3| Nett ist die kleine Schwester von...

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Ich bewegte mich durch das gemütlich beleuchtete Innere des Clubs in den Klara mich geschleppt hatte. Ihr neuster Fang war Dario, sie hatte ihn letzte Woche in ebendiesem Schuppen kennengelernt und sich nun wieder mit ihm verabredet.
Dario hatte irgendwas mit Musik zu tun, war großgewachsen und dunkelhaarig. Er trug eine dunkle Anzughose und ein weißes Hemd. An den Füßen hatte er italienisches Leder, am Handgelenk eine goldene Uhr. Er war einer dieser Männer denen nicht nur ihr Aussehen wichtig war, sondern ebenfalls ihr Status.
Und während Klara in diesem atemberaubenden roten Kleid an seinen Lippen hing, hatte sie mich in ein schwarzes Satirkleid mit ägyptisch anmutenden Verziehrungen am Saum neben einem Anwalt geparkt. Er war freundlich und gutaussehend. Zurückhaltend aber höflich. Er stellte mir einen Haufen belanglose Fragen und meine Höflichkeit verlangte es von mir ihm diesen Gefallen zu erwiedern.
Es war kurz nach eins, als Klara zu mir kam und ich fragte, ob es in Ordnung sei wenn Alexis mich nach Hause bringen würde. Ich bejahte, dankbar weil ich nun endlich wieder seinen Namen kannte.
Dabei hatte ich keinesfalls vor mich von Alexis dem Anwalt nach Hause fahren zu lassen. Ich würde ein Taxi nehmen und zwar sobald ich mich loseisen konnte, ohne unhöflich zu erscheinen.
Zum Glück kam die Gelegenheit früher als erwartet. Denn keine halbe Stunde später tauchte eine kleine Gruppe, anzugtragender Männer vorbei, die Alexis zu kennen schien. Sein Unbehagen mich hier alleine zu lassen spielte ich runter und versicherte ihm, dass ich klar käme und man sich vielleicht später sähe. Doch so schnell ich konnte rannte ich zur Garderobe, holte meine Jacke und verschwand. Das erste Taxi wurde mir von zwei betrunkenen Typen weggeschnappt, doch ich wollte keinen Streit, also trat ich zurück. Das zweite Taxi nahm mich mit. Der junge, südländische Kerl flirtete mit mir und wäre ich in Stimmung gewesen wäre ich vielleicht darauf angesprungen, doch ich beantwortete jede seiner Fragen mit höflicher Distanz.
Als ich endlich, entkleidet, abgeschminkt und völlig erschöpft in mein großes Bett fiel, seufzte ich vor Erleichterung auf und war schon eingeschlafen, bevor mit einfiel, dass meine Mutter in den nächsten Tag ankommen würde und mir die nächsten Tage zur Hölle machen würde.

Mein Wecker klingelte zu früh, doch ich kämpfte mich trotzdem aus dem Bett.
Ich warf einen Blick in den großen Spiegel meines Schranks und blinzelte. Meine Haare wirkten spröde, meine Augen leer. Dunkle Ringe und matter Taint. Ich sah furchtbar aus.
Ich schälte mich aus meinem Nachthemd und griff nach meinen Sportklamotten. Nach ein paar Kilometern würde es mir vielleicht besser gehen.
Die Hitze war um kurz nach sieben schon so drückend, das meine Laune sich nicht besserte. Zieh nicht so ein Gesicht, Larissa. Willst du für immer Falten haben. Dann siehst du aus wie Tante Hannelore.
Wütend trieb ich mich weiter an. Doch dabei schob ich mir ein Lächeln ins Gesicht. Freundlichkeit war wichtig. Selbst wenn sie gespielt war.
Als ich bei meinem Haus ankam, es war mittlerweile nach halb neun, sah ich Klara, wie sie aus einem schwarzen Mercedes stieg, ihre blonden Locken über die Schulter warf und lachend auf mich zu kam. Sie war, selbst nach einer durchzechten Nacht, perfekt. Ihr Outfit wirkte als hätte sie es eben erst angelegt, ihr Make-Up verriet nichts über ihre Nacht und die geröteten Wangen, ihr leuchtender Blick, das strahlende Lächeln.
Sie liebte ihr Leben und missmutig musste ich mir eingestehen, dass ich neidisch war.
Dabei wusste ich, dass ich selbst schön war. Ich war Klara so ähnlich, rein äußerlich und doch fühlte ich mich so weit zurückgelassen, dass es beinahe weh tat.
"Guten Morgen." Trällerte sie und musterte mich mit einem Lächeln. "Ich wäre gerne so diszipliniert wie du. Nach dem Feiern schon zu früh auf den Beinen und dann noch am Sport machen." Sie strahlte. "Ich werde jetzt ins Bett gehen." Trällerte sie und schloss die Tür auf. Ich folgte ihr hinein. Sagte aber kein Wort mehr. Erst in der Wohnung wünschte ich ihr eine gute Nacht. 
Ich jedoch machte mir einen Tee und verkroch mich an meinen Laptop. Alleine der Gedanke, dass meine Mutter herkommen würde und mich verurteilte, wie sie es immer tat, machte mir Druck. Ich musste meine Arbeit erledigt haben, wenn sie kam. 
Dabei gab es viele Korrekturaufgaben, einige organisatorischen Angelegenheiten, die ich vorbereiten wollte. Denn es stand das Bergmann-Straßenfest vor der Tür auf dem natürlich auch Susanne vertreten sein wollte. Es würde vielleicht einige an Wählern generieren. 
Ihr Plan war ein Informationsstand und wenn die Mittel reichten, eine kleine Saftbar im Görlitzer Park. Ich kannte mich nicht gut genug aus um diese Idee in Frage zu stellen, also telefonierte ich mit Monteuren, Lieferanten und organisierte Personal. Denn wir mussten immerhin am Informationsstand aushelfen.
Gegen 18 Uhr klopfte es leise an der Tür und Klara steckte ihren Kopf herein. Ich gehe mit Dario und ein paar anderen was trinken. Nur in eine Bar. Ganz Leger. Willst du vielleicht mitkommen?" Fragte sie und ich lächelte. Sie sah perfekt aus. Nichts an ihr wirkte leger. Selbst die weite Stoffhose wirkte elegant. 
"Wird Alexis auch da sein?" Fragte ich sie zerknirscht und sah, wie sie lächelte. "Er hat es dir ganz schön angetan, was?" Fragte sie und ich runzelte die Stirn. Ich wollte ihr nicht sagen, dass ich ihn hatte sitzen lassen und ihn deswegen eigentlich nicht so schnell wiedersehen wollte. Ich musste mir erst eine angemessene Ausrede einfallen lassen. 
"Nein, es ist nur..." Sie grinste breit und ließ sich auf mein Bett fallen. "Er ist aber auch süß." Unterbrach sie mich.  "Ich werde Dario gleich fragen, ob er auch kommt." Ihre blauen Augen leuchteten auf.  "Dann ziehen wir uns was schickes an und dann werden wir dir deinen Alexis klar machen." Trällerte sie und rauschte aus dem Zimmer. "Er ist nicht mein Alexis!" Rief ich ihr nach, doch meine Worte verhallte im Flur. 
Das passte. Schnell speicherte ich meine Entwürfe am Laptop und brachte meine Tasse in die Küche. Klara lehnte am Tresen als ich hereinkam. "Danke, Babe." Sagte sie gerade, als sie auflegte. "Also Alexis kommt mit. Wir gehen in eine kleine Bar in der Friedrichstraße, Dort gibt es tolle Cocktails und eine Terrasse auf dem Dach. Total romantisch, oder?" Sie war ja völlig aus dem Häuschen. "Dario holt uns in einer Stunde ab, schaffen wir das?" Fügte sie skeptisch hinzu und sah mich stirnrunzelnd an. Geschlagen nickte ich. 
Mit einem schweren Seufzen öffnete ich meinen Schrank und holte einen Bügel heraus, auf dem ich schon vor einiger Zeit ein gesamtes Outfit gehangen hatte. Es war einfacher immer perfekt auszusehen, wen man vorarbeit leistete. Denn auch wenn man es mir nicht glaubte, hatte ich keine Ahnung von Mode. Ich kopierte mir einfach Looks aus Magazinen. Denn meine Mutter hatte mir stets eingebläut, dass es wichtig war, wie man sich präsentierte. 

Die Prinzessin und der PunkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt