Mir geht es gut?

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„Wo bin ich?" meine Stimme war nur ein schmerzhaftes Krächzen in meinem Hals und kurz darauf musste ich ein trockenen Husten unterdrücken, der tief aus meiner Brust kam.

Meine Augen huschten hektisch und völlig unfokussiert von der einen Seite zur anderen, versuchten die Informationen an meinen Gehirn weiter zu geben, damit dieser entsprechend handeln konnte, aber es schien als würde dieser nicht in der Lage sein, seine normale Aufgabe zu erledigen.

„Alles gut. Wir erklären es dir später. Erstmal müssen wir dich zu unseren Sanis bringen. Die können dir bestimmt helfen." Sagte derjenige, den ich als Anführer einschätzte. Er hatte ein kindliches Gesicht, sah dementsprechend noch sehr jung aus.

Ich zweifelte plötzlich beim Anblick seines Erscheinens dran, dass er der Anführer sein sollte.

Ich konnte in der Dunkelheit nicht viel von seinem Aussehen erkennen, dunkle Haare hatte er aber auf keinen Fall, dass konnte ich zumindest schon mal ausschließen.

„Weist du, ob du aufstehen kannst? Ansonsten werden wir dich tragen." Meinte er. In mir sträubte es sich. Ich wollte nicht aufstehen, fand es als nicht interessant, aber ich wusste nicht warum. Und es verwirrte mich.

Was soll das alles werden?

Ich hob meinen Kopf an, bemerkte erst jetzt, dass die Jungs still waren und mich alle genauestens begutachteten.

Sie drängten sich gegeneinander um einen besseren Blick auf mich werfen zu können.
Als wäre ich eine besondere Attraktion bei Ihnen, wie ein Löwe im Zirkus.

Langsam rappelte ich mich mit der Hilfe von dem zweiten, der mit in diesen Käfig gekommen ist, auf, bis ich letzten Endes festen Boden unter meinen Füßen spüren konnte.

Die Blicke der anderen weiterhin auf mir ruhend, stand ich nun dort und wusste nicht wohin mit mir.

Warum gucken sie mich so an?

Machen sie sich über mich lustig?

Ich knackte mit meinen Fingern, versuchte mich abzulenken mit den Schmerz in meinen Fingern der sich leider nur kurz ausbreitete und dann wieder verschwand oder schaute auf den Boden, wahrscheinlich um etwas interessantest zu finden, damit ich die glühend heißen Blick auf mir ausblenden konnte.

Aus dem Augenwinkel erkannte ich, wie die beiden Jungs aus dem viereckigen Ding rauskletterten.

„Was sucht ihr denn noch hier, he? Verschwindet in eure Hängematten! Es gibt nichts spannendes hier zu sehen!" es war Gally, der die Dutzend Jungs an maulte und zurück zu deren Schlafplätzen oder so scheuchte.

Die Meute löst sich zögerlich. Ich hörte abwertendes und säuerliches Gemurmel, als sie zurück geschickt wurden. Einmal hörte ich sogar ein „ wer gibt dir denn das Recht uns etwas zu sagen?!"

Ich schaute mir die Gruppe an. Es waren wirklich nur Jungs hier, fast schon Kinder. Manche sehen erst aus wie 13 andere wiederum erscheinen mir etwas älter, aber auch nicht wirklich viel.

Eine weitere Frage schleicht sichern meinen Kopf, ließ mich jedoch kalt und genau wie die anderen verdrängte ich sie.

Kein einziges Mädchen konnte ich zwischen all den erkennen. Starrten sie mich deshalb so an? Weil ich die einzige Person bin, mit dem anderen Geschlecht? Müsste ich mich jetzt nicht eigentlich unwohl fühlen? Aber da war nichts.

Egal wo ich vor dem Aufwachen war. Ich will wieder dahin zurück, denn stabil sieht es hier nicht aus. Und damit meine ich nicht die Gegend hier, obwohl ich davon nicht sonderlich viel erkennen konnte, sondern eher die Gemeinschaft. Ich fühlte eine knisternde und angespannte Atmosphäre in der großen Gruppe, und wusste, dass es nicht mehr viel brauchte um das schon volle Fass zum Überlaufen zu bringen.

„Gally hat recht. Geht wieder schlafen. Unser Frischling braucht jetzt Ruhe. Die Kisten können wir morgen früh auch hoch bringen, die fährt ja nicht runter, wenn da noch was drin ist. Für heute ist es schon zu spät."

Der andere sprach diesmal, um einiges sanfter als Gally, in die Runde. Jetzt sah ich auch seine Haarfarbe und seine Augen, denn der Schein der Flammen erleichterte mit das Sehen.

Er hatte blonde Haare, und Schokobraune Augen, die im oranglichen warmen Licht leuchteten.

Genervtes Stöhnen war zu hören, und letzten Endes löste sich dir Gruppe auf.

Jeder ging seinen Weg. Es wurde ruhiger, hin und wieder hörten wir ein „Gute Nacht" oder „Bis Morgenfrüh". Ein etwas kleinerer schrie ein „Schlaf gut Newt" in meine Richtung. Damit war wohl der mit den blonden Haaren gemeint, dachte ich mir und ich lag richtig, denn Angesprochener winkte im lächelnd zu.

„Komm mit." Widmet sich Newt mit einem leichten Lächeln an mich, nachdem der Großteil der anderen sich zurück zu deren Schlafplätzen begeben hatten.

„Ich bringe dich zu den Sanis." Seine Hand legte sich vorsichtig an mein Rücken, wollte mir den Weg dirigieren, doch ich rührte mich nicht.

Wie angewurzelt stand ich da, unfähig mich in irgendeiner Weise zu bewegen.

„Was sind das? Diese Sanis?" meine Stimme hörte sich fremd an. Sie war kalt, emotionslos. Es verwirrte mich nur noch mehr, meine eigene Stimme nicht zu erkennen. Alles hier fühlt sich fremd an. Ich meine, hier sind irgendwelche Jungs auf irgendeiner riesengroßen Wiese und dann bin ich hier.

Ohne Gedanken, Erinnerungen.

Ich weis nichts. Nichts befindet sich in meinem Kopf. Keine Erinnerung an das, was ich gestern gemacht habe, was ich vor einer Stunde gemacht habe.

Nicht mal meinen Namen weis ich, geschweige denn wie ich überhaupt aussehe.

Was soll diese scheiße hier?

„Sowas wie Ärzte. Sie behandeln uns, wenn wir uns verletzt oder irgendwelche Beschwerden haben. Du siehst nämlich ziemlich kraftlos und er-"

„Mir geht es gut." Sagte ich leise und unterbrach Newt damit. Er meinte es bestimmt nur gut, doch ich wollte nicht. Zu viel oder eher zu wenig ging gerade in mir vor. Ich wollte aufwachen. Aufwachen aus diesem Albtraum, in welchem ich mich an nichts und gar nichts erinnern konnte. Ich wollte mich erinnern, an alles, aber der Fakt, dass es mir nicht gelang und ich trotzdem deswegen keine einzige Gefühlsregung in mir spüre, lässt die Verwirrung in mir steigen.

Stille kehrte zwischen uns drei ein. Selbst Gally, der mir in diesen paar Sekunden als aufbrausend und sehr ernst erschien, gab keinen Laut von sich.

Die Grillen zirpten gemütlich weiter, machten ihre abendliche Routine wie immer.

Zumindest etwas, was nicht völlig fremd in diesem Loch war.

𝔼𝕞𝕠𝕥𝕚𝕠𝕟𝕝𝕖𝕤𝕤Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt