7| von ersten Küssen.

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Klara grinste breit, als sie sah wie ich neben Alexis platz nahm. Es war nicht so als hätte ich eine Wahl gehabt, denn es gab keine freien Plätze und selbst wenn, dann wäre ich nicht so unhöflich gewesen. 
Alexis war immerhin der richtige Mann. Das hatte Klara gesagt und meine Mutter wäre sicherlich auch dieser Meinung. 
Er erhob sich im letzten Moment und beugte sich zu mir herunter. "Hallo, meine Schöne." Begrüßte er mich mit einem sanften Wangenkuss. Meine Schöne?  Doch ich sagte kein Wort und lächelte einfach nur. Dario war groß und dunkelhaarig. Sein Arm lag lässig auf der Stuhllehne von Klaras Stuhl, die so nah an ihn herangerückt war, dass sie ihm beinahe auf dem Schoß saß und begrüßte mich ebenfalls mit einem Lächeln. 
"Wir haben gerade über diese Ausstellung gesprochen." Erklärte Klara und Dario nickte. "Sie findet in ein paar Wochen statt." Warum sprach sie dann jetzt schon davon? 
"Sie ist von einem Künstler der angeblich der Andy Warhol des 21.Jahrhunderts sein soll. Meine Chefin hat von ihm gesprochen. Er soll etwas eigenartig sein, naja Künstler halt." Sie zuckte mit den Schultern, aber ihre Augen leuchteten aufgeregt. "Alexis kann uns rein bringen." Erklärte Klara weiter und ich sah zu ihm auf. Er Lächelte schüchtern. "Ich bin so aufgeregt. Nicht mal meine Chefin kommt da rein. Aber zum Glück ist Alexis ja da. Die Besitzerin der Galerie ist eine Freundin. Meine Kollegen werden grün vor Neid." Plapperte sie weiter. 
"Das klingt wirklich toll." Brachte ich raus und schenkte Klara ein Lächeln, dann blickte ich Alexis an. Ich fühlte mich unwohl. Wusste nicht, was ich sagen sollte. 
Zum Glück rettete mich der Kellner und ich nahm dankbar die Karte entgegen. "Kann ich Ihnen schon etwas zu trinken bringen?" Fragte er und lächelte professionell in die Runde. "Bringen sie mir einen Whiskey on the Rocks und meiner Freundin ein Glas Champagner, den teuren." Erklärte Dario und ich hätte beinahe die Augen verdreht. Nun blickte der Kellner Alexis an, weil er wohl glaubte, dass er ebenso für mich bestellen würde, wie es Dario eben getan hatte. Also straffte ich meine Schultern, reckte das Kinn und lächelte. "Ich hätte gerne eine große Cola, mit Eis." Erklärte ich und ignorierte Klaras stechenden Blick. Ob es an meiner Wahl oder an der aggressiven Art lag, wie ich Alexis ausgebootet hatte. Doch Alexis, ganz der Gentleman, ließ sich nichts anmerken und bestellte ein großes Weizen. Klara erzählte über ihre Arbeit und schaffte es, wie immer, den ganzen Tisch an ihre Lippen zu fesseln. Sie brauchte einen Raum nur betreten und alle Aufmerksamkeit lag auf ihr. Es war beeindruckend. Sie war wunderschön und intelligent. Dario konnte wirklich glücklich sein. Denn auch wenn ich Klara selbst für etwas Oberflächlich hielt, war sie dennoch ein Schatz. 
Als der Kellner die Getränke vor uns abstellte und ich das Glas mit der dunklen Flüssigkeit sah, fühlte ich mich gleich besser. Langsam griff ich danach und hob es an meine Lippen. Wie in Trance trank ich einen Schluck und schloss die Augen. Genoss den Moment, doch war mir bewusst, dass ich mich zusammenreißen musste. 
Ich musste mich zusammenreißen. Warum ließ ich ich von diesem Fremden so aus der Fassung bringen? 
"Larissa?" Ich schreckte hoch und blickte in Alexis Gesicht. "Entschuldige." Flüsterte ich und wandte mich ihm zu. "Ich fragte dich, ob du dich schon entschieden hast. Was dein Studium betrifft?" Wiederholte er seine wohl schon gestellte Frage. "Ich... also..." Stotterte ich und wusste schon wieder nicht was ich sagen sollte. Also schüttelte ich peinlich berührt den Kopf. 
"Ich bin mir nicht sicher." Fügte ich hinzu um nicht unhöflich zu wirken. Er lächelte. "Du hast ja noch Zeit." Zögerlich legte er seine Finger auf meine. Sachte erwiderte ich den Druck und atmete tief durch. Zu meinem Glück begann Klara plötzlich wieder zu plappern, doch ich folgte ihren Worten nur am Rande. Mein Kopf begann zu pochen. 
Es fühlte sich an, als würde ich in einem Rausch leben. Als das Essen kam, ein Salat mit gebratener Hähnchenbrust, begann ich zu essen, doch es schmeckte eigentlich nach nichts.
Ich lauschte dem Gespräch, das von Klara gelenkt wurde, bis sie und Dario sich verabschiedeten. Alexis half mir in meine Jacke und führte mich, mit einer Hand auf dem Rücken, zu seinem Auto. Wir sprachen kein Wort, es war ebenso unangenehm wie der gesamte Abend. Doch die Nacht war lau und die Stadt ruhig. Wir erreichten den silbernen Wagen und Alexis räusperte sich. "Also..." Begann er und ich wandte mich zu ihm um. Zögernd strich er mir eine Strähne über die Schulter ohne mich zu berühren. "Larissa..." Begann er leise. Dann ohne weitere Vorwarnung beugte er sich vor und legte seine Lippen warm auf meine. 
Es fühlte sich gut an. sachte bewegte er seine Lippen auf meine, schüchtern, zögernd. Dann legte er seine Finger auf meine Schultern. Keusch und beinahe brüderlich. Ein warmes Gefühl strömte durch meinen Körper. Sachte ließ ich mich gegen ihn sinken. Mit nur etwas Anstrengung würde ich dieses Feuerwerk spüren. Mein Herz würde flattern und mein Atem stocken. 
Doch bis auf das warme Gefühl in meinem Magen passierte nicht. 
Als er sich von mir löste und mir lange in die Augen sah, erkannte ich, dass er das aber anders sah. Darüber sollte ich mich freuen. Er lächelte schüchtern. 
"Ich mag dich wirklich sehr." Begann er und strich mir diesmal über die Wange. In meiner Vorstellung war er mein Traummann. Alles an ihm war gebildet, selbstsicher und erfolgreich. Alleine wie er mit mir umging, zuvorkommend und stets höflich und das obwohl ich ihn manchmal nicht gerade mit Höflichkeit erstickt hatte. 
Diese Situation, wie er mein Haar zurück gestrichen hatte, wie er mich geküsst hatte, wie er seine Hand ganz selbstverständlich auf meinen Rücken legte, ohne mich eigentlich wirklich zu berühren. Er war ein Gentleman und jede Frau wollte doch einen echten Kavalier, oder? 
Warum also fühlte es sich so an als wäre das hier eine Vereinbarung, steif und kalt. In meiner Vorstellung sprühten die Funken, Feuerwerk und Schmetterlinge, Verlangen und Lust. War ich zu fantastisch? War ich besessen von Romantik? Hatte ich zu viele Romane gelesen? War es in Wirklichkeit vielleicht gar nicht so? Oder stellte ich mich einfach etwas an? 
Das hier war es doch was ich wollte, oder etwa nicht? War das nicht mein Traum? Mamas Traum? Unser Traum? Und warum konnte ich keine dieser Fragen auch nur ansatzweise beantworten? 

Die Prinzessin und der PunkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt