60;;

945 82 55
                                    

"Hey, Namjoon", ertönte nach einer Weile Jimins zarte Stimme hinter mir. "Das Frühstück ist fertig."

Der Jüngere legte seine Hand auf meine Schulter, weshalb ich den Kopf umwandte und ihn ruhig anblickte. Ich hatte wirklich lange auf den leeren Fleck, den Seokjin hinterlassen hatte, starren müssen, dass meine drei Freunde mittlerweile mit der ganzen Vorbereitung für das Essen fertig waren.

"Danke, Jiminie", antwortete ich ihm mit einem schwachen Lächeln und folgte ihm sogleich in mein Apartment hinein.

Am Tisch saßen bereits Hoseok und Yoongi, die sich an dem Rührei und dem Toast bedienten und ihre Teller beluden. Ohne etwas zu sagen, setzte ich mich mit Jimin zu den beiden.

Während dieser sofort damit begann, es den beiden gleich zu tun, klebte mein Blick auf meinem besten Freund, der sich nicht davon beirren ließ. Erst als er alles, was er haben wollte, auf seinen Teller geladen hatte, schaute er mich eindringlich an.

"Wenn du von mir erwartest, dass ich dir jetzt eine Moralpredigt halten werde", sagte er, "dann irrst du dich."

"Ich erwarte keine Moralpredigt von dir", entgegnete ich. "Die hast du mir vorhin ja schon mehr oder weniger gegeben."

Von Yoongis Wut, als er erfahren hatte, dass Seokjin die Nacht bei mir verbracht hatte, war nichts mehr zu sehen. Anscheinend hatte er seinen Emotionen bereits ausreichend freien Lauf gelassen. Die Ruhe, die er dafür nun ausstrahlte, machte mir aber fast noch mehr Angst.

Während der Dunkelhaarige mich nun schweigend betrachtete, schnappte ich mir ein Toast und häufte ein wenig von dem Rührei daneben. Sonderlich Appetit hatte ich zurzeit nämlich keinen.

"Willst du nicht mehr essen?", hakte Hoseok besorgt nach, weshalb ich ihm nur ein leichtes Lächeln schenkte.

"Gerade nicht."

Er tauschte einen unruhigen Blick mit Jimin aus. Es war mehr als offensichtlich, dass es den beiden unangenehm war, in was für einer Stimmung Yoongi und ich uns befanden. Ich konnte es ihnen nicht verübeln und aus diesem Grund tat es mir nur noch mehr Leid, dass wir das eigentlich gemütlich geplante Frühstück zerstörten.

"Hör mal, Namjoon", sprach mein bester Freund nach einigen Sekunden des peinlichen Schweigens. Ich sah zu ihm und forderte ihn mit einem Nicken dazu auf, weiter zu reden.

"Ich verstehe Seokjin einfach nicht. Er liebt dich, du liebst ihn, und bis diese dämlichen Kussfotos an die Öffentlichkeit gekommen sind, hat es ihn auch noch kein bisschen gestört, dass du ein Kerl bist. Auf eurer Pressekonferenz zu epiphany meinte er sogar, dass es egal wäre, was für ein Geschlechtsteil sein Gegenüber hätte, Hauptsache, man liebe sich. Und genau diesem Prinzip ist er gefolgt - eben bis die ganze Welt davon Bescheid wusste. Und jetzt kommt der Teil, den ich nicht verstehe: Wieso ist es ihm nicht mehr egal, dass du ein Kerl bist? Weil es ein Skandal ist?! Aber euch hätte doch von vornherein klar sein müssen, dass die Möglichkeit besteht, dass eure Beziehung an die Öffentlichkeit kommt. Ihr seid beide prominente Männer und so traurig und bitter das nun klingen mag, es ist schwierig für Menschen wie euch, solch offensichtlichen Geheimnisse für euch zu behalten. Habt ihr euch etwa keine Gedanken darüber gemacht, was für ein Risiko ihr eingeht?"

Ich wollte Yoongi widersprechen und ihm sagen, dass ich mir verdammt viele Gedanken darüber gemacht hätte. Dass ich Tage und Nächte damit verbracht hätte, darüber zu grübeln, was ich in Bezug auf Seokjin und meine Gefühle für ihn am besten tun sollte. Dass ich zu dem Schluss gekommen wäre, dass es mir mittlerweile egal sei, was die Menschen von uns denken würden, würde unsere Beziehung ans Licht kommen. Dass Seokjin für diesen Teil aber noch nicht bereit gewesen wäre und Angst hätte.

𝐂𝐎𝐓𝐓𝐎𝐍 𝐂𝐀𝐍𝐃𝐘 | NAMJINWo Geschichten leben. Entdecke jetzt