Es war weit nach Einbruch der Nacht als Nagori den Kopf hob, weil sie ein Geräusch hörte. Noch auf dem harten Bett liegend drehte sie den Kopf zur Tür und erst, als sie die Gestalt dahinter erkannte, setzte sie sich auf.
Er war spät. Aber er war da. Und er hatte die Zellenschlüssel mitgebracht.
“Was ist los?”, fragte sie beunruhigt. Sollte jetzt die Übergabe stattfinden? Shisui antwortete mit einem Lächeln, so leise, dass sie es in der Dunkelheit um sie herum beinahe verpasst hätte. Das Schloss öffnete sich und Nagori hörte das Flüstern dahinter, dass ihr sagte, sie könne jetzt fliehen. Shisui würde ihr nicht folgen. Er vertraute ihr und das, weniger als das was sie fühlte, aber mehr als sie sich bewusst war, war der Grund, aus dem sie blieb wo sie war.
Shisui zog die Zellentür auf und wartete bis Nagori zögernd die Grenze passierte. Sie hielt die Luft an als ihr sein Geruch in die Nase stieg und wandte den Kopf ab. Sie hörte wie die Tür ins Schloss fiel. Blitze durchzuckten ihren Körper, gewaltfrei und befreiend und sie umschloss die Hand, die ihr entgegen gestreckt worden war und folgte Shisui.Nagoris Beine baumelten über dem Fluss, so, dass sie beinahe das herauf spritzende Wasser auf ihrer Haut fühlen konnte, kühl und erfrischend. Shisui hatte die Hände gefaltet, abgelegt im Schoß seines Schneidersitzes. Selbst im neutralisierenden Mondlicht konnte Nagori das Moosgrün aus dem Augenwinkel blitzen sehen. Sie tat einen tiefen Atemzug bevor sie sprach.
"Du könntest jeden Moment angegriffen werden. Ich spüre Aos Chakra. Es ist noch weit genug entfernt, aber nahe genug, wenn ich ihm ein Zeichen gebe. Alleine kannst auch du nicht gegen uns bestehen", stellte sie fest, den Blick abgewandt. "Das ist wahr", in Shisuis Stimme schwang ein Nicken mit, Nagori runzelte jedoch die Stirn. "Ich verstehe das nicht." Shisui antwortete nicht und ihr wurde klar, dass er es wusste. Sie schluckte und legte den Kopf in den Nacken um hoch zu sehen zu dem Vollmond, der sich vor ihnen aufgebaut hatte. Er war die Ausrede, nicht zu Shisui sehen zu müssen. Auch wenn er sie ansah. Weil er sie ansah.Warmes Braun strich über ihre beleuchteten Gesichtszüge, über die von Zabuza gezeichnete Narbe, die nicht annähernd so tief war, wie der Schnitt in ihrem Herzen. Shisuis Anwesenheit legte sich nicht darüber wie ein Pflaster über eine nicht davon heilende Wunde, so, wie es sich anfühlte wenn sie bei Ao oder ihren Eltern war und sie war sich nicht sicher, wie sie darüber denken sollte. Ob sie dem Gedanken nachgeben sollte, dass dies alles so falsch war, wie es nur sein falsch sein konnte. So falsch, wie es an diesem Tag gewesen war. Und doch. Ohne diesen Tag würde sie nicht hier sitzen. Auf einer Klippe über der Grenze zu Kirigakure sitzend, ihr Chakra unterdrückend und darauf hoffend, dass diese Nacht niemals ein Ende finden würde.
"Nagori?" "Hm?", machte sie, den Blick noch immer starr geradeaus gerichtet. "Sieh mich an." Es war kein Befehl und trotzdem schnellte ihr Kopf mit einer solchen Geschwindigkeit herum, dass Sterne über sein Gesicht tanzten. "Ich würde dich gerne etwas fragen." Ihr Puls verdoppelte sich als sie bloß blinzelte. "Wen siehst du?" Shisuis Stimme wehte so sanft zu ihr herüber, dass die Welle des Schmerzes, die die Erinnerung jedes Mal mit sich brachte, langsam ausrollte anstatt sie zu verschlingen. "Meine Schwester." Es war nicht mehr als ein Flüstern. Der junge Mann vor ihr nickte. "Sie ist tot." Die Feststellung griff nach den Tränen in ihren Augen und ließ sie frei, bevor Nagori sich dagegen wehren konnte. Sie hob die Hände, doch Shisui stoppte sie, indem seine Fingerspitzen über ihren Wangen schwebten. Wie falsch konnte etwas sein, das sich so richtig, so real anfühlte?
Shisuis Finger wanderten, bis zu den Wimpern, in denen sich einzelne Tränen verfangen hatten und ihre Sicht trübten. Er strich darüber bis sich sein Gesicht klar vor dem Dunkel des Waldes hinter ihnen abzeichnete und sie sich sicher war, dass sie beide ihr Herz hören konnten, das unkontrolliert gegen ihren Brustkorb schlug.
Shisui umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen und wieder begannen ihre Augen zu glänzen. Und gerade, als Nagori die Hände hob um sie über die des jungen Shinobis vor ihr zu legen, löste er sich vor ihr auf und ein anderes Gesicht schob sich in ihr Blickfeld.
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Seelenheil | Shisui Uchiha - beendet
FanfictionSeit ihre Schwester im Duell gegen Zabuza starb, wandelt Nagori in einer endlosen Ohnmacht. Und erst das Sharingan eines jungen Shinobis aus Konoha scheint dem Himmel seine Farbe zurückgeben geben können. Wäre es nur dabei geblieben.