.

Während die anderen versuchten Jay von Chad wegzubekommen, was keinen Erfolg zeigte, kümmerte ich mich um Chad. ,,Schlaf", flüsterte ich und umfasste dabei seine Stirn mit meiner Hand. Augenblicklich schloss der Prinz, den ich wirklich mochte, die Augen. Ich spürte kurzes Bedauern, entschied dann aber dafür, dass es das Richtige gewesen war. Alle anderen aus Auradon dachten anscheinend ich hätte ihn vergiftet oder sonst was, denn sie stürzten panisch zu ihm und kontrollierten seinen Atem.

In meinem Herz breitete sich der Schmerz wie die Erkenntnis in mir aus: Sie hielten mich wirklich für böse. Dachten, ich wäre imstande dazu, jemanden umzubringen. Dabei würde ich doch nicht einmal einer Fliege ernsthaft etwas zuleide tun ... Eine plötzliche Wärme an meiner Hand riss mich aus der Trance. ,,Komm, Reign, wir gehen", flüsterte Jay mir ins Ohr und wir sechs gingen auch.

Am späten Nachmittag des Tages hatten wir uns draußen an den Tisch im Schatten eines Baumes niedergelassen und aßen schweigend. Nun, die anderen aßen. Ich starrte die Kirschen in meiner Schale nur an, als wären es vergiftete Äpfel. Vergiftete Äpfel, durch die Würmer und Maden krochen.
,,Hallo Leute", durchschnitt Bens unpassend freundlich fröhliche Stimme das Schweigen und ich spannte vor innerem Zorn die Kiefermuskeln an. Unpassend, Ben, sehr, sehr unpassend. ,,Alles klar soweit?", fragte Ben, nachdem niemand sich die Mühe gemacht hatte, ihm zu antworten. Erneut keine Antwort. ,,Ja ...?", murmelte er kleinlaut. Dann nahm er tief Luft und legte Jay und mir eine Hand auf die Schulter. ,,Hey, hört zu, vergesst es einfach, okay? Ist ja nichts passiert. Haken wir die Schicht einfach ab?" Ben nahm sofort die Hände weg, als er meinen und Jays Blick sah. ,,Ich versprech' euch, nach der Krönung kommt so etwas nicht mehr vor." ,,Mach keine Versprechen die du nicht halten kannst", kommentierte ich schnippisch und Ben seufzte. Er trat hinter Mal und legte nun bei ihre die Hände auf die Schultern. ,,Was ist los?", fragte er sie leise. Keine Antwort. Schon wieder.
,,Also bis nachher dann", meinte Ben schließlich und ging.

Natürlich sollte die Ruhe nicht lange anhalten, denn dieser nervige Zwergen-Sohn, dessen Name noch nerviger war (aber am Schlimmsten war immer noch seine ekelhafte Stimme, die klang, als hätte er eine verstopfte Nase) kam zu uns. ,,Hör zu, Evie", sprach er mit üblich nasaler Stimme, für dich ich gerade echt keine Nerven hatte, als Chad ihn (gnädiger Weise) unterbrach. ,,Doug!", rief er vom Tisch neben uns. ,,Doug, es war meine Schuld", fing Evie sich zu entschuldigen an, ,,Doug!" ,,Was denn?", fragte der Zwergen-Sohn Chad. Aber Chad's Blick war Antwort genug. Und so entfernte Doug sich langsam und endlich von uns. Evie schien das nicht als Glück zu sehen. ,,Doug", flüsterte sie. ,,Äh, ich kann jetzt nicht." Doug setzte sich an Chads Tisch.

Und erneut musste eine neue Störung auftauchen. Oder zwei neue: Audrey und zu meiner Überraschung auch Jane. ,,Was glaubt sie wohl, wie lang das hält?", spottete Audrey über Mal. ,,Mal ist doch nur ein kleiner Flirt mit den Geschmacklosen." Jane stimmte zu: ,,Klar. Er macht die niemals einen von den bösen zur Königin." Daraufhin fingen beide an zu kichern und gingen. ,,Mal, ich denke die Frisur, die du Jane geschenkt hast, ist ihrer nicht mehr würdig", meinte Izzy zu Mal, die sofort verstand. Sie hob einen Finger. ,,Weder spare, noch bewahre, hol zurück Janes Haare." Zwei Sekunden später kreischte Jane auf und die Mädchen um sie herum lachten sie aus. Wir erhoben uns. ,,Was ist denn, Jane, du würdest doch niemals die Haare von den bösen tragen wollen?", fragte ich rhetorisch und genoss Janes Blick. ,,Und das war erst der Anfang, glaub mir", setzte Mal hinzu. Audrey stemmte eingebildet eine Hand in die Hüfte. ,,Sag mal, was bildest du dir eigentlich ein?" ,,Jedenfalls nicht, dass ich Witze mache", schleuderte Mal zurück. Um ein wenig Angst einzuflößen, holte Mal das Zauberbuch hervor und blätterte darin herum. Die Mädchen rannten sofort in Panik versetzt zurück zu ihren Müttern oder wo auch immer sie sich ausheulen wollten. Mal lächelte. ,,Ich freu mich richtig auf morgen."

Und auf einmal erschien mir die Idee, den Zauberstab zu stehlen, nicht mehr so befremdlich. Mal klappte das Buch zu. ,,Holen wir uns den Zauberstab und verduften aus dem Saftladen."

REIGN - the daughter of the queen of heartsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt