Eine Weile lief die Gruppe stumm durch den dunklen Wald. Sie passierten eine Weggabelung, an deren linken Ende Nagori ein großes Tor sehen konnte. Jeder Schritt ein falscher, aber jeder einer in die Richtung, in der ihre Schwester verschwunden war.
Nagori starrte auf den Hinterkopf des Anführers und versuchte, sich nicht an die entsetzten Gesichter ihrer Teamkameraden zu erinnern, oder an die Machtlosigkeit in Aos erstickten Sätzen.
Sie schüttelte den Kopf und biss die Zähne so fest aufeinander, dass ihr Kiefer stumm protestierte. Sie musste wissen, was passiert war, nachdem sie ohnmächtig geworden war. Wieso war ihr dieser Fremde in ihrem Unterbewusstsein begegnet? Hatte er ihre Schwester auch gesehen oder war das alles ein Trick, ausgelöst durch die Kräfte des Sharingans?Die Fragen quälten sie so sehr, dass Nagori gar nicht wahrnahm, dass sie bereits Konohas Wachtore passiert hatten und nun vor einem großen, unscheinbaren Gebäude Halt machten. Ein wenig irritiert riss Nagori den gesenkten Kopf nach oben als sie einen Gegenzug an ihren gefesselten Handgelenken spürte.
Ein Mann trat aus der Tür und jemand anderes wäre bei seinem Anblick sicherlich zusammengezuckt, doch für Nagori waren die zwei sichtbaren Narben im Gesicht des Mannes nur der Beweis dafür, dass sie sich vor ihm in Acht nehmen sollte. Sie war fast sicher, dass Ibiki Morino vor ihnen stand, obwohl sie ihn nur aus Erzählungen kannte.
Seine Augen verengten sich abfällig als er den Blick über sie schweifen ließ und sie reckte angriffslustig das Kinn. Ibiki runzelte die Stirn.
“Ich hatte nicht mit einem Erfolg gerechnet. Kirigakures Teams sind sehr gut. Was ist mit dem Rest des Teams?” “Wir haben einen guten Deal bekommen.”“Nun.” Ibiki strich sich über das Kinn. “Du weißt, wo die Zellen sind, Shisui. Ich werde das Verhör für morgen ansetzen.”
Shisui Uchiha? Sie kannte diesen Namen. Natürlich. Jeder in Kirigakure kannte diesen Namen. Es hieß, Shisui Uchiha war eines der talentiertesten Mitglieder seines Clans und dass es ihm sogar möglich sein sollte, das Mangekyou einzusetzen. Doch alles was sie sah, war ein junger Mann, dessen Augenfarbe sie eher an die eines Rehs erinnerte als an Blut.
Erst, als sämtliche Augenpaare auf sie gerichtet waren, bemerkte sie, dass sie seinen Namen laut ausgesprochen hatte.“Ein Uchiha?” Ibiki und Shisui wechselten einen Blick bevor der junge Uchiha langsam nickte. Er begann zu sprechen, doch Nagori schnitt ihm das Wort ab: “Ich würde gern mit dir sprechen.”
“Gefangene stellen keine Forderungen”, tönte es links von ihr. “Bitte”, sagte sie und schluckte den Zorn herunter.
Shisui zögerte, sie sah es. Nur kurz und unentdeckt von den anderen, aber Nagori erkannte die Anzeichen. Umso mehr überraschte sie es, als er mit einem Nicken zustimmte. Er richtete sich an seine Kameraden: “Ich bringe sie zur Zelle. Ihr erstattet dem Hokage Bericht. Wartet nicht auf mich. Ich komme nach.”Einer nach dem anderen verschwand, bis Ibiki und Shisui die einzigen waren, dessen Gegenwart Nagori ausgesetzt war. Die beiden Männer tauschten einen Gruß, dann trat Shisui auf sie zu. Er deutete mit dem Finger auf ein kleineres Gebäude neben dem vor ihnen. “Folge mir.”
Schweigend betraten sie das Haus, indem ein Wächter prüfend auf den einzigen eingeschalteten Bildschirm starrte. Shisui und er wechselten Worte und ein Zellenschlüssel seinen Besitzer.Shisui schloss die Tür vor ihr, sodass die Gitterstäbe seinen Körper in Streifen teilten, manche beleuchtet von dem durchs Fenster herein scheinenden Mondlicht, manche dunkel und nicht zu erkennen. Sie suchte in seinem Auge vergebens nach einem Anzeichen des Sharingans. Dann hielt sie es nicht mehr aus.
“Ich habe dich gesehen! Du hast mich auch gesehen. Wieso warst du da und wo waren wir?”, ihre Stimme zitterte und Nagori hasste sich dafür.
Schwarze Wimpern verdeckten das Braun, als der Mann vor ihr den Kopf schief legte. “Ich habe mein Sharingan gegen euch eingesetzt. Du bist-” Er veränderte seine Position und ohne es zu bemerken trat sie näher. “-ohne Vorwarnung vor meinem inneren Auge erschienen.”
Mittlerweile standen sie sich so nahe dass Shisuis geflüsterte Worte wie seichter Wind über ihre nackte Haut bliesen und sie ein Schaudern unterdrücken musste.
“Kannst du es wiederholen?” Er runzelte die Stirn. “Bitte. Ich muss- ich muss sie nochmal sehen. Sie war so nah.” Ihre Stimme drohte an den aufkommenden Tränen zu ersticken.
Blinzelnd sah sie nach oben während vor ihren Augen Flecken tanzten. Ihr Puls raste.“Sie war da.”
Schützend warf sie die Arme um ihren Oberkörper um sich zu wärmen. ‘Kontrolle Kontrolle’ bellte ihr Kopf, so laut, dass sie meinte, er müsse platzen. Mit aller Kraft entzog sie sich, trocknete mit zitternden Fingern ihre Wangen bis sich ihr Atem wieder stabilisierte.
Shisui stand noch immer hinter den Gitterstäben. Regungslos und doch erkannte sie etwas in seinen Gesichtszügen, das vorher nicht dort gewesen war. Nicht, als er noch der Anführer eines Teams aus Konoha gewesen war.
Shisui erwiderte nichts, er bewegte sich auch nicht als sie sich mit dem Rücken zu ihm auf dem kleinen Bett unter dem Fenster zusammenrollte und das Zerplatzen der Tränen auf dem Boden das einzige Geräusch in dieser Nacht blieb.
Sie war sich sicher, dass er geblieben war, bis der Schlaf sie übermannte, doch als sie am nächsten Morgen erwachte, war er fort.
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Seelenheil | Shisui Uchiha - beendet
FanfictionSeit ihre Schwester im Duell gegen Zabuza starb, wandelt Nagori in einer endlosen Ohnmacht. Und erst das Sharingan eines jungen Shinobis aus Konoha scheint dem Himmel seine Farbe zurückgeben geben können. Wäre es nur dabei geblieben.