Kapitel 5

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Die Ausbildung war anstrengend und mühselig. Andauernd das gleiche. Andauernd eine Verbesserung und der Anspruch an Perfektion. Nach Wochen der Arbeit und des Trainierens war es nun Zeit für die zweite Prüfung. Marogh begleitete mich vor die hohen Mauern der Zitadelle wo mich ein großer knöcherner Drache erwartete.
„Er wird dich im Norden absetzen, von da an bist du auf dich allein gestellt. Wenn du binnen 5 Tagen nicht wieder hier bist..." er beendete seinen Satz nicht, aber das brauchte er auch nicht, denn ich verstand was er meinte. Ich nickte und stieg auf den Sattel des Drachen. Wie dieser es vermochte zu fliegen, ist und bleibt ein Rätsel.
Lange flogen wir durch den eisigen Wind und ich zitterte am ganzen Leib. Die Kälte machte mir von da zu Tag weniger aus, aber hier oben über den Wolken, war es nochmal etwas ganz anderes.
Am Abend erreichten wir unser Ziel. Besser gesagt mein Ziel. Der Drache landete und ich stieg ab. Ich hatte nichts dabei außer was ich am Körper trug. Was angesichts der Witterung und der Wildnis hier oben, geradezu lachhaft war. Alles was ich dabei hatte waren: Meine Rüstung und ein kurzes Messer. Das wars. Der Rest wohnt in mir. So hatte es mein Mentor gesagt. Ironisch lachte ich, als ich in den Schneesturm blickte und mir schleierhaft wurde, wie ich es zu Fuß durch dieses Land schaffen sollte. Noch dazu kam die Gefahr eines Angriffs.
Der Drache erhob sich und flog davon. Ich sah ihm kurz nach und beschloss, dass es ratsam wäre einen Unterschlupf zu suchen. Durch die Macht der Lichkönigs war mein Körper zwar widerstandsfähiger, aber das machte mich ja noch lange nicht unbesiegbar. Man soll es nicht meinen, aber auch ich hätte erfrieren können. Was äußert paradox gewesen wäre, da meine Aura so kalt war, dass selbst das Wasser unter meinen Füßen gefror und ich darüber laufen konnte. Ich schüttelte grinsend den Kopf bei dem Gedanken daran.
Ich lief also orientierungslos durch den Schnee und hoffte eine Höhle oder etwas dergleichen zu finden. Schnee wehte mir ins Gesicht und verfing sich in meinen Haaren. Meine Füße spürte ich schon seit einer Weile nicht mehr. Mürrisch lief ich aber dann auf etwas Dunkles zu. Es sah durch die Dunkelheit und den weißen Schleier des Schnees fast aus wie ein Hügel.
Ich kniff meine Augen zusammen und versuchte besser zu erkennen, ob ich mich da wirklich einem Hügel näherte oder doch wohl einem wilden Tier.
Bei meinem Glück war es natürlich ein Tier und als ob mich das Schicksal verspottete, fing eben jener Hügel plötzlich an sich bewegen. „Verdammte..." weiter kam ich nicht, denn da schauten mich auch schon zwei eisige Augen eines Frostwurms an. Ich wollte nach meinem Schwert greife, stockte aber in der halben Bewegung und mir wurde bewusst, dass ich nichts anderes zur Wehr zu setzen hatte, als dieses mickrige Messer und die Macht, die ich gerade erst zu benutzen verstand. Der Wurm war äußerst unglücklich darüber, dass ich ihn gestört hatte.
Ich gab Fersengeld. So schnell ich durch den hohen Schnee laufen konnte. Als mir langsam der Atem ausging und das Knurren des hungrigen Frostwurms hinter mir immer lauter wurde, blieb ich keuchend stehen und sah der Kreatur ins Gesicht.
„Na schön, dann wollen wir mal" grinste ich und hatte schon mit meinem zweiten Tod abgeschlossen.
Der Wurm verharrte plötzlich und krächzte laut. Es hatten sich große Eiszapfen um ihn gebildet die ihn gefangen hielten, doch da mein Gegner fast nur aus Muskeln bestand war es nur eine Frage der Zeit, ehe er sich befreite. Ich hörte das Eis bereits knacken.
Konzentriert stand ich da und überflog die Ebene um mich herum, streckte meine Arme aus und mehrere grüne Blitze zuckten aus meinen Händen und schlugen an sechs verschiedenen Stellen in den Boden. An jenen Stellen brach das Eis und es reckten sich untote Arme und Beine aus dem gefrorenen Boden. Meine Diener krabbelten aus ihrem Grab und gehorchtem meinem Willen. Es handelte sich dabei um eine Beschwörung. Es war natürlich einfacher auf einem Friedhof zu stehen und die Toten vor Ort zu befehlen. Jedoch mitten im nichts, lagen ja nicht mal zufällig sechs Leichen unter der Erde. Wie ein Hexenmeister seine Dämonen beschwor, tat ich es mit Untoten. Makaber, aber es rettete wohl mein Leben.
