26| steiniger Weg

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Meine Füße brannten. Bei meinen harten Schritten auf den kalten Asphalt hatten sie nicht lange standhalten können. Bei jedem Schritt hinterließ ich dunkle Flecken.
Ich war so aufgewühlt und alles schmerzte. Meine Füße allerdings spürte ich nicht. Ich wandelte wie ein Zombie durch die Nacht, wich einigen kleineren Gruppen aus. Als ich den belebteren Bereich der Oranienstraße erreichte blickte ich auf. Mir war kalt. Der Alkohol hatte seine Wirkung verloren.
Ich fühlte mich als liefe ich durch ein Spiegelkabinett. Überall schien es einen Weg zu geben, doch am Ende gab es nur einen Weg für mich. Als ich anhielt und die blaue Tür musterte, hinter dem der kleine bepflanzte Innenhof mit den Lichtern war, kamen mir die Tränen.
Ich hatte gerade alles verloren was mir an Familie noch geblieben war. Ich fühlte mich Elend. Eine weitere Ablehnung würde mich nicht weiter zerstören. Doch vielleicht würde mich nur sein Gesicht etwas Frieden geben. Gerade öffnete sich die Tür und ein Pärchen trat auf die Straße. Mit einem Hechtsprung fing ich die Tür, bevor sie ins Schloss fallen konnte.
Auf den Fließen hallten meine Schritte so laut, dass ich mir am liebsten die Ohren zuhalten wollte. Ich wollte am liebsten nichts hören, außer diese melodische Stimme die mich in meinen Träumen verfolgte.
Jede Stufe hinauf schien mir schwerer zu fallen. Ich war mir nicht so sicher, dass ich seine Ablehnung verkraften würde, jetzt wo sie vor mir lag. Aber vielleicht war er auch gar nicht da?
Wo sollte ich dann hin? Ich hatte keinen Ort, an den ich gehen konnte.
Als ich das oberste Stockwerk erreichte und mit trommelndem Herzen an die Tür klopfte wollte ich ihn einfach nur sehen. Ich wollte sehen, dass er mich nicht hasste. Ich musste wissen, dass er mich nicht hasste. Weil ich ihn nicht hasste.
Doch es rührte sich nichts. Wieder klopfte ich. Drückte auf den Klingelknopf, doch es blieb still. Schluchzend lehnte ich mich mit dem Rücken gegen die hölzerne Wohnungstür und ließ mich zu Boden gleiten. Mit einem lauten Schluchzen zog ich meine Beine an und machte mich so klein ich konnte. Mein Kopf pochte, meine Wange schmerzte, meine Füße brannten und ich fror. Ich hatte keine Schuhe, keine Tasche und keine Kraft mehr.
Erlösend dämmerte ich ein und war froh, dass alles was ich fühlte für einen kleinen Augenblick verschwand. Ich wollte nichts mehr fühlen, wollte einfach in der Ruhe des Moments ertrinken und nicht mehr aufwachen. Meine Träume waren unruhig und aufwühlend.
Ich wachte auf und spürte wie warme Arme sich unter meinen Körper schoben. "Shh. Schlaf weiter." Mücke. Erleichtert sackte ich an seinen Körper. Seine Arme lagen unter meinen Kniekehlen und meinem Rücken. Mein Kopf lag an seiner Schulter. Tief sog ich seinen Geruch ein und seufzte. "Hass mich nicht." Flüsterte ich und grub meine Finger in sein Shirt. Er trug ein Shirt. "Ich hasse dich nicht." Sagte er leise. Ich spürte wie er mich ablegte und sich entfernte, doch meine Finger gruben sich hartnäckiger in seinem Shirt fest. "Ich bin sofort wieder da." Beruhigte er mich und mit durchgefrorenen Glieder ließ ich los. Ich wollte die Augen öffnen, doch meine Lider waren so schwer, ich war so müde.
Ich merkte wie er eine Decke über mich zog und ich ließ mich in das weiche Bettzeug fallen. Ich wusste nicht, wie lange ich hier lag, doch dann spürte ich, wie die Decke sich hob und die Matratze sich senkte. Beinahe sofort danach, spürte ich, wie er sich hinter mich legte, seinen Arm um mich legte und an sich zog. Wohlig kuschelte ich mich an ihn. In seinen Armen drehte ich mich um und drückte mein Gesicht in seine Halsbeuge. Seine Finger streichelten meinen Rücken und seine Lippen küssten meinen Scheitel.
"Ich habe auf dich gewartet." Sagte ich leise, meine Stimme ein entferntes Flüstern. "Ich habe auch auf dich gewartet, Prinzessin." Flüsterte er, doch anders als meine Worte, fraßen sich seine direkt in mein innerstes. "Ich habe aber mit einer großen Geste gerechnet." Flüsterte er leise. "Was ist passiert?" Fügte er fragend hinzu. Vorsichtig hob ich den Blick, schob mich neben ihn und blickte in dem dunklen Raum in sein Gesicht. Wir waren uns so nah, dass ich seinen Atem auf meiner Wange spüren konnte.
"Ich habe meiner Mama gesagt, das ich nicht nach Stuttgart zurückziehen werde." Erklärte ich leise und unterdrückte ein Schaudern. "Warum?" Wollte er wissen, seine Stimme seltsam belegt. "Es gibt Dinge hier, die ich nicht verlieren will." Sagte ich leise und schob mich noch näher an ihn heran. Schon meine Arme um ihn und drückte mich an ihn. "Ich kenne deine Lieblingsfarbe nicht. Oder dein Lieblingsessen." Sagte ich und er grunzte belustigt.
"Blau. Eisblau wie das Polarmeer." Sagte er nach einer Weile des Schweigens. "Wie deine Augen." Sagte er und ich spürte seine Finger, wie sie langsam meinen Rücken hochfuhren. Mein Herz begann wieder so vertraut zu flattern.
"Was ist mit diesem Kerl?" Fragte er und ich schnaubte. "Alexis?" Ich runzelte die Stirn. "Er war ein Gentleman. Aber als er mich geküsst hat..." Er versteifte sich neben mir. "Ich habe mir gewünscht das es jemand anderes wäre." Er schwieg. "Und der Typ von heute?" Wieder runzelte ich die Stirn. "Das war Leon. Ich wusste nicht das er mich...mag." Erklärte ich und brachte ihn zum Lachen. "Du siehst es wirklich nicht, was?" Fragte er mich und begann wieder über meinen Rücken zu streichen. "Sie wollen dich alle." Sagte er und zog mich mit einem Ruck noch näher, als wäre überhaupt noch Platz zwischen uns.
"Alle?" Fragte ich hoffnungsvoll, doch das Hämmern meines Herzen musste ihm verraten wie nervös ich war. Seine Fingern wanderten an meine Wange und erwartungsvoll spürte ich wie er sich mir weiter näherte. Sachte drückte er seine Lippen auf meinen Hals, fuhr eine sanfte Linie zu meinem Ohrläppchen. Mir stockte der Atem. "Alle!" Sagte er, bevor er seine Lippen hart auf meine presste. Ein Blitz schoss durch meinen Körper. Meine Finger gruben sich in seine Schultern, ein Stöhnen verließ meine Lippen.
Ich drängte meinen Körper seinem entgegen, genoss wie seine Finger meinen Körper berührten, als wäre ich das kostbarste auf der Welt.


Die Prinzessin und der PunkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt