꧁Adrien꧂

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,,Er wird wach, Monsieur", sprach eine weibliche sanft Stimme. Langsam öffnete ich die Augen, erkannte die kantigen Umrisse meines Zimmers und meinen Vater, der ernst vor mir stand. In meinen Gedanken rollte ich mit meinen Augen und drehte mich weg, doch mein Körper rührte sich nicht. Ich wollte mich beschweren, doch mein Hals kratzte nur schmerzhaft. Ich hustete, schmecke den metallischen Geschmack von Blut in meinen Mund. Die Krankenschwester reichte mir ein Glas Wasser mit einem Strohhalm, ließ mich ein paar kleine Schlücke nehmen und stellte das Glas wieder ab. Es fühlte sich gut an, wie das eiskalte Wasser an meiner staubtrockenen Kehle entlang lief. Gerne hätte ich mehr gehabt, doch ich wusste, dass zu viel schlecht war.

,,Lassen Sie mich und meinen Sohn alleine", befahl mein Vater barsch, woraufhin die junge Frau sofort verschwand. Innerlich lachte ich bitter auf. Als ich meinen Vater sehen wollte, hatte er mich ignoriert und sich um die politischen Sachen gekümmert. Jetzt, wo ich ihn nicht sehen möchte, ist er hier.
Er zog einen Stuhl an mein Bett, setzte sich und sah mich einen langen Moment an. Seine eisblauen Augen trafen auf meine intensiv grünen Augen. Da nahm er plötzlich meine Hand, atmete tief ein. Ich spürte, dass er zitterte.

,,Du hattest einen Anfall, noch viel schlimmer als der letzte. Die Ärzte meinten, es war ein Anfall gefolgt von einer sehr starken Panikattacke. Sie mussten die vier Millimeter EAS geben, damit du wieder auf deine normalen Werte kommst. Was hat dir plötzlich so eine Angst bereitet?"

Angst. Ich hatte keine Angst, sondern einen meiner Anfälle, gefolgt von Halluzinationen. Sie wissen alle gar nicht, dass sie daran schuld sind, weil sie mich alle als verrückt betiteln. Nur durch sie alle hatten diese Bilder überhaupt die Möglichkeit, in meinen Kopf vorzudringen und mich zu zerfressen. Würden mich alle bei meinem Vorhaben unterstützen, wäre alles nie passiert. Ich würde nicht hier liegen, sondern schon längst dieses verdammte Balg in meinen Händen halten.

,,Adrien, ich mache mir Sorgen. Ich weiß nicht, was ich tun kann, um dir zu helfen."

Unterstütze mich bei meinem Vorhaben, schrie ich ihn in Gedanken an. Er musste nicht mehr tun als mich unterstützen und dafür zu sorgen, dass das Volk Ruhe gab. Er musste nur Kim dazu zwingen, mir zu helfen, da er ansonsten seine Freundin entlassen und hinrichten lassen würde. Mein Vater sollte zu mir halten, bei allem was noch passiert und dafür sorgen, dass ich glücklich bin. Er war mein Vater, ist das zu viel verlangt? Er war mir damals kein guter, also sollte er s jetzt sein.

,,Du weißt, dass ich dich über alles liebe. Sag mir, wie ich dir helfen kann." Ich sah, das meinem Vater eine Träne über das Gesicht rollte und auf meinem Bettlaken landete. Er zeigte vor mir Gefühle, die größte Schwäche, die er mir offenbaren konnte. Fataler Fehler, Vater.

,,Hilf mir, diesen Jungen zu finden", krächzte ich leise hervor.

Stumm betrachtete mich mein Vater, als er aufstand, einmal in meinem Zimmer herum ging und laut seufze. ,,Ich bin kein Befürworter deines Planes, aber ich werde dir Helfen, das Kind zu finden."
Ungläubig sah ich meinen Vater an. Mit seiner Unterstützung hatte ich nun die komplette Macht über all seine Ressourcen und Soldaten. Niemand konnte mir mehr im Weg stehen, indem er seine Arbeit verweigerte. Sie mussten mir gehorchen und dieses neue Machtgefühl war ein wunderschönes Gefühl.

,,Danke Vater, ich werde dich nicht enttäuschen", flüsterte ich heiser. Lächelnd blickte mein Vater zu mir, als er mir plötzlich über meine blonden Haare strich. Verwundert kniff ich die Augen zusammen und beobachtete ihn dabei, wie seine vorhin so glückliche Miene zu einer erst besorgten, dann traurigen Miene wurde. Auch ich wurde nachdenklich, sah zurück in das noch einfache Leben als Teenager. Nino, mein bester Freund. Ich vermisse ihn so sehr. Mit ihm konnte ich immer reden wenn es mir schlecht ging, besonders in der Zeit, als meine Mutter schon ein Jahr verschwunden war.

Ich versank in Nostalgie. Ich erinnerte mich zurück an die Zeit, als ich mit meiner Mutter Klavier gespielt habe. Es war ein schwieriges Stück gewesen und ich verzweifelte daran, weil ich die Tastenabfolge mit meinen kleinen Fingern nicht ordentlich spielen konnte. Als sie sah, dass ich kurz vor dem Aufgeben war, kam sie zu mir, nahm mich auf ihrem Schoß und spielte mit mir. Sie war so ruhig und geduldig mit mir gewesen. Als ich es endlich geschafft hatte, das Stück fehlerfrei vorzuspielen, strich sie mir durch die Haare.

,,Meinst du, sie wäre heute stolz auf mich?", fragte ich leise in den Raum, indirekt jedoch an meinen Vater. Verwirrt stoppte er in der Bewegung und zog seine Hand an sich.
,,Wen meinst du, Adrien?"
,,Mutter", antwortete ich und sah ihn erwartungsvoll in seine eisblauen Augen.
,,Weil ich kurz davor bin, all meine Ziele zu erreichen."

Vater erstarrte, sah mich an und schluckte. Gabriel nahm meine Hand, drückte sie leicht und stand dann auf. Er strich sich seinen Anzug glatt und atmete tief ein.
,,Sie wäre heute mehr als stolz auf dich, mein Sohn."
Er schnell verließ mein Zimmer. Ich lächelte leicht. Ich werde sie schon noch stolz machen, indem ich Marinette endlich töte.

Die Geschichte von Marinette Dupain-Cheng und Adrien Agreste IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt