13. Hexensang

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Soundtrack: Daniel Pemberton - The Darklands aus dem King Arthur: Legend of the Sword OST und Danheim - Hefna

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Ich wusste, was ich zu tun hatte. Ohne das Seil zu beachten, das ich zuvor dort festgebunden hatte, setzte ich über die Reling, rollte über die fleischigen Blätter am Boden ab und verschwand im Unterholz. Ich schob meine Fliegerbrille auf die Augen, und das Halbdunkel wich, als hätte ich eine Laterne angezündet. Mein Umhang glich mich der Finsternis an. Wie der Wind huschte ich über unter meinen Fingern zerbröselnde, feuchte Baumstämme, Farne griffen nach meinen Schultern, Blumen und Blätter leckten an meinen Armen. Das Rattern der Gewehre verblasste hinter mir. Ich sah weitere Untote, die sich aus den Schatten zwischen den Bäumen lösten und auf das Schiff zustürmten, ich sah das Glühen von Feuer und den Tätowierungen der Arkanen, die durch die Bresche auf die Hütte zustürmten. Ona und Tanqueray folgten ihnen auf dem Fuße.

Die Plattenwurzeln waren eine noch bessere Deckung, als die Arkanen es je gewesen wären. Wie eine Schlange wand ich mich zwischen verwachsenen Ästen und wie Traumfängern wirkendes Webwerk aus Lianen, Seilen und tödlich wirkenden Stacheln vorbei. Untote fielen aus den Ästen wie fallen gelassene Marionetten und staksten auf das Glühen der Arkanen zu. Niemand bemerkte mich. Näher und näher schob ich mich an die Hütte heran, der Geruch nach Räucherwerk mischte sich zwischen Feuer und modrigem Holz. Schädel klebten im Lehm der Wände. Licht flackerten in den Löchern in den Vorhängen, jemand sang in einer fremden Sprache, ein Lied von Verdammnis und Schatten, ein Tanz von Toten und Dunkelheit zwischen feuchten Blättern.

Ruk und seine Männer fochten gegen die Wiedererweckten, doch immer mehr erschienen aus den Untiefen des Waldes. Die ersten Arkanen wurden zerrissen von den Leichenkrallen, ihre Schreie mischten sich unter das Bellen von Onas Maschinengewehr. Tanqueray rief einem der Arkanen, einem Drachenblut, etwas zu. Seine Tätowierungen flammten auf, versengte seine Uniform und entblößten die Runen auf der Haut darunter.

Die Erinnerungen fielen mich an wie die Untoten zuvor. Das Fell dunkler als meines. Metallene Klauen und zwei Schwerter. Schatten und Feuer folgten ihm. Eine Stimme gefärbt von Bluthunger und amüsierter Verachtung. Das Gefühl von tödlichem Leichtsinn, von dem Wissen, sich auf jemanden verlassen zu können, von milder Angst und spielerischem Hochmut. Wind in den Segeln eines Luftschiffes.

Das Beißen des Hex in meinen Adern riss mich in die Gegenwart zurück. Der Zeiger der Anzeige an meinem Handgelenk rutschte langsam in den roten Bereich, und ich deaktivierte es, bevor es mit mir explodierte. Ich legte es nicht darauf an, dieses Artefakt zu zerstören. Es war unbezahlbar teuer und sicherlich ein Einzelstück.

Die Schwäche, die auf den Sturm des Serums folgte, ließ mich taumeln. Heftig schnappte ich nach Luft und versuchte, mir das Gefühl, das der Anblick der glühenden Male hervorgerufen hatte, zu merken, doch es zerstob mit dem Qualm der Feuer. Ich wünschte mir still, ich hätte die Zeit, mich darauf zu konzentrieren, doch es verblasste mit jeder Sekunde mehr.

Flammen barsten aus dem Hals des Arkanen, hüllten das Haus ein und versengten die Wurzeln darum herum. Untote strauchelten und fielen langsam in sich zusammen, doch die Hütte war ebenso unbeeindruckt wie die Flasche zuvor von Onas Schießversuchen.

Der Singsang verstummte, die Tür öffnete sich, und die Vettel trat hinaus. Tierknochen und weiße Zeichnungen hoben sich hell gegen seine schwarze, an Rinde erinnernde Haut ab. Seine Augen schimmerten im Schein der Arkanen. Ranken wickelten sich um seine Beine, seinen bloßen Oberkörper und die Felle, die er sich über seine zerrissenen Hosen um die Hüften gebunden hatte.
Ona zögerte nicht. Sie riss das Gewehr hoch und feuerte auf ihn. Tanqueray brüllte eine Warnung und schlug den Lauf mit dem Schwert nach unten, die Kugeln ließen Splitter aufstieben.

Die Hexen der EleutheraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt