Die Übergabe findet später als geplant statt. Nagori weiß das, denn die Schatten an der Wand werden länger. Sie starrt in das Schwarz während das Licht der untergehenden Sonne die Wolken in sanftes Orange taucht. Nagori blickt auf als sie das vertraute Klicken der Tür hört und sich ein Augenpaar in ihrem spiegelt. Itachi ist gekommen. Sie ist so erleichtert dass sie das Lächeln nicht verhindern kann, doch Itachis warnender Blick lässt sie die Lippen zusammen kneifen. Itachi zögert, doch sie kommt ihm zuvor. "Ich werde Konoha nicht verraten." Der junge Mann vor ihr antwortet nichts.
Er öffnet die Tür und Nagori streckt ihm die Hände entgegen, damit der Uchiha sie fesseln kann. Die Zellentür schließt sich mit einem leisen Geräusch hinter ihnen. Es hallt in Nagoris Kopf nach.Itachi bleibt nicht alleine. Zwei Shinobis warten am Tor auf sie. Sie nicken ihm kurz zu, doch niemand spricht als sie durch das Tor hinaus treten und sich auf den Weg zur Übergabe machen. Die rote Abendsonne sticht Nagori in den Rücken. Sie verzieht ihre Schatten ins Unendliche. Das Rot des Himmels ist ein anderes als Itachis Sharingan. Es ist warm und weich und Nagoris Herz hüpft zum ersten Mal bei dem Gedanken, die anderen wiederzusehen. Ein Lächeln kitzelt ihre Mundwinkel bis sie sich daran erinnert, dass sie Ao und das Team letzte Nacht gesehen hat. Das Lächeln stirbt und mit ihm die Sicherheit als Itachi zu sprechen beginnt.
Itachis Stimme ist sanft wie der Tod im Schlaf. Kein Freund, aber auch kein Feind. Nur jemand, dessen Erscheinen unausweichlich war und für Konoha notwendig. "Was wirst du tun?"
Sie wirft dem jungen Mann neben ihr einen Blick zu, doch er und seine Gefährte schauen nach vorn. "Ich werde Kono-" "Nein", unterbricht der Uchiha sie. "Ich weiß, dass du Konoha nicht verraten wirst. Und das ist auch nicht nötig, denn euer Anführer wird es tun."
Nagori spürt ein Brennen auf ihrer linken Wange. Das Sharingan. Itachi fährt fort: "Was wird Kirigakure tun, wenn sie davon erfahren?" Sie schnaubt. "Du stellst Fragen, deren Antworten du bereits weißt." "Ich möchte es von dir hören." Das Brennen verstärkt sich. Trotzdem wendet sie den Kopf und sieht Itachi an. "Solange der Konflikt in Konoha nicht gelöst ist, kann Konoha keinen Frieden mit den anderen Ländern schließen und bleibt verletzbar. Kirigakure wird dieses Wissen ausnutzen. Es verkaufen oder-", die Stimme versagt ihr. Sie versteht. "Ich habe zu Shisui gesagt, dass ihr Schachfiguren seid. Aber in Wahrheit sind wir das alle."Vor der kleinen Gruppe rückt der Ort der Übergabe näher. Eine Brücke am Fluss, dessen Rauschen so bedrohlich klingt wie damals. Beinah kann sie die Spritzer auf der Haut fühlen, die die Wellen zornig verteilen. Der Wind fährt ihr durchs Haar und nimmt ihr kurzzeitig die Sicht. Dann stehen sie am Anfang der Brücke und einen Wimpernschlag später tritt ihr Team aus dem Dickicht der umliegenden Bäume. Zu weit entfernt, um die Gesichter zu deuten.
"Itachi", flüstert sie. Die beiden anderen Shinobis können sie dennoch hören, aber es ist ihr egal. "Sag mir, was ich tun soll." Itachi sieht sie ausdruckslos an. "Die Lösung ist offensichtlich. Niemand darf reden." Langsam wird sie wütend. "Niemand darf reden? Sie werden reden! Natürlich werden sie das. Deshalb frage ich dich-" "Shisui hat mich gebeten zu übernehmen. Und ich werde da sein, wenn du bereit bist." Sie runzelt die Stirn, frustriert, dass Itachi dieses Rätselraten mit ihr spielt. "Das ist keine Antwort." Der Uchiha löst seinen schmerzenden Blick. Sie schüttelt den Kopf, öffnet den Mund, doch der Moment verstreicht und sie hört Ao etwas rufen.Die beiden feindlichen Länder tauschen eine Schriftrolle aus, nachdem sie sich in der Mitte entgegen getreten sind. Dann wechselt Nagori die Seite, wiederholt. Sie ist zurück in der Mitte ihrer Teamkollegen.
Die Handfesseln hat Itachi ihr abgenommen, doch ihr Herz ist noch immer gefangen.
Eine Hand legt sich zögerlich auf ihre Schultern und früher, davor, wäre sie unter der Berührung zusammengezuckt. Es ist Ren. Sie lächelt ihm kurz zu. Die anderen halten Abstand. Sie kann es ihnen nicht verdenken. Einer nach dem anderen verschwindet als Ao die Führung übernimmt.
Ihre Füße folgen den Schritten der anderen während ihr Zeitgefühl unter dem Schwarz der Nacht erstickt. Ihr Körper nähert sich ihrer Heimat, aber er ist nicht viel mehr als eine Hülle. Wo ist die Hoffnung, wo ist der Wunsch, nach ihrem Bruder zu suchen? Warum schwirren Itachis Worte in ihrem Kopf? Etwas an diesen ist ihr so vertraut, doch es entwischt, wenn sie danach greift und nach einer Weile ist sie zu müde um es zu versuchen.Das Team macht kurz nach Mitternacht Halt. Noch immer folgen sie dem Fluss. Aufwärts, gegen den Strom. Der Wind treibt ihn weiter und so auch ihre Gedanken. Zurück zu Konoha. Zurück zu Shisui. Sie hatte ihn gebeten, die Übergabe nicht zu übernehmen, aber er hatte längst Itachi darum gebeten. Wieso? Wieso sollte Itachi die Übergabe übernehmen? Was hätte passieren können, wäre Shisui dabei gewesen?
Itachis Worte geistern vor ihren Augen. Sie wispert sie in die Nacht herein und als die Wörter beinahe schon in der Dunkelheit verschwinden, begreift sie, was sie bedeuten.
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Seelenheil | Shisui Uchiha - beendet
FanfictionSeit ihre Schwester im Duell gegen Zabuza starb, wandelt Nagori in einer endlosen Ohnmacht. Und erst das Sharingan eines jungen Shinobis aus Konoha scheint dem Himmel seine Farbe zurückgeben geben können. Wäre es nur dabei geblieben.