Die Untoten liefen auf den Wurm zu und griffen ihn an. Ich konzentrierte mich jedoch auf das etwas anderes. Mein Messer gezückt ging ich auf den sich windenden Wurm zu und bevor ich ihn erreichte, bemerkte ich bereits die Auswirkungen dessen was ich bewirkt hatte. Der Frostwurm wurde von innen zerfressen. Die Seuche, die ich verursacht hatte, brachte ihn innerhalb weniger Minuten zu Fall. Maden hatten sich durch verursachten Wunden meiner Diener, in den Gegner gefressen. Der verseuchte Boden, auf dem ich stand, hatte die Krankheit lediglich beschleunigt. Genau wie ich es gelernt hatte. Ich kam nicht umhin zu bemerken, dass ich zufrieden war.
Bei dem Anblick des toten Tieres und den Maden, die sich schnell durch dessen Körper fraßen, musste ich kurz an Kannibalismus denken und wendet meinen Blick ab.
Die Untoten, die ich rief, fielen machtlos zu Boden als ich es wünschte.

Mittlerweile war es tiefschwarze Nacht und ich wanderte immer noch durch die eisige Landschaft. Müde setze ich einen Fuß vor den anderen und dachte schon daran im Schnee schlafen zu müssen. Aber anscheinend blieb mir dies Schicksal erspart, denn unweit in der Ferne erkannte ich eine Fackel und ein paar kantige Umrisse im Schein dieser. Der Schnee reflektierte so stark, dass es doch nicht so wirklich dunkel war.
Als ich mich dem Licht näherte, erkannte ich das es sich dabei um ein Feuer handelte und ein paar Holzhütten ringsum. Ich blieb stehen und überlegte.
Wer wohnt denn hier draußen? Die werden garantiert nicht auf seitens des Lichkönigs stehen, was unweigerlich bedeutete, dass... Ich verdrehte meine Augen. Langsam näherte ich mich den drei Hütten, die am Hang eines Berges gebaut waren. Allmählich erkennte ich einige große Felsen im Hintergrund, die garantiert gut Wind und Wetter so weit es ging abhielten. Ich schloss aus meiner Beobachtung, dass dort jemand schon was länger wohnte und es sich nicht um eine Jagdhütte oder dergleichen handelte.
Ich versteckte mich hinter einem dieser Felsen und das gerade noch rechtzeitig, denn schon öffnete sich knarzend eine der Türen und ein großer, kräftiger Mann kam hinaus. Er schaute sich um und warf einen neuen Scheit Holz ins Feuer. Gerade wollte er sich wieder umdrehen, da erkannte ich meine Chance. Mit einer packenden Bewegung meiner Hand, schoss ein Strahl auf den Mann zu und hob ihn am Hals gepackt leicht an. Ich sprang aus meinem Versteck mit dem Messer im Anschlag und ging auf den Mann zu, der röchelnd vor mir schwebte. Er brachte keinen Laut raus. Ich senkte meine Hand und zwang ihn auf seine Knie. Ehrfürchtig sah er mich an und ich erkannte Panik in seinem Blick.
Bevor ich hinter ihn trat, schaute ich mich nochmal gründlich um, dann lies meine Hand locker und ich legte die kalte Klinge an seinen Hals. Als er wieder langsam Luft bekam, flüsterte ich gleichzeitig: "Kein Wort." Und um meine Drohung zu untermauern, drückte ich das Messer in die Haut des Mannes, sodass ein Tropfen Blut herunter rann. Er nickte so leicht es ging.
„Bist du allein?" Fragte ich in dem Wissen, das er es garantiert nicht war.
„J-Ja." Brachte der Mensch hervor. „Das glaube ich dir nicht" stellte ich finster fest und verlieh meiner Hand noch mehr Druck.
„Bitte, ich habe meine Familie da drin" bettelte er.
„Selbst schuld, wenn du sie hierhin mitnimmst. Das ist schließlich nicht der idyllische Wald von Elwynn." Er schluckte und brachte kein Wort mehr heraus.
Ich zuckte, als ich ein Rufen von innerhalb des Hauses hörte „Gregor? Ist alles in Ordnung? Los komm wieder rein". Es war eine weibliche Stimme. Ich tippte auf seine Frau.
„Schade um euch" meinte ich Schulterzuckend als ich ihm ohne zu zögern die Kehle durchschnitt. Er sank geräuschlos in den weichen Schnee, der sich augenblicklich rot färbte. Mit dem Blut an den Händen schritt ich zur Tür und klopfte. Man musste ja nicht direkt hineinstürmen.
Die Frau öffnete die Tür und ihr freudiges Lächeln wich ihr schneller aus dem Gesicht als der Blinzel-Zauber eines Magiers. Sofort wollte sie die Tür wieder schließen, doch zu spät. Mit einer eiskalten Miene stand ich bereits in der Tür und kam auf sie zu.
Die Frau wich ängstlich zurück und griff hektisch zu einem Dolch, der auf dem Tisch lag. „Was willst du? Lass uns in Ruhe! Wo ist mein Mann?" sprudelte es aus ihr raus. Genervt verdrehte ich die Augen.
„Zunächst einmal, ich brauche eine Unterkunft für die Nacht und ich teile nicht gerne. Und dein Mann liegt draußen im Schnee, er sah nicht so gut aus da habe ich ihm empfohlen sich etwas auszuruhen." Diabolisch grinsend schritt ich gefährlich langsam auf sie zu. Etwas in mir wollte ihr eine Chance geben.
Erst jetzt schien sie meine blutigen Hände und die Klinge in einer, zu bemerken.
„Du Monster" fauchte sie. „Autsch, wie unfreundlich" lachte ich süffisant.
Von der Wut über ihren verlorenen Mann gepackt, rannte sie auf mich zu, den Dolch erhoben. Ohne weiteres hielt ich ihre Unterarme fest und sie konnte sich nicht mehr rühren. Ernst sah ich ihr in die Augen, doch sie hielt meinem Blick nicht stand und sah kurz zu einer weiteren Tür. Ich folgte ihrem Blick und erinnerte mich, dass wohl noch wer in diesem Haus war. Ruckartig stieß ich sie von mir weg und sie landete hart auf dem Boden, schlug mit dem Kopf auf und blieb benommen liegen.
Ich war derweil auf die Tür zugeschritten und drückte langsam die Klinke herunter. In dem Raum brannte ein kleines Feuer im Kamin und in dem viel zu großen Bett lag, unter einer dicken Decke versteckt ein junges Mädchen. Nur ihre erschrockenen Augen blickten über den Rand der Decke hinaus. Hätte ich ein Gewissen gehabt oder auch den Hauch von Mitleid, hätte ich es wahrscheinlich nicht getan. Aber das war nicht der Fall. Und so schritt ich langsam auf das Kind zu.
Sie machte sich, wenn möglich noch kleiner und starrte mich aus kleinen braunen Augen an.
„Bist du der Tod?" fragte sie schüchtern und ich grinste böse. „Ja" war meine Antwort. Ich lies meine Kraft freien Lauf und es wurde schlagartig dunkel im Zimmer. Ein eiskalter Luftzug fegte durchs Zimmer und löschte augenblicklich das Feuer und der Boden gefror. Das Mädchen schlüpfte unter der Decke hervor und rannte in eine Ecke und hockte sich dort hin. Ich sah wie ihr junger Körper zitterte und bebte vor Angst. Als ich weiter auf sie zu ging, rief ihre Mutter, die offenbar wieder wach war hinter mir:" Fass sie nicht an du Scheusal!". Unbeeindruckt drehte ich mich um und spürte sogleich den Dolch in meiner Brust stecken. Er hatte mein Herz knapp verfehlt. Blut tropfte auf den kalten Boden und gefror sofort. Geschockt von meiner Reaktion, nämlich keiner, wich sie einige Schritte zurück. Gelassen aber dennoch mit einem zerknirschten Gesicht, zog ich den Dolch langsam heraus.
Fassungslos sah sie mit an wie ich ihn achtlos falle lies und stattdessen meine Hand nach ihr ausstreckte. Eine fremde Macht packte sie und riss sie zu mir. Eine kalte Wut erfüllte mich und ich erwürgte die Mutter einhändig vor den Augen ihrer Tochter. Als ich ihren leblosen Körper, mit vor Schreck geweiteten Augen fallen ließ, drehte ich mich zum Mädchen um. Der kleine Aufschrei ihrerseits ließ mich unberührt und als hätte ich alle Zeit der Welt näherte ich mich ihr. Ängstlich drückte sie sie gegen die Wand, als könnte sie von ihr aufgenommen werden und verschwinden. Herzlos blickte ich auf sie hinab und überlegte mir noch welchen Tod ich ihr bescheren wollte.
Ohne bewusst darüber nachzudenken packte ich sie mit einer Hand am Arm und mit der anderen berührte ich mit zwei Fingern ihre Stirn. Einen Augenblick später hatte sie der Lebenshauch verlassen, ihr Körper war binnen von Sekunden erfroren und sie sank zu Boden. Ich nahm sie hoch und legte sie zu dem Vater draußen vor die Tür. Auch die Mutter schliff ich zum Rest der Familie.
Ihre Körper zu verbrennen würde wilde Tiere anlocken und ich hatte absolut keine Lust auf noch seine Begegnung wie heute.
Ich schloss die Tür hinter mir und entfachte das Feuer neu, legte ein großes Fell davor aus und legte mich erschöpft nieder. Schnell fiel ich in einen traumlosen, viel zu kurzen Schlaf.

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PS: So ein Messer wie oben abgebildet^^

Frostgarm hungertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt