Kapitel 12: Nacht

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Ein kleiner Schrei entfuhr mir, als mir jemand die Hand vor den Mund hielt. Dieser Schrei hielt allerdings nur so lange, bis ich erkannte wer dort vor mir stand.
Ich brachte kein Wort heraus.

Er hielt sich den Finger vor den Mund um mir zu deuten ruhig zu bleiben und als ich nickte, nahm er die Hand aus meinem Gesicht.
Ich versuchte mich zu beruhigen, doch es funktionierte nicht. Nicht einmal ansatzweise.

„W-was m-ma-machst du h-hier?", stotterte ich, meine Lippen begangen bereits erneut zu zittern, „U-und wie k-k-kommst du hier re-rein?"
Sein Blick wanderte zum Fenster, was Erklärung genug war. Ich hatte es auf Kipp und mein Fenster war fast auf Bodenhöhe. Es war so warm, dass ich es die Nacht über offen lassen wollte. Ich tat das des Öfteren und normalerweise bestand dabei auch absolut keine Gefahr. Es ist immer ruhig in unserer Gegend. Kaum einer verirrte sich hier her, geschweige denn, brach in irgendwelche Häuser ein. In dieser Nacht sollte sich meine Ansicht hinsichtlich dieses Themas ändern, denn nun stand Sheru in meinem Zimmer.

„Warum bist du hier?", fragte ich nun etwas sicherer.
Einerseits mochte ich es zwar, dass er wenig redete. Er war eine angenehme Gesellschaft. Anderseits jedoch wollte ich nichts mehr als Antworten.
Erneut kam mir der Gedanke in den Sinn, dass ich mir das alles bloß einbildete. Vielleicht träumte ich immer noch.
Ich kniff mir in den Unterarm, doch nichts änderte sich.
Vielleicht waren die Träume auch völlig unbedeutend und er ist jetzt hier, um mich umzubringen...

Als ich mich erneut kneifen wollte, um wirklich sicher zu gehen, griff er nach meiner Hand, was einen Blitz nach dem nächsten durch meinen Körper schickte und schließlich sprach er: „Du träumst nicht."

Er weiss es! Oh mein Gott, er weiß von den Träumen!
Obwohl... vielleicht konnte er auch einfach eins und eins zusammenzählen und an meinem Verhalten ablesen, was in mir vorging. Normal war es schließlich absolut nicht, dass eine mir so fremde und gleichzeitig so vertraute Person nachts auf einmal in meinem Zimmer stand, ohne jegliche Vorwarnung. 

„Weißt du davon?", fragte ich vorsichtig. Wenn er Bescheid wusste, dann würde er wissen, was ich meinte.
Es dauerte einen kleinen Moment, bis...: „Natürlich."
Ich fühlte mich, als hätte einer der Blitze, die von ihm ausgingen, mich in diesem Augenblick erschlagen. Als hätte dieser mein Herz für einen kurzen Moment aussetzen lassen.

Er schien meine Reaktion zu bemerken, denn seine Lippen verzogen sich zu einem siegessicheren Lächeln.
„Gefällt es dir?", fragte er, das Lächeln blieb.
„Irgendwie schon.", gab ich zu, ohne überhaupt darüber nachgedacht zu haben. Es war immer noch seltsam. Als könnte er mich kontrollieren. Nicht was ich tat, sondern wie ich es tat.
Ohne auch nur eine Sekunde zu vergeuden beugte er sich zu mir herunter. Er stand immer noch vor mir, während ich auf dem Bett saß und somit die ganze Zeit zu ihm herauf sehen musste.
Er kam mir immer näher und es ging alles so schnell. Beinahe so schnell, wie mein Herzschlag.

„Wir sehen uns im Traum.", hauchte er in mein Ohr und verschwand.

In dieser Nacht war nicht mehr an Schlaf zu denken. Zu groß war die Aufregung und die immer noch bestehenden Fragen in meinem Kopf, welche in dieser Nacht bloß noch mehr wurden.

Sheru || Wenn sich Wirklichkeit mit Traum vermischtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt