11 » "Ein bisschen näher"

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Die Sonnenstrahlen blendete mich, als ich auf der Couch lag und über das gestrige Essen mit Jade und Mason nachdachte. Zuerst hatte mich es mich verwirrt, wieso Mason noch draußen war und Alex ihm extra nachlaufen musste. Nachdem mit ihm wieder gekehrt war, wirkte Jade mehr als nur bedrückt, obwohl sie es mit übertriebenen Grinsebacken versuchte zu kaschieren. Alex wirkte zudem noch so, als wüsste er was wirklich abging, während ich im Dunkeln blieb. Ich nahm es ihnen nicht übel — ich war eine Fremde für sie und ihr Privatleben ging mich nichts an. Bei der Hauptspeise hatte sich zum Glück wieder alles umgedreht. Ich hätte wirklich nicht gewusst, was ich hätte tun sollen, wenn die Situation auf der Stelle eskaliert wäre.

Alex war am frühen Morgen ins Casino aufgebrochen und mir im Halbschlaf erklärte, dass es sich um weitere Verträge und Käufe handelte, was für mich einfach so viel hieß, dass es super wichtig war. Ich hatte den ganzen Tag also für mich und entschied mich nach langem Zögern dazu Charly einzuladen. Seitdem Alex mich an meiner alten Wohnung abgeholt und ich sie damit vorerst meiner Schwester überlassen hatte, hatte ich sie nicht mehr gesehen. Wir hatten ein paar Mal kurz geschrieben, aber nichts weltbewegendes.

Ich hatte gezögert sie einzuladen. Mein einjähriges Leben hier war anders und es fühlte sich an, als ob mein altes Leben nur für eine Weile zurückließ. Irgendwann würde ich wieder zurückkehren. Charly war ein Teil von diesem Leben. Sie nun zu Alexs Anwesen einzuladen fühlte sich an, als ob ich meine beiden Welten mischte. Schließlich entschloss mich doch dafür, denn ich war mir sicher, dass ich kein Jahr ohne sie auskommen würde.

Gerade, als ich mich fertig angezogen hatte, hörte ich es klingeln. Schnell huschte ich zur Anlage und öffnete ihr das Tor, damit sie das Grundstück betreten konnte. »Ich hätte dich auch abholen kommen können«, rief ich ihr entgegen, als sie über die Auffahrt lief. Strahlend grinste sie mich an und kam dann so plötzlich auf mich zu gerannt, dass ich ein Quicken von mir gab.

»Schon okay, Jul. So teuer war das Taxi gar nicht. Außerdem habe ich jetzt einen Job und kann es mir leisten.«, sagte sie voller Stolz und schloss mich in eine enge Umarmung, die mich erst realisieren ließ, wie sehr ich sie vermisst hatte. Ich ging ein paar Schritte zurück, um sie ins Haus zu lassen.

»Ach du heilige Scheiße...«

Wie gebahnt sah sie sich im Haus um, als sie durch die Küche und das Wohnzimmer schritt. Von dort hatte sie eine perfekte Aussicht zum gepflegten Garten mitsamt dem Pool, der Erinnerungen in mir weckte, und dem besten Blick über die Stadt. »So groß ist es ja gar nicht, aber—«

»Aber die Sicht ist unbezahlbar, nicht wahr?«, schmunzelte ich und drehte mich weg, um es mir auf der Couch bequem zu machen.

»Ich kann es immer noch nicht glauben...«, sagte sie mit ihrem Blick weiterhin auf die Stadt fixiert.

»Was?«

»Dass du wirklich bei ihm wohnst, so ohne Widerrede und ihr versteht euch sogar noch gut«, meinte Charly und streifte ihre Jacke ab. »Wie kann das möglich sein? Habt ihr etwa sowas wie Natalie Portman und Ashton Kutscher? So eine Freundschaft Plus? Mit Sex—«

»Charly!«, stieß ich empört und genervt aus, als ich hörte, was meine kleine Schwester von mir behauptet, »Natürlich haben wir keinen Sex. Männer und Frauen können auch nur Freunde sein, ohne miteinander in die Kissen zu springen. Wir haben diesen Deal, und wenn ich dich erinnern darf wegen dir, und das war's.«

Ich stand auf und ging in die Küche, wo ich den kleinen, netten Sekt für uns holte, den ich extra besorgt hatte. »Bist du sicher, dass du mir da nichts verschweigst? Ich meine, du kennst seinen Bruder und seine Schwägerin. Das... ist wirklich viel. Mehr als über Roberts Familie wusste.«

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