Kapitel 75

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Ich traf alle im Krankenflügel wieder. Bill Weasley war von Fenrir Greyback gebissen und schwer verletzt worden, die anderen hatten leichte Blessuren vom Kampf, Neville hatte sich ein Bein gebrochen. Remus war bleich, seine Kleidung zerrissen, Tonks' farbenfrohe Haare waren mausgrau. "Wo ist Dumbledore?", fragte Ron, "er wird das Chaos schon wieder geradebiegen. Er-" "Dumbledore ist tot", sagte Harry matt. "Was?" Remus war aufgesprungen. "Sag so etwas nicht, Harry!" "Es ist wahr, Remus. Snape hat ihn getötet." "Das kann doch nicht... Ich meine..." Remus sackte wieder auf seinen Stuhl und vergrub das Gesicht in den Händen. Tonks und Hermine schluchzte leise. Ich saß einfach nur und tauschte einen langen Blick mit Harry. Dann nickte er etwas und erzählte knapp, was auf dem Turm passiert war. Betroffen schwiegen alle, bis plötzlich die Tür zum Krankenflügel aufflog und Mrs. Weasley hereinstürmte. Sie drängelte sich an Professor McGonagall vorbei und schubste Fleur zur Seite, die die ganze Zeit stumm Bills Wunden abgetupft hatte. "Wie geht es ihm? Wird er verwandelt werden?" Sie stellte die Fragen nur so in den Raum, aber Remus antwortete als einziger: "Ich glaube nicht, dass er sich verwandelt. Fenrir war kein Werwolf, als er Bill gebissen hat. Allerdings wird Bill sich verändern, wie genau kann ich aber nicht sagen." "Er war so ein hübscher Junge", seufzte Mrs. Weasley und betrachtete das entstellte Gesicht ihres ältesten Sohnes. "Jetzt müssen wir auch noch die Hochzeit absagen." "Was soll das heißen? Absagen?" Fleur funkelte Mrs. Weasley wütend an. "Naja, ich dachte, weil Bill doch jetzt ein Werwolf ist und so entstellt, dass...""Dass er mich nicht mehr lieben würde?" "Nein, dass du ihn nicht- Ach, bei Merlin!" "Ich werde Bill immer lieben! Außerdem bin ich hübsch genug für uns beide." Mrs. Weasleys Blick schwankte zwischen Fleur und dem schlafenden Bill hin und her. Wir alle hielten die Luft an und warteten. Dann sagte Mrs. Weasley nach einer sehr langen Pause: "Meine Großtante Muriel hat ein altes Diadem, dass wundervoll zu deinen Haaren passen würde. Ich kann sie überreden, es dir zu leihen." Und dann mit einem Mal lagen sich die Beiden in den Armen und weinten. Ich drückte mich etwas an Remus und hätte am liebsten mitgeweint. "Da siehst du's", unterbrach Tonks die Stille. "Sie liebt ihn auch, obwohl er ein Werwolf ist." "Das ist was ganz anders. Bill wird sich nicht verwandeln." Tonks war aufgesprungen und hatte Remus am Umhang gepackt. "Es ist mir egal, es ist mir vollkommen egal!" Remus konnte Tonks nicht in die Augen sehen, also sprach er mit dem Boden weiter: "Ich habe es dir doch schon tausendmal gesagt, ich bin zu alt, zu arm, zu gefährlich." "Du verhältst dich in diesem Punkt einfach lächerlich", kam es von Mrs. Weasley, die Fleur den Rücken tätschelte. "Das ist nicht lächerlich. Tonks verdient jemand besseren. Jemand Junges, Gesundes." "Aber sie will dich", schaltete ich mich jetzt ein. "Das ist wirklich nicht der Zeitpunkt, um darüber zu diskutieren. Dumbledore ist tot..."  "Dumbledore hätte sich mehr als jeder andere gefreut, wenn er erfahren hätte, dass ein wenig mehr Liebe in der Welt ist", meinte McGonagall bestimmend. Remus sagte nichts mehr, aber sein Blick huschte unruhig durch den Raum.

Später war McGonagall mit Harry verschwunden und wir hatten den Krankenflügel verlassen. Remus und die anderen blieben in dieser Nacht in Hogwarts. Ich lag wach und starrte an die Decke, Hermine weinte leise. Ich hatte ihr noch nichts von dem Verrat erzählte, ich hoffte, Harry würde das übernehmen. Am nächsten Morgen war ich müde und konnte kaum die Augen aufhalten. Ich saß bei Remus, Hermine neben mir. Daneben hatten noch Harry, Ron und Ginny Platz genommen. Hagrid trug Dumbledore nach vorne und legte ihn in seinen weißen Sarg. Ein Mann sprach einige Worte, aber ich hörte nicht zu. Dann erhoben sich alle, um Dumbledore die letzte Ehre zu erweisen. Nach und nach zückte jeder seinen Zauberstäbe und schossen rote Funken in den Himmel. Während sich alle Gäste danach langsam zerstreuten, saß ich immer noch auf meinem Platz und hatte begonnen zu weinen. Ich weinte um Dumbledore, den größten Zauberer dieser Welt, aber auch um Draco, der sich für die falsche Seite entschieden hatte, um meinen Vater und meine Mutter, die mich nicht in meinem Leben begleiten konnten und um jedes Opfer dieses verdammten Zaubererkrieges. Harry, Ron, Hermine und ich trafen uns nach der Beerdigung ein letztes Mal auf dem Astronomieturm und sahen auf Hogwarts. Harry hatte ihnen von Dracos Verrat erzählt und auch von dem Horkrux. Er war gefälscht, drinnen lag nur ein Zettel, unterzeichnet von einem R.A.B. Dumbledore war umsonst gestorben. "Ich kann nicht zurück", sagte Harry irgendwann. "Wir kommen mit dir. Egal, wohin du gehst." Ron stand auf und legte eine Hand auf Harrys Schulter. "Aber erst nach der Hochzeit von Bill und Fleur." Hermine hatte sich ebenfalls zu den Jungs gestellt. Ich sah zu ihnen. Ich hatte das größte Glück solche Freunde zu haben. Ich würde sie niemals alleine lassen. "Ich bin dabei, Harry. Wo immer du uns auch hinführst, ich folge dir." Harry lächelte etwas, mit einer Hand umklammerte er den falschen Horkrux, ein altes Medaillon. Auf einmal hörte ich eine wunderschöne Melodie, so voller Leid und Trauer.  Die Melodie spiegelte meinen eigenen Schmerz in meinem tiefsten Inneren, griff danach und durchspülte meinen ganzen Körper. In der Ferne über Hogwarts sah ich Fawkes. Je weiter er flog, um so leiser wurde das Lied, bis es ganz verstummte. Fawkes hatte Hogwarts verlassen, so wie Dumbledore. Und so, wie wir es nun tun würden.

Die Tochter des MördersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt