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Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war ich mir nicht sicher, ob ich etwas absolut Dummes oder absolut Fantastisches getan hatte.

Natürlich war es fantastisch gewesen, immerhin hatte ich mit dem verdammten Kim Seokjin geschlafen. Andererseits fragte ich mich, ob wir das tatsächlich hätten tun sollen. Ob wir uns wirklich einfach so, ohne die Konsequenzen zu bedenken, unseren Gefühlen hätten hingeben sollen.

Immerhin gehörten wir zu den bekanntesten Männern Südkoreas. Und wir waren beide Männer.

Zwei Männer, zwei bekannte Männer in einem Bett. Wenn das jemals herauskommen sollte, dann ...

Ich wollte mir gar nicht vorstellen, was dann wäre.

Am liebsten würde ich mich jetzt zurück unter die weiche Decke verkriechen, die Augen schließen und sofort wieder einschlafen, da fiel mir auf, dass ich mich alleine in Seokjins Bett befand. Er hatte seinen Platz ungemacht hinterlassen, weshalb ich davon ausging, dass er sich beeilt hatte, um aufzustehen und das zu tun, was er gerade tun musste.

Der restliche Abend, nachdem wir miteinander geschlafen hatten, war merkwürdig gewesen. Seokjin hatte mir eine lockere Jogginghose und ein T-Shirt von ihm geliehen und mir eine Zahnbürste gegeben, und als ich zurückgekommen war, hatte ich mich sogleich ins Bett gelegt, während der Schwarzhaarige noch schnell duschen gewesen war. Wir hatten anschließend nicht mehr viel miteinander geredet, sondern waren auf der Stelle eingeschlafen.

Und jetzt - jetzt wusste ich einfach nicht, was ich tun sollte.

Ich hatte es so sehr gewollt, Seokjin zu küssen und mit ihm zu schlafen, doch mein Verlangen nach ihm war trotz allem nicht gestillt worden. Nein, mein Körper und mein Herz schienen sich dank dieser Nacht nur noch mehr nach ihm zu sehnen.

Es wäre so viel einfacher, wenn ich die Situation hier lediglich als One-Night-Stand abstempeln könnte. Aber das ging nicht.

Scheiße.

Ich setzte mich auf und vergrub mein Gesicht hinter meinen Händen.

Das hier war doch so beschissen. Ich hatte gestern Abend wirklich alles dafür gegeben, mich voll und ganz auf den Moment zu konzentrieren und mich ohne Hintergedanken fallen zu lassen, und dennoch waren einige Zweifel aufgekommen, die jetzt, nach der Nacht, nur noch mehr aufblühten.

Ich wollte Seokjin. Ich wollte ihn nicht nur küssen oder mit ihm schlafen, ich wollte ihn kennen lernen, Zeit mit ihm verbringen, mit ihm lachen, etwas essen gehen, Cocktails trinken. Andererseits wusste ich, dass das nicht ging.

Ich durfte mich nicht noch mehr in das hier reinsteigern als ich es sowieso schon getan hatte. Seokjin und ich waren beide Personen des öffentlichen Lebens, und so viel Positives diese Position mit sich brachte, so war man doch auch in vielerlei Hinsicht eingeschränkt.

Gleichgeschlechtliche Partnerschaften waren in Südkorea immer noch nicht anerkannt. Zwar erhielt man hier, glücklicherweise, nicht wie in ein paar anderen Ländern die Todesstrafe, wenn man mit einer Person gleichen Geschlechtes händchenhaltend durch die Straßen lief, unbedingt zeigen sollte man es dennoch nicht.

Natürlich setzten sich viele Menschen, auch viele bekannte Idols, Models und weitere bekannte Persönlichkeiten, für die LGBTQplus-Szene ein, und auch meine Firma hatte durch die Zusammenarbeit mit solchen Leuten gezeigt, dass wir auf deren Seite standen. Aber bis hier Homosexualität vollkommen akzeptiert werden würde, würde es noch dauern.

Und davor hatte ich Angst.

Ich wollte mich in meinem Leben nicht einschränken lassen, aber die Gesellschaft übte auf den Einzelnen immer Druck aus, egal wie sehr man sich dagegen wehren wollte. Besonders bekannte Personen wie Seokjin und ich es waren, waren davon betroffen.

𝐂𝐎𝐓𝐓𝐎𝐍 𝐂𝐀𝐍𝐃𝐘 | NAMJINWo Geschichten leben. Entdecke jetzt