Kapitel 27

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Vanessa

Warum hatte ich das gerade getan? Er hatte sich doch so gut angefühlt. Ich wollte es doch auch. Die ganze Woche hatte ich mich nach ihm gesehnt. Viel zu traurig war ich darüber, dass er sich mit Michelle traf. Und nun? Als er sich zu mir beugte, um mich zu küssen, stieg Panik in mir auf. Das sollte alles nicht so laufen. Er hatte mich völlig unter Kontrolle, dass ich Angst bekam. Wie ich jedoch den verletzen Ausdruck in seinen Augen gesehen hatte, wollte ich meine Reaktion zurück nehmen. Was stimmte bloß nicht mit mir? Jetzt sah ich ihm zu, wie er sich immer weiter von mir entfernte. Oh Gott, ich fasste mir wie ferngesteuert an den Hals, wo sich ein dicker fetter Kloß gebildet hatte. Ich sollte ihm hinterher laufen, ihm alles erklären, doch ich rührte mich nicht von der Stelle. Meine Beine fühlten sich so wackelig an, dass ich mich vor einem einzigen Schritt fürchtete.

„Wow, was war das denn?" Lisa bewegte sich auf mich zu. Doch ich hatte nur Augen für Niklas, der jetzt auf den Ausgang zusteuerte.

„Vani, was ist mit dir?" Ich konnte es nicht verhindern, dass mir Tränen in die Augen stiegen. Ich bekam auch wirklich gar nichts hin.

„Vanessa?" Lisa packte mich an den Schultern und drehte mich um.

Bei ihrer plötzlichen Berührung zuckte ich zusammen. Erschrocken schaute ich sie an. Was hatte ich nur angerichtet?

„Wer war dieser Kerl?" sie sah mich besorgt an.

„Niklas" Meine Stimme war so leise, dass sie sich vorbeugen musste.

„Etwa Joints Niklas?" Ungläubig riss sie die Augen auf. „Was ist mit ihm geschehen?"

Ich gab ihr keine Antwort darauf. Ich wusste es selbst nicht.

„Läuft da etwa was zwischen euch?"                                              

Wenn es so gewesen wäre, hätte ich es mit meiner Aktion gerade eben zerstört. Oh Gott, wie blöd musste er sich jetzt wohl vorkommen. Ich hatte ihm doch deutliche Signale gegeben, dass ich ihn ebenso wollte, und dann machte ich einen Rückzieher. Frustriert schlug ich mir beide Hände vors Gesicht.

„Komm her, Süße." Lisa schlang einen Arm um mich. Wie sehr ich sie vermisst hatte. Seit sie nicht mehr hier lebte, hatte ich das Gefühl, dass mir mein eigenes Leben immer mehr entglitt.

Ich konnte nicht verhindern, dass mir ganz flau im Magen wurde, also bat ich Lisa mit an die frische Luft zu gehen. Das war jedoch keine gute Idee. Als wir im Hof ankamen, konnte ich Niklas und Luis einige Meter weiter weg, diskutieren hören. Sie hatten uns noch nicht bemerkt.

„Willst du mich verarschen? Sie ist seine kleine Schwester!" Luis wirkte ziemlich aufgebracht. Niklas stand mit dem Rücken zu mir, daher konnte ich sein Gesicht nicht sehen. Doch bei den Worten versteifte er sich sofort.

„Ich weiß, Mann."

„Warum bleibst du dann nicht auf Abstand!" Luis fuhr sich angestrengt durch seine Haare.

„Ich habe es ja versucht." Niks Stimme wirkte jetzt mehr verärgert.

„Dann streng dich mehr an!" Ich sollte nicht lauschen. Doch ich konnte mich auch nicht abwenden.

„Spätestens nach heute Abend, weiß ich, dass es falsch war. Das brauchst du mir nicht noch zu sagen." Bei seinen Worten wurde mir ganz anders. Wie gerne würde ich ihm sagen, dass ich es doch auch wollte. Aber er würde mir wahrscheinlich nicht glauben.

Plötzlich versperrte mir eine breite Brust die Sicht auf ihn.

„Hey, Süße." Der Typ vor mir, sah mich aus glasigen Augen an. Ich hatte absolut keine Lust mich mit ihm zu unterhalten. Ich machte es ihm deutlich, als ich einen Schritt zur Seite trat, weg von ihm. Mein Blick fiel dabei auf Niklas, der mich jetzt beobachtete. Ich musste bei seinen dunklen Augen schlucken. Ich sollte zu ihm gehen, meine Abweisung erklären, da kam mir der Typ zuvor.

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