20 - overwhelm

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,,Es scheint so, als wären Sie ganz gut in ihrem Job.", murmelte er nachdenklich vor sich hin.

,,Einigermaßen.", lächelte ich.

und dann fing er erneut an zu kichern.

Aus einem kichern wurde ein lautes Lachen.

und aus seinem psychotischen Lachen ein wild rufendes Gejaule.

,,Konversationen wären toll. Bin generell kein geduldiger Mensch.'', seine roten Lippen zierten ein hämisches Grinsen.

Ich vermute, dass war wohl der Moment, in dem mir das erste Mal bewusst wurde, dass wir jetzt mit der eigentlichen Therapie beginnen konnten.

Aber das galt nicht für ihn, denn egal wie gut ein Psychiater oder Psychologin sein konnte, J war ein abgefuckter, verrücktet Mann dem man nicht helfen konnte. Und ich schon garnicht.

Er ist wie der Teufel, allein, raffiniert und leitet die Menschen ins Chaos. Ich musste also vorsichtig sein, denn egal für wie stark wir uns halten, kann ein leichtes Wort die Gunst vergiften.

,,Was machen Sie wirklich hier, Audrey?", flötete J und lächelt fragend.

,,Das habe ich Dir doch bereits erklärt", murmle ich und beiße mir auf die Lippen. Doch er wirkt nicht zufrieden mit meiner Antwort.

Ein erneutes lachen ertönt durch sein Zimmer. Irgendwie verunsichert es mich und ich runzel bloß meine Stirn. Ich stelle mir die Frage, könnte er mir jemals weh tun? Und voralldingen, was bin ich für ihn? Bin ich ein Spielzeug? Sein Opfer? Sein Feind?

Ich schüttel mir allerdings schnell die verunsicherten Fragen aus meinem Kopf und lege ihn etwas schief. Er mustert mich lächelnd und will sich abstützen, was ihm aber nicht so gut gelingt durch die fehlende Ablage. Stattdessen versucht er sich aufrecht hinzusetzen um einen besseren Blick zu erhaschen. Bis er sich doch nach vorn lehnt und mich mit Riesen fragenden Augen anzustarren.

,,Du lügst mich an.", gibt er kurz und knapp von sich und grinst schelmisch.

Er erhebt sich aus seinem Bett und stellt sich direkt vor meiner Nase hin. Das er recht groß ist, war mir immer bewusst aber das er mich so überragte, jagte mir eine Horde angst ein. In diesem Raum war niemand außer ihm und mir. Was ist wenn er mir was tut?! Genau jetzt wäre die Chance, auszubrechen und mich umzulegen. Es fehlte bloß der erste hieb und ich wäre auf und davon.

Doch statt mir etwas zutun, blieb er wie angewurzelt stehen und begutachtete mich. Ernährte sich womöglich von meiner angst, denn egal wie sehr ich versuchen würde in diesem Moment sie zu verbergen, war es unausweichlich das mir die Panik auf die Stirn geschrieben stand.

Aber ich raffte mich bloß auf und versucht dennoch gegen des öffentlichen anzukämpfen und reckte mein Kinn in die Höhe. Unsere Blicke fingen sich und hafteten eine ganz schöne Weile. Bis ich endlich meine Sprache wieder fand.

,,Ich habe nicht gelogen. Ich meinte das so, wie ich es gesagt habe", antworte ich fest.

Die angst verflog wie im Winde und plötzlich machte sich ein kribbeln in meiner Bauchgrube bemerkbar. Ich war restlos verwirrt von meinen wandelnden Gefühlen und ich spürte nur noch die Wärme die mich erreichte von J.

Mein Verstand kämpfte gegen all die wohlfühlenden Gefühle.

Ich erwartete eine Gegenantwort, doch er legte bloß seine großen Hände auf meine Wange und schaute auf mich hinab.

,,Sei nicht so dumm wie deine Vorgängerin. Du weißt, wie es endete..", flüstert er und das erste mal erkenne ich eine menschliche Seite an dem Clown. Ich bin verrückt, wenn ich denke ich kann mich für eine Sekunde fallen lassen und mich der Begierde hingeben.

Meine Hormone spielen verrückt und innerlich bete ich, dass mich jemand zurückhält aber mein Körper scheint etwas völlig anderes im Sinn zu haben.

,,Beug dich runter", antworte ich monoton und starre ihn an.

Wie auf Befehl, reagiert er auf meine Worte und beugt sich runter. Es sind nur noch einige Zentimeter die unsere Gesichter trennen und das erste Mal kann ich die kleinen Einzelheiten ausmachen, die sein Gesicht zieren.

Er mustert mich erwartungsvoll und wartet offensichtlich auf irgendeine Reaktion aber ich bleibe auf der Stelle verharren. Ich muss meine Gedanken sortieren und genauestens überlegen was ich jetzt tue.

Doch dazu bleibt kaum Zeit, denn seine feuerroten Lippen liegen bereits auf meine Lippen und beginnen miteinander zu verschmelzen. Völlig elektrisiert von dieser plötzlichen Aktion, lege ich meine Hände über seine breiten Schulten und ziehe ihn nähe an mich. Er schiebt mich sanft gegen die Wand und vertieft den Kuss.

Mein Verstand brüllt mich an, auf der Stelle aufzuhören und davon zu stürmen. Aber alles andere in mir versucht so stark wie Möglich die Realität aus meinem Kopf zu schieben.

Meine Hände wandern runter zu seiner Brust, die eine leichte Schicht von den Psychiatrie Klamotten schmücken. Ich schiebe meine kalten Hände unter seinem Shirt hindurch und berühre vorsichtig seine Brust. Ich spüre vertiefte Hautstellen, die womöglich von Narben stammen und frage mich von wie vielen Menschen die Narben wohl stammen.

Er löst sich langsam von mir und grinst mich erneut an, aber diesmal ziert sein Lächeln keine Verrücktheit, sondern wirkt völlig normal und freundlich.

,,Du kannst ja auch lieb und artig sein", wispere ich leise und grinse ebenso zurück. Ich lasse bewusst den Begriff „Normal" aus meiner Aussage, weil ich ihm kein Gefühl der Ungewöhnlichkeit geben möchte.

Er verschließt seine Augen und lächelt erneut.

,,Vielleicht tu ich das ja nur in deiner Nähe.. Lieb und artig sein.", reagiert er auf meine Aussage und zieht mich näher an sich heran.

,,Vielleicht aber auch um mich zu manipulieren..", antworte ich zurück und mustere ihn glasklar.

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