꧁Adrien꧂

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Eine Woche später, nachdem ich endlich aus der Krankensation des Anwesens entlassen werden konnte, ging die Suche nach dem verlorenen Jungen los. Obwohl ich an das Krankenbett gefesselt war, hatte ich die ganze Zeit gearbeitet. Ich hatte ein Phantombild erstellt, welches dem Kind wie aus dem Gesicht geschnitten ähnlich war. Ich wollte es nicht vor allen zugeben, aber ich war stolz auf mich selbst. Auch hatte ich den gesamten Plan alleine geschmiedet. Kim und mein Vater wollten mir zwar helfen, jedoch lehnte ich ab. Als sie mich verwundert fragten warum, fing ich an zu grinsen und ging einfach, ohne eine Antwort oder ähnliches zu geben. Von Kim wollte ich die Hilfe nicht, da er am Anfang auch keine Hilfe sein wollte. Vaters Hilfe war nicht mehr notwendig, da er mir diese gab, als er mir die ganzen Truppen zuschrieb. Ich hatte auch gestern eine Durchsage durch Paris gesprochen. Währenddessen verteilten die Soldaten das Bild in der Stadt rum. Der Junge sollte an den Ort kommen, wo ich ihn zuletzt gesehen hatte: An dem Haus von Marinette Dupain-Cheng.

Mit zwei weiteren Soldaten schlenderte ich durch die Straßen der Stadt, auf direkten Wege zu der alten Bäckerei. Ich war optimistisch, dass das Kind bereits dort war. Ich konnte nicht genau sagen warum, doch ich spürte es irgendwie. Der kleine Junge hatte nichts mehr, da sich seine kleine Schwester für ihn geopfert hatte. Er war einsam, verloren in den weiten Straßen von Paris. Er konnte sich denken, dass wir ihn irgendwann finden würden. Was blieb ihm also für eine andere Wahl?
Die meisten Menschen auf der Straße wichen uns aus, als sie uns sahen. Einige wenige stellten sich uns in den Weg,weigerten sich, uns den Platz frei zu machen. In solchen Momenten zeigte ich den Soldaten durch eine Handbewegung, dass sie dieses Hindernis beseitigen sollten. Was taten diese wenigen Opfer, wenn ich die Möglichkeit habe, die kompletten Rebellen zu eliminieren, inklusive der lästigen Ladybug? Außerdem waren es sowieso nur unbedeutende Namen. Niemand wird sich an diese Menschen mehr erinnern, wenn die nahen Verwandten verstorben sind.

,,Agreste, das Haus von Ladybug ist in Sicht", ein Soldat kam auf mich zu, in seinen Händen hielt er sein großes Gewehr. ,,Allerdings sind ein paar Passant3en davor unf weigern sich den Weg für Sie frei zu machen."
Ich drängelte mich an den jungen Mann vorbei und sah mir zu Situation selbst an. Tatsächlich hatten sich einige Bewohner vor der ehemaligen Bäckerei versammelt. Wie eine Mauer standen sie vor der Tür und den Schaufenster. Der Junge ist also gekommen, nun versteckt dieser Abschaum das Kind vor mir.
Rasch zählte ich die Personen. Es waren ungefähr 20 Stück, mehr alte Leute als junge. Ich rief den anderen Soldaten noch zu mir und sah beide eindringlich an.

,,Eliminiert sie. Alle, bis auf das Kind. Wenn einer von euch das Kind ermordet, wird derjenige einen nicht so gnädigen Tod bekommen." Zuerst sahen sich die beiden Männer verwirrt und geschockt an, nach einigen Sekunden jedoch nickten sie gehorsam, entsicherten ihre Waffe und gingen auf die Menschen zu. Von der Ferne beobachtete ich, wie die Menschen erst mutig, doch dann ängstlich davonliefen. Für sie gab es aber kein entkommen. Als die Schüsse ertönten, fiel einer nach dem anderen zu Boden. Sie schrien, bettelten um ihr Leben. Es war so befriedigend zu sehen, wie alle binnen weniger Minuten am Boden lagen. Nur ein einziger war noch übrig, kauerte an der Wand und weinte laut. Der kleine Junge!

Ich stampfte durch den roten Boden, Blut blieb an meinen schwarzen Schuhen kleben und hinterließen gefährliche Abdrücke. Die zwei Soldaten machten mir den Weg frei, indem sie die toten Körper aus dem Weg schafften. Sie mussten mir nichts sagen. Sie wussten, wie das Kind aussah, daher ließen sie ihn auch in Ruhe. Er gehörte mir, nur mir alleine.
Er weinte noch immer, sein Gesicht war gerötet und seine Augen waren geschwollen.
,,Da sieht man sich wieder, kleiner Mann", flüsterte ich und strich ihm behutsam über die Wange. Er hörte auf zu weinen, sah mich mit seinen strahlend grünen Augen an.
,,Endlich habe ich dich gefunden."

Ich nahm das Kind mit zum Anwesen, brachte es in die Krankenstation. Er war müde, war abgemagert und hatte viele kleine Wunden an seinem Körper. Er sollte bei der besten Verfassung sein, wenn ich später mit ihm redete. Obwohl ich vermutete, dass es schwierig werden wird, aus diesem Jungen irgendetwas herauszubekommen. Er sprach kein einziges Wort, reagierte zum Teil gar nicht, wenn man ihn direkt ansprach. Daher hoffte ich, dass er zutraulicher wurde, wenn man sich um ihn kümmerte und ihm alles gab, was er brauchte.
Ich wartete darauf, endlich mit ihn sprechen zu können, als plötzlich Kims Freundin zu mir kam. Sie sah mich ernst an. Verwundert musterte ich die junge Frau, als sie sich vor mich stellte, mit einem Klemmbrett in der Hand. Ich wusste nicht, wie ihr Name war. Allerdings war ich mir nicht sicher, ob er sie mir überhaupt vorgestellt hatte.

,,Ich dachte, Sie arbeiten in den Laboren", fing ich an, doch sie erklärte mir, dass sie davor als Ärztin tätig war, bevor sie sich der Wissenschaft zugewendet hat. Außerdem wollte der kleine Junge sonst niemanden an sich ran lassen.
,,Ich habe etwas gefunden bei dem Jungen. Sie sollten sich das ansehen, Monsieur", neugierig stand ich auf und folgte ihr zu den Raum, wo das Kind lag. Sie hielt mir die Tür offen, verschloss sie und tippte schnell etwas in ihren Computer. Nur wenige Augenblicke später erstrahlte auf dem großen Display ein Bild des Gehirns. Nur ein paar Meter weiter lag der Junge, schlief tief und fest.

,,Ich habe einen kompletten Körper-Check gemacht. Ihm geht es super, es sind wirklich nur die äußerlichen Wunden. Ich habe allerdings einen MRT durchgeführt, da ich gucken wollte, ob das Gehirn in irgendeiner Weise beschädigt ist, da er gar nichts sagt", sie scrollte durch die vielen Bilder des MRT's, als sie bei einem hängen blieb. Sie vergrößerte das Bild um das zehnfache und ließ mich vortreten. Sie zeigte auf einen Punkt, wo ein dunkles Rechteck zu erkennen war. Fragend zog ich eine Braue hoch.

,,Was ist das? Sieht aus wie ein Chip oder etwas dergleichen", ich ließ wieder Kims Freundin an den Computer.
,,Ich vermuten genau dasselbe, Monsieur. Wir haben auch sein Blut in unserer Datenbank durchlaufen lassen. Seine Eltern waren Verräter und starben durch Ihre Hand. Tomain war der Name. Seine Schwester, Sandra Tomain, konnte mit ihrem Bruder, Andrew, fliehen. Ich vermuten, dass beide den Befreiten angehört haben."

Ich ging einen Schritt zurück und sah direkt zu dem Jungen, dessen Name endlich bekannt war. Andrew lebte hier einst. Wenn er wirklich zu den Befreiten gehörte, hatte er bestimmt geredet. Nicht nur er, sondern auch seine Schwester. Beide kannten das Anwesen, wussten die Anordnung der Etagen und was in denen gemacht wurde. Dieser Junge war zu hoher Wahrscheinlichkeit ein Spion, und der Chip enthielt wichtige und wertvolle Informationen. Nicht nur über das Anwesen, sondern auch von den Befreiten.

,,Bereiten Sie eine Operation vor. Der Chip soll sofort morgen entfernt werden", befahl ich der Frau. Sie nickte, als ich gerade den Raum verlassen wollte, hielt sie mich aber auch.
,,Es ist eine komplizierte Operation. Er könnte sterben."
Kurz sah ich zu den Jungen, dann auf den Scan seines Gehirns. Er war ein Befreiter, ein Verräter. Er war Abschaum.
Und Abschaum verdient es nicht zu leben.

Die Geschichte von Marinette Dupain-Cheng und Adrien Agreste IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt