Freunde der Sonne

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Auf dem Flur der fünften Etage kam mir Kai entgegen. ,,Hey, Izuku.", begrüßte er mich mit funkelnden, gold schimmernden Augen. ,,Kai", lächelte ich, ,,Wie gehts? Wie ist deine Truppe so?" Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. ,,Ganz gut. Das verläuft alles viel stressfreier als ich erwartet hatte. Ich hab einige von den Mädels der U.A. Vielleicht haben deine Jungs sie schon erwähnt. Uraraka, Asui, Yaoyorozu und Jirou." Mein Mundwinkel zuckte verräterisch, als ich an den Tag, an dem ich die halbe Klasse kennengelernt hatte, zurückdachte. ,,Hm, könnte sein, dass jemand einen Namen fallen gelassen hat, bin mir nicht sicher." ,,Hey, wir wollten gleich ein bisschen pokern. Yaoyorozu bringt es uns bei. Hast du Lust, mit deinen Jungs zu kommen? Wäre bestimmt witzig.", fragte Kai mit einem amüsiertem Unterton. ,,Ja klar.", antwortete ich, ,,Könnte wohl ein bisschen die Lage entspannen."

,,Oh, alles in Ordnung bei dir? Gibt es Stress? Brauchst du Hilfe? Du kannst auf mich zählen, egal was ist." Kai zog besorgt seine Augenbrauen zusammen, was mir ein wenig das Gefühl gab, sein kleiner Bruder zu sein. Umkümmert und geliebt. ,,Nein, nein, alles in Ordnung. Sind bestimmt nur ein paar Frustgefühle, die sich beim Zocken legen werden, kein Grund zur Sorge." ,,Na, wenn du meinst. Trotzdem kannst du einfach zu mir kommen, wann immer du willst." ,,Danke Kai. Ist echt lieb von dir." Er grinste schief, was mich zum Lachen brachte. ,,Na gut, ich bringe jetzt die Mädchen zum Essen. Danach im Hotelkasino?" Ich nickte. ,,Bis gleich."

Ich setzte meinen Weg fort und stoppte vorm Zimmer. Als ich endlich die Schlüsselkarte gefunden hatte, stieß ich unbedacht die Tür los und prallte gegen etwas festes. Ein schmerzvoller Aufschrei, der mir durch Mark und Bein fuhr. Nachdem ich ein Todoroki-Knäuel hinter der Tür entdeckt hatte, bemerkte ich auch die anderen Jungs. Sie alle schienen irgendwie nicht mehr gefesselt zu sein und sprangen und kreischten wild im Raum herum. ,,Heilige Mutter Maria, was ist hier los? Seid ihr Tiere oder was?" , brüllte ich und hatte nun die Aufmerksamkeit aller.

,,Huh?" Ich seufzte. ,,Ne ne ne, Freunde der Sonne, das passt mir jetzt aber gar nicht." ,,Freunde der Sonne?", fragte Kirishima. ,,Ja, warum sollten wir mit der Sonne befreundet sein? Das geht doch gar nicht." Kaminari sah mich verwirrt an und ich fragte mich, ob er das ernst meinte oder schauspielerte. ,,Ähm, das ist doch nur eine Redensweise." ,,Aber das ergibt überhaupt keinen Sinn. Niemals wird jemand mit der Sonne befreundet sein." ,,Zudem sie ein Stern ist und keine Emotionen verspüren kann.", ergänzte Iida. ,,Hey.", mischte sich Todoroki ein, ,,Soll das etwa heißen, nur weil man keine Emotionen verspürt, kann man keine Freunde haben?" Die Jungs verfielen in eine angeregte Diskussion über Sonnen und Emotionen, was mich wieder einmal zum Staunen über die Merkwürdigkeit der Jungs brachte.

Ich lachte über einen Witz, zumindest hoffte ich, dass es ein Witz war, von Kaminari, als ich aus den Augenwinkeln eine Bewegung ausnahm. Kacchan stahl sich aus dem Raum und ging auf die Türe zu. Ich beschloss, dass die Jungs zu beschäftigt waren und keine Möglichkeit hatten, zu fliehen und folgte Kacchan. Er ließ die Tür gerade hinter sich zufallen, als ich sie mir schnappte und herausschlüpfte. Sanft schloss ich die Tür, sodass kein Geräusch entstand und beobachtete, wie Kacchan über den Gang lief. Ich folgte ihm und als er an den Aufzügen Halt machte, klopfte ich ihm auf die Schulter, woraufhin er zusammenzuckte.

,,Hältst du es wirklich für klug, in einem von Schurken wimmelnden Hotel aus dem Haupteingang zu fliehen?" Ich wippte auf meinen Fußballen vor und zurück, um meine Nervösität als Neugierde durchgehen zu lassen. ,,Was willst du, Kobold?" ,,Kobold?" Belustigt zog ich eine Augenbraue in die Höhe. ,,Ja, diese Frau hat dich so genannt." ,,Hmm. Leprechaun." Ich nickte. Stimmt ja. ,,Komischer Deckname für einen Bösewicht." Er musterte mich wie eine Karte zum Ausgang. ,,Mh, kann sein. Die anderen haben ihn mir gegeben." Ich trat einen schritt zurück und lächelte angespannt. ,,Willst du wirklich schon gehen? Wir wollten heute Abend noch eine Runde pokern." Kacchans Augen wurden zu schmalen Schlitzen, als er zu mir stürmte und mich am Kragen meines Hemdes packte. Unsere zehn Zentimeter Größenunterschied wurden mir bewusst, als meine Füße langsam vom Boden abhoben.

,,He, he. Ganz langsam mit den jungen Pferden. Hab ich was falsches gesagt? Wenn ja, sorry." ,,Für euch ist das auch alles nur ein gewaltiger Witz, oder?", knurrte er, ohne auf meine Worte einzugehen, ,,Ihr glaubt, ihr könnt mit uns machen, was ihr wollt, aber lass dir das gesagt sein: Ich werde da nicht mitmachen. Ihr glaubt, ihr hättet die Kontrolle? Ich gebe euch höchstens zehn Stunden, dann werdet ihr euch nicht mehr so sicher sein. Ihr seid nur kleine Wichtigtuer, die glauben, sie können eine gesamte Klasse auszubildener Helden plus das angesehenste Hotel der Stadt angreifen, ohne eine Konsequenz daraus zu ziehen." Ich schluckte. Meinte er etwa- nein, das kann nicht sein. Oder? ,,Was? Was meinst du, verdammt?" Er grinste höhnisch. ,,Oh bitte. Streng doch mal deine wenigen Gehirnzellen an, dann wirst du schon merken, dass hier etwas nicht stimmt. Meinst du etwa, dass ein exzellentes Hotel mit fünf Sternen, so leicht zu überfallen ist? Wenn ja, warum haben andere es dann nicht schon vor euch versucht?"

Er hatte Recht. Wir waren davon ausgegangen, dass wir mindestens eine halbe Stunde brauchen würden, um das Hotelpersonal und die Gäste zu überwältigen, doch das haben wir in fünf Minuten geschafft, und die Polizei und Helden waren immer noch nicht aufgetaucht, obwohl es doch sehr unwahrscheinlich scheint, dass der Überfall von der Außenwelt noch nicht bemerkt wurde. Ich schaute so gut es ging auf meine Arbanduhr. Seit fast sieben Stunden war das Hotel schon in unserer Gewalt.

,,Wir sind halt einfach besser als andere. Wenn es dir nichts ausmacht, würdest du mich dann jetzt bitte runter lassen?" Kacchan schien zu überlegen, ich konnte die Zahnräder in seinem Hirn fast routieren sehen. ,,Wie war das nochmal mit pokern?", wechselte er plötzlich das Thema und brachte mich etwas aus dem Konzept. ,,Äh, ja." ,,Hm, ihr seid doch bestimmt nicht solche, die um die Ehre pokern. Um was zockt ihr? Geld?" Fassungslos starrte ich ihn an. Warum redete er jetzt übers zocken? Ich wurde aus dem Kerl einfach nicht schlau.

,,Naja, meistens zocken wir um Geld, aber da ihr nichts habt, wollten wir lediglich zum Spaß spielen. Wieso?" ,,Gut, ich mach mit.", sagte er, ohne auf meine Frage einzugehen, ,,Allerdings unter zwei Bedingungen." Stirnrunzeld sah ich ihn an. ,,Wir werden nicht mehr gefesselt. Im Gegenzug werden wir nicht weglaufen. Und heute beim Pokern, darf jeder einen Wetteinsatz von gleichem Wert bringen, wer nicht mitmacht, ist raus."

Kacchan lies mich runter und lockerte seinen Griff. Genervt stieß ich ihn von mir und strich mein Hemd wieder glatt. Mit der ersten Bedingung war ich einverstanden. Selbst wenn sie glaubten, ohne Fesseln irgendetwas unternehmen zu können, war da immer noch Kaminari, der ein Auge auf die Jungs hatte.

,,Du meinst also, wenn meine Uhr zwölfhundert wert ist, und du etwas besitzt, was den gleichen Wert hat, aber nicht der gleiche Gegenstand ist, werden wir darum zocken?" Ich sah sein Zögern. ,,Ja. Aber es muss nicht unbedingt ein Gegenstand sein." ,,Was soll es denn sonst sein?", fragte ich verwirrt. ,,Wirst du ja sehen. Also, akzeptierst du die Bedingungen oder soll ich dir hier auf dem Flur mal meine Spezialität vorführen?" Meine Miene wurde neutral und versteckte jede Emotion. Er hatte etwas vor, das war mir klar, doch egal, was er plante, ich würde seine Pläne durchkreuzen und gewinnen.

,,Wag es nicht, mir zu drohen, verstanden? Von mir aus, mach was du willst." Ein zufriedenes Grinsen stahl sich auf sein Gesicht. ,,Gut." ,,Fein." ,,Schön." ,,Ja." ,,Ausgezeichnet." ,,Okay, reicht jetzt. Ab ins Zimmer, wir holen die anderen und gehen essen."

when it's time to decideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt