Briefe.

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Als ich mit meiner Erzählung geendet habe, starrt mich Hermine mit offenem Mund an. "Blaise Zabini?", fragt sie mit einer Spur Misstrauen in der Stimme. Ich kann es ihr nicht verübeln, schließlich war ich selbst voller Skepsis, ob sich der dunkelhäutige Zauberer wirklich zum Guten verändert hat. 

"Ja, Blaise Zabini.", bestätige ich mit einem Kopfnicken und um weitere Zweifel auszuräumen, setze ich hinterher: "Weißt du, Hermine, er hat sich wirklich verändert. Er hat mir geholfen, als ich niemand anderen hatte. Sogar sein Haus hat er mir angeboten, ohne auch nur einen Knut dafür zu verlangen." Ich merke, dass sich ein leichtes Lächeln auf mein Gesicht schleicht und senke schnell den Kopf, um das Offensichtliche zu verbergen. 

Meine Freundin mustert mich eingehend: "Also gut, wenn du ihm vertraust, werde ich das auch tun, Ginny. Du bist meine beste Freundin und ich vertraue deinem Urteil." "Danke, das bedeutet mir sehr viel.", entgegne ich leise. 

Eine Weile sitzen wir uns einfach nur gegenüber, ohne ein Wort zu sagen. Ich habe eine weitere Frage, die mir seit Tagen auf der Seele brennt, bringe es jedoch nicht über mich, sie zu stellen. Ich weiß, dass sie alte Wunden aufreißen wird und es wird dauern, mich davon zu erholen. Hermine scheint jedoch zu spüren, dass unser Gespräch noch nicht beendet ist und beginnt vorsichtig zu sprechen: "Es geht um Harry, hab ich Recht? Er ist das Thema, das dich bedrückt."

Ohne sie anzusehen nicke ich. Die Minuten streichen erneut an uns vorbei, ehe ich ihr antworte. "Ich denke, ich muss mit ihm reden. Ich muss wissen, was vor zwei Jahren in dieser Kirche passiert ist. Warum er mir das angetan hat. Möglicherweise kann ich endlich damit abschließen, wenn ich den Grund für sein Handeln kenne." 

Ich sehe den Schock in Hermines Augen, was mich nicht weiter wundert, schließlich war allein sein Name in meiner Gegenwart bisher tabu. Die Zahnräder in ihrem Kopf scheinen sich wie wild zu drehen, denn es dauert länger als erwartet, bis ich eine Reaktion von ihr erhalte. Die Reaktion ist zögerlich, aber dennoch vorhanden. Ein leichtes Nicken, das ihre braunen Locken sanft schaukeln lässt. "Du solltest ihm schreiben." Es ist nur ein einziger Satz, aber trotzdem gibt er mir den nötigen Auftrieb. Ich bin mir sicher, ich werde mein Vorhaben in die Tat umsetzen und mich meiner Angst stellen. 

Eine Tat, die gar nicht so leicht zu vollbringen ist, wie ich einige Stunden später feststelle. Hermine hat sich vor eine knappen Stunde von mir verabschiedet, um nach Hause zu flohen und seither sitze ich, zusammen mit einer großen Tasse Kakao, am Küchentisch und überlege, was ich schreiben soll. Unzählige Blätter liegen bereits zusammengeknüllt auf dem Boden, da mich nichts, was ich geschrieben habe, zufrieden gestimmt hat. 

Obwohl mich auf das leere, weiße Papier vor mir zu verhöhnen scheint, setze ich meine Feder erneut an und beginne zu schreiben.

Harry,

ich weiß nicht, wie ich anfangen soll. Am besten sage ich geradeheraus, was ich von dir möchte. Ich wünsche mir eine Aussprache. Eine Erklärung oder einen Grund für dein Verhalten vor zwei Jahren. Ich möchte dich nicht verurteilen, sondern nur verstehen, warum du so gehandelt hast. Ich habe die Hoffnung, dann endlich mit der Situation abschließen zu können, die mich schon so lange verfolgt. Es wäre toll, wenn wir uns dafür auf neutralem Boden treffen könnten. Wie wäre es mit 'Fortescues Eissalon' in der Winkelgasse? Bitte lass mir eine Eule zukommen, wann es für dich am besten passt.

Ginny

Noch einmal lese ich meinen Brief durch und nicke schließlich zufrieden. Er ist höflich, aber nicht aufdringlich. Ich stoße einen lauten Pfiff aus, woraufhin ich sofort das Flügelschlagen von Errol, unserer Familieneule, hören kann. Schnell rolle ich das Pergament zusammen und binde es der alten Eule mit einem Stück Garn ans Bein. "Harry Potter.", sagt ich deutlich und sehe dem Tier vor mir in die Augen. Sofort trippelt Errol den Tisch entlang, spannt seine Flügel auf und gleitet durch das geöffnete Fenster hinaus in die warme Abendluft. Jetzt bleibt mir nichts anderes übrig, als auf eine Antwort zu warten.

Um meine Nerven zu beruhigen, beschließe ich, eine heiße Dusche zu nehmen und mich anschließend schlafen zu legen. Es war ein langer Tag und ich spüre die bleierne Müdigkeit, die mir in den Knochen sitzt.

Als ich eine halbe Stunde später endlich in meinen Kissen liege, spüre ich, wie die Anspannung des Tages langsam von mir abfällt. Ich will gerade meine Augen schließen, als ich ein Picken an meiner Fensterscheibe höre. Errol! Schnell springe ich aus dem Bett und sprinte zum Fenster. Tatsächlich, meine Eule ist zurück und hat ein Stück hellblaues Pergament am Bein, welches definitiv nicht aus dem Fuchsbau stammt. Ich hole die alte Eule herein und lenke sie mit einem Keks ab, während ich mit zittrigen Fingern das Garn löse. 

Meine Atmung beschleunigt sich, als ich das Papier auseinander rolle und zu lesen beginne.

Liebe Ginny,

natürlich treffe ich mich mit dir, denn auch ich warte seit langer Zeit darauf, mich erklären zu können. Der Ort deiner Wahl gefällt mir gut. Können wir uns in drei Tagen gegen 18 Uhr dort treffen? Ich warte auf dich und hoffe, dass du mir eines Tages verzeihen kannst.

Dein Harry

Drei Tage! Liebe Ginny! Dein Harry! Meine Gedanken drehen sich im Kreis, mein Herz beginnt zu rasen und meine Atmung beschleunigt sich. Ich hätte nie gedacht, dass mir so wenige Worte derart zusetzen würden. Die Müdigkeit ist verflogen und mir wird mit einem Mal klar, dass mir eine lange, schlaflose Nacht bevor steht.  

Dream On - Blinny ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt