Feier

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Ich hörte Winston anerkennend pfeifen.

„Ohne mit der Wimper zu zucken. Respekt."

Ich blinzelte mehrmals, als ich nur ein kurzes eintöniges Nicken von mir gab und Winston dabei half das regungslose Tier mit den Hinterbeinen aufzuhängen.

Immer noch floss das Blut unaufhörlich aus dem immer kälter werdenden Körper, aber noch lange floss es nicht schnell genug, weshalb Winston mir die Aufgabe gab das Messer nochmal anzusetzen.

Diesmal am Hals des leblosen Schafes.

Auch hier glitt das Messer, welches schon vor lauter Blut triefte, nur beim dezenten Druck leicht durch das Fell und die Haut, weshalb mir sofort das noch lauwarme Blut ins Gesicht sowie Kleidung spritzte und wie ein Wasserfall den Körper verließ und in einem Eimer aufgefangen wurde.

Der Geruch des Blutes schlug zu uns, erfüllte in kürzester Zeit unsere Umgehung, haftete sich an die Luft und unserer Kleidung fest.

Die restliche Zeit, bei den ich bei den beiden Jungs war, nahmen wir das Tier aus und zogen die kratzige und Blutungen Wolle von der Haut des Schafes.

Auf meine Frage hin, für was das Schaf eigentlich gedacht war, wurde mir von Winston geantwortet, dass immer ein Fest zu Ehren jedes Frischlings gemacht wird, weshalb an diesem Tag auch reichlich zu Essen vorhanden sein wird.

„Kannst du dich eigentlich schon an deinen Namen erinnern?" fragte mich Luka dann, während ich mir das Blut notdürftig an einem feuchten Tuch abgewischt hatte, jedoch schnell davon abließ, als mir bewusst wurde, dass ich das Blut nur mehr verteilte anstatt wegzuwischen.

Luka war ein schlanker Junge, ohne wirklich viele Muskeln. Er war ungefähr so groß wie ich, wenn ich mich nicht irre, dann war er sogar etwas kleiner als ich. Seine Stupsnase sah im Vergleich zu Winstons ziemlich klein aus und auch seine Haut ähnelte eher einer Leiche als einer natürlichen gesunden Hautfarbe.

Auch sein recht schmales Gesicht und die hellen Augen sowie Haare standen im starken Kontrast zu dem Hüter der Schlitzer, der mit Alby gerade draußen stand und sich mit ihm unterhielt.

Ich schüttelte meinen Kopf, bemerkte dieses Gefühl in meinem Inneren, die Gedanken, die sich immer weiter ausbreiten.

Ich wusste es nicht.
Ich wusste nicht wer ich bin.

„Ach, mach dir nichts draus. Spätestens morgen hast du deinen Namen im Kopf.
Ich zum Beispiel wusste meinen Namen erst zwei Tag nachdem ich auf der Lichtung ankam. Und du bist ja heute in der Nacht hergekommen. Also bist du noch keinen ganzen Tag hier."

Aufmunternd lächelte er mir zu, entblößte somit seine großen weisen Zähne.

Ich versuchte das Lächeln zu erwidern, denn es tat mir irgendwie weh ihn so dort stehen zu lassen, mit einem unerwiderten Lächeln.

Jedoch klappte es nicht wie ich es mir erhoffte, weshalb ich ein stattdessen ein einfaches
„Vielen dank, Luka." hervor brachte.

Aber Luka hat sich geirrt. Viel zu sehr geirrt.




Die Tage vergingen an mir, aber ich erinnerte mich nicht.
Nicht an eine einziehe Sache.

Ich gab die Hoffnung auf, lebte in die Tage hinein, oder war es eher überleben?
Ich wusste es nicht, denn ich wusste nicht wie es sich anfühlte zu leben.
Habe ich überhaupt jemals gelebt, bevor ich auf diese Lichtung geschickt worden war?

Die Feier, die am Abend stattfand, war laut, erfüllt mit Musik, Gejubel und den Gesprächen von den Jungs, die ausgelassen beieinander saßen.

Der gebratene Geruch vom Schaf, welches wir heute das Lebens nahmen, erfüllte schwer die Luft. Ein großes Feuer wurde entfacht, spendete Wärme und Licht an uns.

𝔼𝕞𝕠𝕥𝕚𝕠𝕟𝕝𝕖𝕤𝕤Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt