Taub

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Ich drehte meinen Kopf schwerfällig zu ihm, bohrte meine Augen in seine und anscheinend war mein Blick nicht sehr erfreut, denn er zuckte erschrocken zusammen, ging zwei Schritte zurück und senkte seine Hand, die bis gerade noch an mir rüttelte.

„Lass mich in Ruhe." Meinte ich nur am ihm gerichtet, bevor ich mich umdrehte und dem Frischling den Rücken kehrte. Was er danach machte wusste ich nicht, denn ich fühlte mich wie in Watte gepackt und ganz weit entfernt.

Das nächste was ich also spürte war ein weiterer harter Aufprall, der mir genau wie heute morgen die Luft zum Atmen aus meinen Lungen presste. Die laute Stimme von Alby drang urplötzlich klar und laut in meine Ohren, weshalb ich mein Gesicht vor Schmerz verzog. Mit wurde schwindelig, als ich meine Augen öffnete und die Sonne in mein Gesicht schienen sah, doch ich bewegte mich nicht und kam auch nicht der Aufforderung mich an die Arbeit zu machen nach.

„Nun steht endlich auf und mach dich nützlich. Ich war heute morgen noch nett zu dir, nochmal lasse ich dich nicht ohne Bestrafung davon."

Alby kniete sich vor mir, griff unsanft an meine Schulter und drehte mich schwungvoll auf den Rücken, damit ich ihn in sein wutverzerrtes Gesicht blicken konnte. Seine Augen bohrten sich tief in meine und für einen Moment hoffte ich dass er seine Hand genau wie Jayson es gestern getan hatte an meinen blau angelaufen Hals schlang und das beendete, was Jayson gestern angefangen hatte.

Leider schrie er mich nur ein weiteres Mal und wurde noch rasender als ich ihm weiterhin keine Antwort gab.

„Warum sollte ich Alby?"

Der Anführer blieb plötzlich still, wusste anscheinend, dass ich weiter sprechen wollte.

„Warum hälst du dich so sehr an diese Regeln und möchtest all das hier aufrecht erhalten? Es gibt kein Ausweg aus dieser Lichtung und nichts wofür wir dass alles noch weiter aushalten sollten. Wir sind wertlos und nutzlos. Gib auf Alby, dann musst du nicht Tag ein und Tag aus weiter kämpfen."

Die Augen von Alby blitzen gefährlich auf, als er mich an meiner Schulter zu sich rauf zog und mir bedrohlich raunte: „ Stell dich nicht so an. Du sprichst in solchen Tönen, doch bist erst ein Monat hier. Denkt mal darüber nach wie ich mich fühle, schließlich bin ich schön über ein ganzes Jahr in diesem gottverdammten Loch."

Meine Schulter ließ er dann ruckartig los, so dass ich mit meinem Oberkörper auf den Boden fiel, aber ich regte mich auch danach nicht, sondern blickte nur an ihn vor bei. Durch ihn hindurch.

Auch wenn ich es gewollt hätte, so würde ich es nicht schaffen meinen Körper zu irgendwas zu bringen, denn er fühlte sich wie taub an.

„Nun steh endlich auf und geh an die Arbeit!"

Albys stimme dröhnte plötzlich durch meine Schädeldecke hindurch, doch trotz des Schmerzes verzog keine Miene.



Das nächste mal, als ich meine Augen schwerfällig öffnete, schien das orangene Licht der Abendsonne auf mein Gesicht und deckte die vielen kleinen Staubkörner in der Luft auf. Wie kleine Tausende Glitzerpartikel flogen sie durch die Luft, manche schnell manche langsam. Ich schaute sie mir an, aber auch wieder nicht, denn ich bemerkte sie kaum, während meine Augen starr durch sie hindurch schauten, durch das Gitter hindurch, welches mich in diesem stickigen Loch einsperrte. Mir wurde schwindelig, als ich meinen Kopf drehte, Übelkeit stieg in meinem Bauch empor und wollte anscheinend die letzte ätzende Magensäure aus mir hinaus bekommen.

Ich drehte mich auf den Bauch, atmete schwer durch den Mund, versuchte mich aufzurichten, obwohl ich doch einfach dort liegen bleiben könnte. Das Rauschen in meinen Ohren bebte von Sekunde zu Sekunde ab, ließ mich wieder leichter meine betrübte Außenwelt wahrnehmen. Und das erste war ein Schluchzen gefolgt vom Hochziehen der Nase. Ich legte meine Stirn in Falten, suchte mit meinen Augen machender Geräuschquelle und fand schließlich den Frischling vor meinem Gitter hocken, das Gesicht ganz rot und nass von den ganzen Tränen, die seine Augen verlassen.

Wann habe ich eigentlich das letzte mal so richtig geweint?

Die Frage schoss durch meinen Kopf, da ich den Frischling seit dem er hier ist, schon zwei mal so aufgelöst gesehen habe. War so viel Weinen eigentlich gesund.

Und warum weinte er?

Warum zeigte er wieder sein verletztes ich, wenn er doch erkennen müsste, wie die anderen seine Gefühle schamlos ausnutzen können?

„Ich hatte so Angst um dich. Du warst einfach ganz plötzlich nicht mehr da und Alby war so verdammt sauer."

Ich verstand am Anfang nicht, dass die Worte am mich gerichtete waren, weshalb ich uns beide erstmal einen Moment lang in Schweigen einwickelte, in welcher der jüngere weiterhin viele Tränen verlor.

„Aber warum weinst du? Alby hat dir doch nichts angetan, oder?"

„Nein, hat er nicht, aber ich hatte trotzdem so große Angst um dich."

Schniefend strich er sich die Tränen vom Gesicht, verwischte die nassen Spuren auf ein weiteres und presste seine Lippen so fest zusammen, dass ein gerader Strich entstand.

„Warum hattest du denn bitte Angst um mich?"

Es war eine Frage von mir, die aber keine Antwort erhielt, denn kaum als der Frischling zur Antwort ansetzten wollte, wurde er von den rufen und schweren Schritten der anderen Jungs unterbrochen, die ihn dann letzt endlich zur Seite schoben.

Zum Vorschein kamen Newt und Gally, die mich beide nur mit einem weniger begeisterten und ziemlich sorgenvollen Blick begutachteten, bei den auch der Frischling nervös und mit zittrigen Händen mit den roten Saum seines Hemdes spielte.




So und nun melde ich mich wieder mit einem neuen Kapitel fürs neue Jahr 2022. Ich kann es irgendwie immer noch nicht glauben. Es ist einfach schon 2022 *-* könnt ihr das glauben?
Ich wünsche jeden von euch ein wundervolles neues Jahr mit ganz viel Erfolg, Gesundheit und Glück. Ich drücke euch die Daumen, dass alles gut läuft und ihr eure Ziele und  Wünsche verwirklichen könnt❤️
Hab euch lieb
Eure
HopeOfDestruction

𝔼𝕞𝕠𝕥𝕚𝕠𝕟𝕝𝕖𝕤𝕤Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt