Es war kurz nach drei als ich wieder in der Bar zurück war. Ich beschloss, mich nicht in meinem Zimmer einzuschließen und in Selbstmitleid zu versinken, sondern die Bar, oder eher den League-Bereich, ein wenig zu erkunden. Dieser Bereich bestand eigentlich nur aus dem Gang und den hundert Türen, und ja, ich hatte gezählt, es waren wirklich hundert. Naja, hunderteins, wenn man die Tür zur Bar mitzählte. Und hinter den verschiedenen Türen war so ziemlich alles, was man sich vorstellen konnte, von der Sauna zum Mini-Dschungel. Im vorderen Bereich waren die Zimmer der League-Mitgliedern. Es waren vielleicht zwanzig von dreißig besetzt, da die meisten immer von Hotel zu Hotel auf der Flucht vor der Polizei flüchteten. Oder auf Missionen oder in ihren eigenen Häusern, was weiß ich. Und einige, die hier in der League ein Zimmer besaßen, waren gar kein Mitglied. Eigentlich war der League-Bereich wie ein riesiges Fünf-Sterne-Hotel für Schurken.
Im hinteren Bereich waren dann jeweils links immer Sport-, Fitness-, Trainings-, Kampf- und Weiterbildungsräume, wie die Bibliothek, das Archiv, Lern- und Studiensäle oder ein Computerraum. Auf der rechten Seite gab es Saunen, ein Schwimmbecken und einen Whirlpool, einen Kinoraum, einen Gaming-Raum, die Lobby, ein kleines Café und einen Kasinoraum mit Roulette-, Blackjack-, und Baccaratischen, einarmigen Banditen und einer abgesonderten Poker-Ecke.
Ich betrat Raum 0.44, den Boxing-Raum und sah mich erstmal um. Der Boden und die Wände waren in schwarz und rot gehalten, links hinten in der Ecke standen ein Ring und ein Käfig, rechts waren mehrere Regale mit verschieden Box-Handschuhen und in der Mitte hingen zehn Boxsäcke in einem Abstand von fünf Metern. Der Raum war groß, keine Frage, aber nicht so groß wie die Sauna oder die Lobby. Es waren nur zwei, drei Leute da, aber denen schenkte ich keine Beachtung.
Zögerlich ging ich aufs Regal zu und sah mir die Handschuhe an. Es gab blaue, rote und schwarze, welche mit Klett und welche zum Schnüren, große und kleine. Ratlos stand ich vor dem Regal und nahm dann einfach ein paar blaue. Sie waren auf jeden Fall schwerer als sie aussahen, aber wahrscheinlich nur weil ich mich mit Boxen nicht auskannte und noch niemals geboxt hatte. Es war mir zwar egal was die anderen dachten, aber dennoch wollte ich mich nicht blamieren.
Ich stellte mich vor einen der äußeren Boxsäcke und lehnte die Stirn gegen den Sandsack. So machen das doch immer die Profi-Boxer in den ganzen Filmen. Unauffällig schaute ich mich aus den Augenwinkeln um und versuchte zu erspähen, was die anderen so machten. Einer machte irgendwelche Übungen am Boden, ein anderer assistierte ihm. Der einzige der am Sandsack boxte, war scheinbar ziemlich vertieft in seine Schläge, also drehte ich meinen Kopf in seine Richtung.
Kurze braune Haare, schwarzes, enganliegendes Langarmtshirt mit V-Ausschnitt, schwarze Jogginghose von Adidas. Er schlug immer wieder verbissen auf den Boxsack ein, der daraufhin weit zurück schwing. Ich wandt meinen Blick wieder meinem eigenem Sandsack zu und stellte mich mit etwas Abstand in Position. Den Blick fest auf das schwarze Leder gerichtet ließ ich meine Faust schnell gegen den Sandsack sausen und erwartete eigentlich, dass dieser weit zurück schwingen würde, so wie bei dem anderen Typen, doch er bewegte sich lediglich ein paar Zentimeter hin und zurück.
,,Häh?" Irritiert sah ich dem Boxsack beim sanften Pendeln zu. Ich hatte so schnell und hart ich konnte dagegen geschlagen, und ich wusste, das ich nicht der Stärkste bin, aber das hatte ich nicht erwartet. Enttäuscht schnürte ich die Handschuhe noch fester und stellte mich wieder in Position. Ich holte aus und schlug mit der Faust und aller Kraft die ich aufbringen konnte gegen den Sandsack und tatsächlich schwang er schon etwas mehr als vorher, aber noch lange nicht so viel wie bei dem anderen.
Ich schaute mich nach ihm um, doch er war nicht mehr an seinem Boxsack. War er etwa gegangen? Wenigstens würde ich mich dann nicht vor so einem Profi blamieren.
,,Du hast die falschen Handschuhe.", sagte da eine sanfte Stimme. Ich dreht mich nach links und stand dem Typen von vorhin gegenüber. ,,Eh?" Er lächelte mich an und seine Augen funkelten. Sie waren gold, aber nicht so wie die von Himiko. Eher wie tiefe goldene Seen, mit grünen Fragmenten um die Pupille. ,,Du schlägst schnell und kurz, da sind leichte Handschuhe besser. Außerdem sind deine zu groß.", erklärte er mir, ,,Komm." Ich folgte ihm zum Regal und er suchte mir ein kleineres, rotes Handschuhpaar raus. Er hielt sie mir hin und ich zog sie schnell an. Sie passten wie angegossen.
Dann ging ich wieder zum Boxsack zurück und der Brünette stellte sich neben mich. Er demonstrierte mir, wie man richtig schlug, und ich versuchte, es ihm so gut es ging nachzumachen. ,,Okay, und jetzt schlag gegen den Sack." Ich hielt mir die Hände vors Gesicht und ließ dann die rechte vorschnellen. Meine Knöchel im Handschuh trafen das Leder und schleuderten es fast einen Meter nach hinten. Erstaunt sah ich auf meine Hände und sprang hastig nach hinten, als der Sandsack wieder zurück kam. Ich lachte auf.
,,Mein erster richtiger Schlag. Wie war er?" Zufrieden sah ich meinen Mentor an. ,,Für deinen ersten Schlag? Echt gut." Er musterte mich von Kopf bis Fuß. ,,Sag mal, wie alt bist du eigentlich? Du wirkst ziemlich jung für ein Mitglied der League." Nervös schaute ich zu Boden. ,,Ich bin fast sechzehn." ,,Also fünfzehn. Noch nicht mal mit der Schule fertig, aber bei einer kriminellen Organisation? Erzähl mal." Neugierig schaute er mich an und ich seufzte. ,,Okay. Wollen wir uns setzen?" ,,Wir können ins League-Café. Ich muss mich nur kurz duschen und umziehen." ,,Okay, also in einer halben Stunde im League-Café?" Er nickte.
Wir zogen uns die Handschuhe aus und legten sie ins Regal zurück, dann machten wir uns auf den Weg in unsere Zimmer. Schnell zog ich mir die Trainingsklamotten vom Körper und sprang unter die kalte Dusche. Zehn Minuten später saß ich mit nassen, immer noch schwarzen Haaren auf meinem Bett und schrieb Himiko, dass ich im Café sein würde. Dann zog ich mir eine Hose und ein weißes T-Shirt an und verließ mein Zimmer. Ich suchte Raum 0.87, das Café, und wartete vor der Tür. Ein paar Minuten später kam auch der Profi-Boxer an. Er trug ein schwarzes Oberteil, eine schwarze Hose und eine weiße Krawatte. Eigentlich genau mein Geschmack, bis auf die weiße Krawatte.
Er lächelte mir freundlich zu und öffnete die Tür für mich. Ich schlüpfte unter seinem Arm durch und schaute mich um. Ich hatte bisher noch keine Gelegenheit gefunden, mich ins Café zu setzten, aber es war echt schön hier. Die Lichter waren etwas gedimmt, die Stühle und Tische waren in einem schwarzen Holz. Ein paar lange Pflanzen standen in weißen, hohen Vasen und ganz hinten war eine kleine Bar. Alles in einem sah es für ein Café echt edel aus und für eine Sekunde fragte ich mich, woher die League nur das Geld hatte. Es wurde mir klar, als mir wieder einfiel, was die League tat.
Mein Mentor lotste mich zu einem Tisch in der Ecke. Er war etwas abgeschieden, da er von langen Blumenkästen umzogen war, aber dennoch hatte man guten Blick auf den Eingang und die Menschen. ,,Also, was willst du? Ich lad dich ein. Wie heißt du überhaupt?",,Izuku Midoriya." Ja, ich benutzte nicht meinen Decknamen. Wieso sollte ich auch? Hier in der League brauchte ich ihn nicht. Ich wartete darauf, dass sich der andere auch vorstellte, aber das schien er nicht vorzuhaben. ,,Dann erzähl mal, Izuku Midoriya. Wie und wieso bist du in der League?"
Soll ich versuchen, einen Grundriss des League-Bereiches und der Bar zu zeichnen? Und, wer könnte wohl Izukus Box-Mentor sein? ;)
Wir haben 100 Votes geknackt!! Danke an alle, die für meine Geschichte gestimmt haben <3(1,4k reads o.O)
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when it's time to decide
FanfictionWenn 80% der Menschen eine Macke haben, und du zu den 20% gehörst, die diese Macke eben nicht haben, dann kannst du einfach kein normales Leben führen. Nicht in einer Welt wie dieser. Diese schmerzhafte Erfahrung muss auch Deku machen, der immer ein...