Luzifers POV
Tief in Gedanken versunken blickte der Teufel das Schachbrett an, dass auf dem niedrigen Sofatisch stand, während er den Scotsch in seinem Glas hin und her schwenkte, was das Eis nur so zum klirren brachte.
Dann nahm er einen weiteren großen Schluck. Das Zeug lief wie flüssiges Feuer seine Kehle herab und er stellte erneut fest, dass es fast schon schade war, dass der Alkohol bei ihm keinen sonderlichen Effect hatte.
Ein leises Klopfen an der Tür lies ihn aufhorchen. Wer wagte es, ihn in seinen privaten Gemächern zu stören?
Er wollte schon aufstehen und sienem Ärger Luft machen, als er inne hielt und sich wieder setzte, jedoch nach wie vor aufmerksam zur Tür blickte.
Der kleine Engel steckte den Kopf durch den geöffneten Türspalt, noch immer schien er ihn auf dem Sofa nicht entdeckt zu haben und sah staunend umher.
Amüsiert beobachtete er den kleinen Engel, der jetzt unschlüssig einen Schritt durch die Tür wagte, noch einen Moment. Es war wirklich zu niedlich, wie verloren er drein blickte, dann erlöste er den Engel von seinem Elend und räusperte sich.
"Du kannst ruhig herkommen, das Sofa ist groß genug für uns beide." sagte er mit einem ruhigen Lächeln.
Als der Engel jedoch noch immer zögerte, verdrehte er die Augen.
"Nun komm, Ich beiße dich schon nicht."
Leicht zuckte der kleine Engel unter seinen Worten zusammen, kam dann aber schnell zum Sofa gelaufen, wo er sich in der äußersten Ecke nieder lies.
So so, der kleine Engel hatte also noch immer Angst vor ihm. Unter normalen Umständen hätte ihm das nichts ausgemacht - Ich meine, hey leute, der teufel, klar? - doch diesmal war es für sein Unterfangen nicht sonderlich förderlich.
Leicht verstimmt nahm er einen weiteren Schluck aus dem Glas und verfluchte erneut die Tatsache, dass er sich nicht betrinken konnte. Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte er, wie der kleine Engel sein Getränk neugierig beäugte.
"Scotsch." sagte er und hielt ihm das Glas auf halbem Wege entgegen.
"Der beste Alkohol dens gibt."
Einen Augenblick wirkte es, als wollte der kleine Engel das Glas entgegennehmen und er kam ein Stückchen näher heran gerückt, doch dann schüttelte er den Kopf.
"Engel dürfen doch keinen Alkohol trinken!"
War ja klar, dass er nicht einfach trank, Gott besaß da wirklich einen loyalen kleinen Engel. Aber er war schließlich der Teufel, da schaffte er es doch wohl noch einen kleinen Engel dazu zu kriegen, eine so winzige Sünde zu begehen, wie ein bisschen Scotsch zu trinken.
Grinsend beugte er sich vor und drückte ihm das Glas in die Hand.
"Wir sind hier in der Hölle. Egal was man dir so erzählt hat, Gott wird nie erfahren, was du hier so treibst."
Noch immer zweifelnd blickte der kleine Engel auf das Glas hinab.
"Aber nur weil er es nicht erfährt, ist das doch kein Argument!"
"Du musst ja nicht, wenn du nicht willst..."
Anscheinend gelangweilt streckte er die Hand aus und wollte dem kleinen Engel das Glas schon aus der Hand nehmen, als dieser noch einmal zu ihm hochsah und dann einen großen Schluck aus dem Glas hinunter stürzte.
Jedoch nur um prompt azufangen zu husten, seine kleinen Schultern bebten so sehr, dass er fast das Glas losgelassen hätte.
Laut lachend nahm er dem kleinen Engel das Glas aus der Hand und stellte es auf dem Tisch ab, dann legte er dem Engel einen Arm um die Schultern und fragte scheinbar besorgt:
"Wirds denn gehn?"
Doch der kleine Engel krigte sich immer noch nicht wieder ein, also stand er schnell auf.
"Moment, ich hol dir was anderes."
Eiligen Schrittes ging er zur Theke zurück, nahm Orangensaft aus dem Kühlschrank und goss etwas in ein Glas, bevor er zum Engel zurückkehrte.
"Hier, damit du dich mal wieder ein bisschen beruhigen kannst."
Aus Tränen verquollenen Augen sah der kleine Engel zu ihm hoch und dann auf das Glas, bevor er den Kopf schüttelte. War ja eigentlich klar gewesen, dass er es nicht trinken würde.
"Das ist nur Orangensaft, das kannst du ja wohl noch trinken, oder nicht?"
Misstrauischer denn je blickte der kleine Engel weiterhin zu ihm auf, nahm dann aber das Glas entgegen. Kurz schnupperte er daran, bevor er einen kleinen Schluck trank und dann schließlich das ganze Glas auf einmal leehrte.
Der kleine Engel stieß einen unendlich erleichterten Seufzer aus, dann funkelte er ihn aus noch immer Tränen nassen Augen an.
"Das war gemein von dir!"
"Tatsächlich?" fragte er mit amüsiert hochgezogenen Brauen.
Beleidigt verzog der kleine Engel das Gesicht zu einem Schmollmund.
"Ja..."
Er klang wie ein bockiges Kind. Der Teufel nahm jetzt das Scotsch-Glas vom Tisch und trank grinsend einen großen Schluck.
"Also ich finde dieses Zeug einfach göttlich. Vielleicht bist du ja einfach noch zu klein dafür?"
Während er das sagte, rubbelte er dem kleinen Engel durch den blonden Haarschopf, woraufhin sich dieser prompt beschwerte.
"Hey!"
Nachdenklich zog er die Hand zurück und sah den kleinen Engel an.
"Na den größten Schrecken scheinst du ja jetzt überwunden zu haben, was?"
Auf seine Worte hin schien sich die Laune des Engels jedoch schlagartig zu verschlechtern. Jetzt stellte der kleine Engel das Glas auf den Tisch, zog die Beine an den Körper und senkte den Kopf.
So süß der kleine Engel auch war, wenn er schmollte, dieser Anblick gefiel ihm gar nicht.
"Gibt es eine Möglichkeit, wie ich wieder zurück kommen kann?"
Die Stimme des kleinen Engels zitterte leicht, den Tränen nah, er schien nicht so recht daran zu glauben. Er war nicht sonderlich gut im Trösten, doch einem plötzlichen Impuls folgend streckte er den Arm aus und zog den kleinen Engel an seine Brust.
"Nur wenn Gott persönlich dich zurück fordert."
Sein Ton wurde bitter.
"Und das tut er eigentlich nie. Dafür hat er viel zu viele Engel."
Einen Augenblick verkrampfte der kleine Engel sich in seinen Armen und er dachte schon, er würde sich aus seinen Armen befreien, doch dann nickte er nur und verbarg den Kopf an seiner Schulter.
Irgendwie tat der kleine Engel ihm schon leid, doch wenn er nicht zurück konnte, passte ihm das doch eigentlich außerordentlich gut. Oder nicht?
Der kleine Engel lag in seinen Armen und dennoch unternahm er nichts. Hatte er ihn nicht verführen wollten? Tief seufzte der Teufel.
Was machte dieser Engel nur mit ihm? Verdammt, er war der Teufel! Er sollte verschlagener und gemeiner sein als irgend ein Dämon sonst. Und jetzt hatte er Mitleid?!
Unwillig hob er den Arm hoch und schob den Engel von sich, der überrascht zu ihm aufsah.
Beinahe schon hätte er sich dazu verleiten lassen, ihn wieder an sich zu ziehen, doch dann stand er grob auf und stellte das Glas so laut auf den Tisch, dass der kleine Engel heftig zusammen zuckte.
Noch immer sah er mit großen Augen zu ihm hoch, doch der Engel sagte kein Wort. Er hatte ihm wieder Angst gemacht.
Und verdammt, es tat ihm leid! Vielleicht musste er sich nur mal wieder daran erinnern, wer er eigentlich war. Mit donnernden Schritten verließ er den Raum, ohne auch nur zurück zu schauen.
Was er jetzt brauchte, war ein ordentliches Blutbad.
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Des Teufels Engel (BoyxBoy)
RomanceAls der junge Engel Akashiel durch einen unglücklichen Zufall in die Hölle fällt, hat er schreckliche Angst. Und das nicht zu unrecht! Wie will der junge Engel unter all den Dämonen überleben? Doch entgegen aller Vermutungen ist es ausgerechnet der...