24| Immer nur das eine.

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Seltsam befreit verließ ich den kleinen Laden. In der Hand den Vertrag der mich so viel Überwindung gekostet hatte.
Doch meine Liste war noch nicht beendet. Zwei Punkte standen darauf und ich wusste nicht, vor welchem ich mich mehr fürchtete.
Mit Klara hatte ich meine Sachen ausgepackt. Sogar die Möbel umgestellt und ich spielte mit dem Gedanken die cremefarbenen Wände zu streichen. Vielleicht in einem knalligen Türkis?
Ich hatte mich von Leopold verabschiedet, mich aber mit Leon und Hannah zum Kaffee verabredet. Denn anders als ich fing Leon tatsächlich das Politikwissenschaftsstudium ab Oktober an.
Ich ging die Querstraße hoch und bog nach rechts ein. Ich konnte Leon und Hannah schon sehen, als ich noch auf der anderen Straßenseite stand.
Freundlich begrüßte ich die hübsche Brünette und umarmte dann auch kurz Leon.
Wir setzten uns auf die Holzbänke und griffen nach der Karte. Das Wetter war warm, weshalb ich schon ohne in die Karte zu blicken wusste, was ich wollte. Einen stinknormalen, viel zu süße Eiskaffee.
"Das war wirklich krass." Sagte Leon und ich blickte ihn fragend an. "Deine Mutter?" Verständnislos hob ich die Brauen. "Sie hat eben bei Leopold angerufen und ihn total zur Sau gemacht." Er kam direkt von der Arbeit. "Naja kann sein das sie sich bei dir melden wird." Wie aufs Stichwort klingelte mein Handy. Leon zuckte mit den Schultern. Aber ich reagierte nicht. Mein Leben lang stand sie an erster Stelle, jetzt musste sie warten. Außerdem wollte ich mich damit noch nicht auseinandersetzten.
"Ich finde es cool das du in Berlin bleibst. Und das du Leopolds Angebot ablehnst." Erklärte er unruhig. Jetzt hatte er die Stelle angeboten bekommen. "Der Job wird dir mehr Spaß machen als mir." Er nickte und schenkte mir ein breites Lächeln, als hätte er Angst gehabt ich könnte sauer sein.
Sanft legte ich meine Hand auf seine und sah ihn durchdringend an. "Ich wünsche dir viel Erfolg, wirklich!" Sagte ich ernst und erntete ein weiteres breites Lächeln. Dann ließ ich meinen Blick über die Straße wandern. Mein Blick blieb an einem großen wunderschönen Mann, mit grünen Augen hängen. Doch auf seinen Lippen nicht dieses wunderbar verschmitzte Grinsen, das mir so bekannt war.
Sein Blick war auf mich gerichtet, auf meine Hand, die sich nun langsam von Leons Hand hob. Mein erster Impuls war es aufzustehen, doch ich konnte mich nicht rühren. Dann verlor sich sein Blick hinter seinen Augen, senkte sich zu Boden und er wandte sich ab. Er sah wütend aus. Was hatte er gesehen? Glaubte er das Leon und ich?
Mit geschlossenen Augen blickte ich in den Himmel. Wie konnte es sein, dass wir stets das falsche Timing hatten? Das wir uns stritten wenn wir uns nicht streiten wollten und uns verstohlene Blicke zuwarfen, wenn der andere es nicht bemerkte?
Das war nicht fair.
Als mein Körper wieder unter meiner Kontrolle war, wollte ich Leon aufscheuchen, dass er mich aufstehen ließ, denn er versperrte den Weg zur Straße, doch Mücke war schon weg. Panisch blickte ich mich um, hoffte das ich ihn sehen würde, damit ich ihm folge konnte, doch ich sah ihn nicht mehr. Ich fuhr zusammen, als mein Handy wieder begann zu klingeln.
Ohne nachdenken und mit zitternden Fingern, mich noch immer suchend umblickend nahm ich ab. "Ja?" Fragte ich abwesend. "Geht man so ans Telefon? Ich schätze ich kann froh sein, dass du überhaupt ans Telefon gehst." Wetterte meine Mutter wütend. Ich seufzte. "Ich habe dir einen Fahrer zum Bahnhof geschickt. Er war da, du aber nicht. Was hat das zu bedeuten? Bist du nicht mal in der Lage einen Zug zu erwischen?" Ich lachte freudlos. Leon und Hanna beobachteten mich stumm. "Oh offensichtlich bin ich dazu nicht in der Lage. Vor allem, wenn man bedenkt, dass ich ihn nicht erwischen wollte." Erklärte ich und spürte die Galle aufsteigen. Wut und Panik kämpften in meinem Inneren. "Wie bitte?" Rief sie laut und ich konnte mir richtig vorstellen, wie sie mit hochrotem Kopf in ihrem Büro auf und ab ging. "Ich komme nicht nach Stuttgart zurück. Ich bleibe in Berlin." Meine Worte klangen stoisch. "Oh nein, Fräulein. Das wirst du sicher nicht. Die schlechte Luft scheint dir zu Kopf zu steigen." Wieder lachte ich auf. "Du sagtest doch ich bin hier um meinen Horizont zu erweitern. Stell dir vor, das habe ich. Und er passt nicht mehr in das Leben, dass du dir für mich ausgemalt hast." Gab ich zurück, versuchte vernünftig mit ihr zu reden. "Es ist wegen diesem Typen. Den mit dem rasierte Schädel. Larissa, er benutzt dich nur." Spie sie mir entgegen wie Säure. "Ach ja? Weißt du er hat mich nie eingesperrt und behauptet das mir nichts besseres zu stünde. Er hat mir nie gesagt, dass ich nicht gut genug, schön genug, ordentlich genug, ambitioniert genug, diszipliniert genug war." Diesmal lachte sie auf. Als wäre ich ein kleines Kind, dass die Welt nicht verstand. "Larissa, mach dich doch nicht lächerlich. Sei doch nicht naiv. Er will nur das eine von dir und du bist so blöd es ihm zu geben. Du hast doch nichts als dein schönes Gesicht, aber das wird nicht ewig bleiben." Empört schnappte ich nach Luft. "Du tust es schon wieder. Weißt du er hat mir gezeigt, dass ich mehr als mein Gesicht bin. Auch wenn du das nie gemerkt hast, weil alles was dich interessiert hat nur du selbst bist, ich bin intelligent. Ich habe mehr zu bieten als meinen Körper." Spie ich aus. Diesmal lachte sie noch lauter. "Und zwar mein Geld." Rief sie und lachte wieder. "Larissa, reiß dich zusammen!" Spuckte sie aus. Ich kannte diese Worte von ihr. Doch noch nie hatten sie so wenig Wirkung auf mich. Sie verliefen sich in der Ferne ohne mich zu berühren.
"Ich brauche dein Geld nicht, Mutter." Spuckte ich ebenfalls aus. "Ich brauche dich nicht mehr." Sagte ich in dem Versuch meine Würde zu halten und ignorierte ihr hysterisches Geschrei. Dann legte ich auf. Und wusste, dass ich mit meiner Mutter endgültig abgeschlossen hatte. Auch wenn es mir das Herz brach.

Die Prinzessin und der PunkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt