Soundtrack: Danheim - Heilagr Domr. Ja, das Wasserplätschern passt nicht. Aber die düstere Stimmung.
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Sie fanden eine windgeschützte Nische, genug Platz zum Schlafen und für das Feuer, das Ana entfachte. Die Flammen ließen die Finsternis tanzen. Beinahe erwartete Neshira die Geister der Gotteskrieger aus der Dunkelheit springen zu sehen, oder das Lachen der Vettel im Wind zu hören, doch bis auf das Singen der Böen und dem Knirschen von Gestein war es still.
Neshira wärmte sich die Hände an ihrer Tasse und beobachtete Ana, die im Schein des Feuers ihr Schwert begutachtete. Ihre Haarsträhnen flatterten in den wenigen Windzügen, denen es gelang, zwischen die Felsen zu kriechen. Sie schien wie eine gewöhnliche Abenteurerin, die versuchte, den alten Tempel zu plündern, doch es war gemeinhin bekannt, dass es in den alten Shinaru-Tempeln selten mehr zu holen gab als Steine und Schatten. Sie waren der Mühen nicht wert, des Geldes wegen erkundet zu werden.
Ana führte sie nicht aus reiner Freundlichkeit zu dem Tempel, rief sie sich in Erinnerung. Sie tat es, damit Neshira Eleuthera für sie tötete. Und Durensky mit ihr. Doch sie glaubte ihr nicht vollends. Irgendetwas verbarg Ana, und Neshira wollte wissen, was es war. Sie erwog, erneut einen Wahrheitszauber auf sie zu wirken, doch verwarf es. Die wichtigsten Fragen hatte sie bereits gestellt. Schaden wollte Ana ihr nicht. Doch was sie wirklich wollte, ließ ihr keine Ruhe.
„Denkst du wieder an die Hexen?", riss Ana sie aus ihren Gedanken.
Neshira sah überrascht auf. „Warum?"
„Immer, wenn du über sie nachdenkst, hast du einen Blick, als wolltest du sie allein mit deinem Hass töten." Anas Augen blitzen im Feuer.
Neshira erwiderte ihren Blick skeptisch und doch amüsiert. „Wir ziehen kaum einen Tag umher, und es ist dir schon jetzt aufgefallen?"
„Es ist nicht sonderlich unauffällig." Ana nippte an ihrem Tee. „Was überlegst du?"
Neshira schwenkte ihre Tasse, weißer Dampf stieg auf. Fragen kletterten in ihrem Kopf übereinander, wanden sich wie die Mähne der Banshee und buhlten um ihre Aufmerksamkeit. Schließlich fragte sie, was ihr seit dem Grat im Kopf herumspukte. „Woher weißt du, dass Eleuthera nicht böse ist? Sie könnte Durensky freiwillig bei seinen Zielen helfen."
„Nein. Das würde sie niemals tun", wehrte Ana bestimmt ab.
„Wie kannst du dir da so sicher sein?"
Ana blickte ihr in die Augen. „Weil ich sie kenne. Einst war sie meine beste Freundin."
Neshira starrte sie an. Unter ihrem Mantel tastete sie nach ihren Wurfmessern, die Klingen waren eisig kalt unter ihren Fingern. „Sie ist eine Vettel", knurrte sie misstrauisch. „Eine mordende, skrupellose Hexe. Und sie ist deine beste Freundin."
„Sie war es. Du weißt sicherlich, dass niemand als Vettel geboren wird. Sie treten dem Zirkel bei..."
„Und ihnen wird ihr Vettelherz entnommen, das fortan als Quell ihrer Kräfte dient."
Ana schüttelte den Kopf. „Eleuthera war keine Vettel, als ich sie kennenlernte. Wir haben beide im gleichen Dorf gelebt und kannten uns, seit wir Kinder waren. Eines Tages wurde sie von einem Elf schwanger, einem fahrenden Söldner, in den sie sich verliebt hatte. Die Engelmacherin weigerte sich, ein elfisches Kind zu töten, aus Angst, verflucht zu werden, und so musste Eleuthera es zu ihrer Schande austragen. Sie floh in die nächstgrößere Stadt, verstoßen von ihrer Familie. Ich half ihr, bei Freunden unterzukommen, in der Hoffnung, dass sie sich dort ein neues Leben aufbauen konnte. Doch auch sie warfen sie schließlich mit ihrem Kind auf die Straße."
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Die Hexen der Eleuthera
FantasiaHexen. Priester. Götter. Dämonen Und ein feiger Schatzsucher. Seit die Dämonen die Welt in Splitter zerschlugen, stellt die Kriegerpriesterin Neshira Canto ihnen nach. Gnadenlos und unerbittlich tötet sie Geister und Untote, Bestien und falsche Göt...