25. Blut und Stahl

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Soundtrack: Rupert Gregson-Williams - Brooklyn Bridge aus dem The Alienist OST (auf YouTube nicht zu finden - Schande über Youtube! Aber erinnert ihr euch noch an meine FANCY SPOTIFY PLAYLIST???? LINK IN BIO) und Klaus Badelt - One Last Shot aus dem Fluch der Karibik OST. Letzteres abspielen nach dem Kampf. Ihr braucht ihn. Es ist mir egal, dass euer Datenvolumen dabei drauf geht, hört es euch an und genießt die Feels.

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Ich stand im Zwielicht der Kerze und starrte den nietenbesetzten Stahl an. Meine Gedanken rasten. Durag war die Rettung, auf die ich gehofft hatte. Ich fragte mich, was er dafür verlangen würde. Vielleicht sagte er auch die Wahrheit, und in seinem Gerede über große Coups steckte tatsächlich der Wunsch, wieder wahre Freunde an seiner Seite zu haben. Stellte sich nur die Frage, ob ich einer davon gewesen war.

Bevor mich der Mut verließ, blies ich die Kerze aus und schlüpfte hinaus in den Gang. Das Stampfen der Maschinen war noch immer so laut, dass ich das leise Säuseln der Geisterbewegungen nicht hören konnte, das dünne Licht der Laterne war zu wenig, als dass ich ihre schattenhaften Umrisse erkennen würde, doch ich musste es versuchen.

Ich trat zu Onas Zelle. „Ona."

„Sin!" Sie sprang auf, ihre dunklen Augen glänzten durch den Schlitz in der Tür. „Wie hast du..."

Ich berührte die Finger, die sie mir entgegenstreckte und drückte meine Nase darauf. Sie rochen nach Angst. „Ich bin gleich zurück."

„Verdammt, Sin, was..."

Ich wandte mich um und schlich, so schnell ich konnte, davon. Den langen Gang, gesäumt von weiteren Zellentüren, entlang, bis ich an die Treppe gelangte. Das Licht einer weiteren Laterne schien zu mir hinab. Ich hörte die Stimmen von Rabenfedern, das Klirren von Gläsern, grobe Worte über Ona, bei denen sich mir das Herz verkrampfte. Meine Finger klammerten sich um den Griff des Dolches.

Ich ermahnte mich zur Geduld. Wenn ich Attica getötet hätte, könnte ich das Schwert des Caligár erneut an mich nehmen und sie alle umbringen, nur mit einem nachlässigen Gedanken. Doch dafür musste ich an den Rabenfedern und den Geistern, die ebenso möglicherweise dort waren, vorbei, vier Decks hinauf, ein Weg, bei dem jeder Fehler einen endlosen Fall und das Ende unter den Nebeln versprach. Allein bei dem Gedanken kribbelten meine Handflächen. Ich musste es tun. Wenn nicht, würde Ona sterben.

Vorsichtig schlich ich weiter voran, ohne jedes Geräusch. Das Hauchen eines Geists strich am Ende der Treppe vorbei, und ich drückte mich tiefer in die Schatten. Geister sahen nicht mit ihren Augen. Sie spürten Bewegungen in der Luft, rochen fließendes Blut, fühlten, dass ein denkendes, fühlendes Wesen sich in der Dunkelheit verbarg. Hoffentlich würden sie mir nicht hinaus folgen. Zwar verschwanden auch sie, wenn sie fielen, wenn sie die Nähe zu der Waffe verloren, an die sie gebunden waren, doch ich konnte sie nicht verletzen. Sie mich dagegen schon.

Ich schwang mich aus der Luke und drückte mich zwischen zwei gewaltige runde Geschütztürme. Ölige Zahnräder griffen ineinander, bildeten eine Konstruktion, mit denen man die tonnenschwere Kanone, der Lauf so dick wie mein Oberarm, drehen und neigen konnte. Nun zeigte es in die Flugrichtung des Schiffes. Kisten mit Munition lagen zu meinen Füßen. Zwischen dem beweglichen Teil des Turmes und der Bordwand, halbmeterdickem Stahl, war ein kleiner Streifen Dunkelheit, gerade genug, um dem Schützen Sicht auf das Ziel zu geben. Wenn man sie nicht, wie bei der Grazia, der Korvette Durenskys, die ich nach der Angelegenheit in der Waffenfabrik gestohlen hatte, auch von der Brücke aus abfeuern konnte.

Ich schielte über den Turm hinüber, dorthin, wo die Rabenfedern saßen, doch niemand würdigte mich eines Blickes. Auch erahnte ich nirgends die wie flimmernde Luft wirkenden Geister. Als ich das Schwert getragen hatte, hatte ich stets gewusst, wo sie waren. Nun fühlte ich mich schrecklich ausgeliefert.

Die Hexen der EleutheraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt