Kapitel 1

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Luzifers POV

Der Teufel gähnte.

Er hasste die regelmäßigen Stadtrundgänge, doch sie waren nötig, um den Sündern Angst einzuflößen. Er lehnte sich noch weiter in den Kissen zurück und genoss das Schaukeln der Sänfte.

Sie wog Tonnen und die vier Träger waren nicht zu beneiden. Plötzlich hielt die Sänfte mit einem Ruck an. Verärgert lehnte er sich vor und zog den Vorhang zur Seite.

„Was soll das?“ donnerte er.

Vor ihnen auf dem Weg hatten sich einige Sünder und niedere Dämonen auf der Straße getummelt, was ihn jedoch wenig interessierte.

„Verscheucht sie!“

Der Teufel hatte keine Geduld für solche Quälereien und lehnte sich wieder zurück. Er konnte hören, wie seine Sklaven die Straße mit Tritten und Schlägen befreiten.

Doch obwohl jetzt wieder Stille eingekehrt war ging es nicht vorwärts. Jetzt vollends genervt sah er wieder heraus.

„Was zur Hölle denn no...?“

Mitten im Satz verstummte er. Es gab nicht vieles, das ihn verstummen ließ, aber das vor ihm gehörte zu den wenigen Dingen, die dies vermochten.

Vor ihm auf der Straße lag ein wahrhaftiger Engel!

Darum also hatte sie sich gescharrt. Kein Wunder, das sie so interessiert gewesen waren. Er musste gefallen und anschließend auf der Straße aufgekommen sein.

Jedoch sah er nicht sonderlich verletzt aus, nur Schmutzig. Sah so aus, als wäre er die ganze Zeit bewusstlos gewesen, vielleicht hatte er ja einen Schock.

„Dreht ihn um, ich will sein Gesicht sehen.“

Der Sklave der neben ihm stand drehte ihn unsanft auf die Seite. Er, als Teufel, hatte schon viele Engel gesehen und jeder von ihnen war schön gewesen, aber dieser hier raubte sogar ihm den Atem.

Golden schimmernde, schulterlange Haare vielen leicht gelockt um ein wunderschönes Gesicht. Und obwohl er voller Staub war, machte auch das seiner Schönheit nichts aus.

„Bring ihn her!“

Der Sklave packte ihn unsanft an den Flügeln und hob ihn hoch als wiege er nichts. Er streckte die Hand nach ihm aus und hob ihn wesentlich umsichtiger zu sich auf die Sänfte.

Seine befleckten, weißen Flügel faltete er vorsichtig zusammen und legte den Kopf des Engels auf seinen Schoß. Sein Gesichtsausdruck wirkte überaus friedlich, was angesichts der Tatsache, dass er sich in der Hölle befand, erstaunlich war.

Er hatte schon lange kein friedliches Gesicht mehr gesehen, Frieden war einfach nichts, dass in die Hölle passte.

Behutsam legte er die Hand auf seinen Kopf und fuhr durch sein Haar. Als hätte er Angst, der Engel könnte zerbrechen, wenn er ihn zu grob anfasste.

Dabei sollte grade er es besser wissen, als sich von ihren unschuldigen Gesichtern täuschen zu lassen, während sie jeden Augenblick ein Schwert ziehen konnten.

Er ballte die Hand in seinen Haaren zur Faust. Er verabscheute Engel. Sie waren nichts weiter als Gottes Sklaven, da konnten sie noch so hübsch anzusehen sein.

Dieser hier war da sicherlich auch keine Ausnahme. Die Flügel des Engels zuckten ein wenig, er hatte sicher noch nie etwas wie Schmerz verspürt.

Denn obwohl Engel nicht alterten, sah dieser hier selbst für ihre Verhältnisse äußerst jung aus. Ein Lächeln glitt über das Gesicht des Teufels.

Er hatte sich ein hübsches neues Spielzeug beschafft. Der Engel würde ihm sicherlich viel Freude bereiten. Er hörte wie sich die steinernen Türen seines Palastes hinter ihnen schlossen.

Ob dem Engel bewusst war, dass es ab jetzt kein Entrinnen mehr gab? Der Teufel hob ihn auf seine Arme und stieg aus der Sänfte auf den Boden hinab.

Ruhigen Schrittes ging er die Flure entlang. Das war einer der Vorteile gefürchtet zu werden, niemand wagte es, ihm im Wege zu stehen. Plötzlich raschelte es.

Der Engel bewegte sich ein wenig und versuchte sich in seinen Armen auf die Seite zu drehen. Unbewusst krallte er sich an ihn und verbarg sein Gesicht in seinem Hemd.

Hatte er vielleicht längst begriffen, dass er sich in der Hölle befand? Seine Aura musste für einen Engel nahezu erdrückend sein.

Aber sollte er dann nicht eher versuchen von ihm fort zu kommen? Dieser Engel war ihm jetzt schon ein Rätsel, aber er hatte sie ja noch nie verstanden.

Noch so ein Punkt in dem alle Engel gleich waren. Keiner von ihnen hinterfragte irgendetwas, sie alle taten was auch immer ihnen gesagt wurde.

Und darin war er offenkundig noch nie gut gewesen. Sonst wäre er ja wohl kaum hier!

Mit dem Fuß stieß der Teufel die Tür zu seinem Gemach auf und legte den Engel auf sein Bett. Er war immer noch ganz staubig, aber das störte ihn nicht sonderlich.

Eher im Gegenteil, das würde ihm einen harmlos erscheinenden Grund geben den Engel zu berühren. Wenn er tatsächlich so jung war, wie er ihn schätzte, dann war er sicherlich naiv genug um ihm das abzunehmen.

Normalerweise hatte er gefallene Engel ohnehin lieber für sein Bett als andere Dämonen. Aber mit einem himmlischen Engel hatte selbst er noch nicht das Vergnügen gehabt.

Das würde sicherlich noch ein prächtiger Spaß werden!

„Nnh.“

Wieder ein Rascheln seiner süßen Flügel, er wachte sicherlich gleich auf.

Mit einem Lächeln auf dem Gesicht verließ der Teufel sein Gemach.

Des Teufels Engel (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt