Kapitel 16

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Auf dem Weg zur St. Lennox machte ich noch einen Zwischenstopp bei Starbucks, um mir einen extra starken Kaffe zu holen. Den brauchte ich nämlich wirklich, nach der heißen Dusche war ich zwar wach, aber immer noch nicht bei klarem Verstand. Meine Gedanken kreisten am anderen Ende der Welt. Als ich am Schulgebäude angekommen war, wartete Leslie schon aufgeregt auf mich. Sie zappelte wild mit ihren Beinen herum, man hätte denken können, dass sie mal dringend für kleine Leslies muss. „Gwen! Da bist du ja endlich! Ich warte schon ein halbes Jahrhundert, und das ist eindeutig zu lang, wir sind bestimmt zu spät!“ „Tut mir ja leid, Gideon hat mich… ach egal, lass uns reingehen. Mr. Hunt wird es ganz bestimmt nicht gefallen dass wir zu spät kommen!“ Gleich nachdem ich die dicke, schwere, Eingangstür der Schule angestrengt öffnete und hindurch humpelte (Ja, ich humpelte immer noch) waren alle Blicke auf mich gerichtet. Ich versuchte neutral zu bleiben und mit einem ausdruckslosen Gesicht weiter durch den langen Flur, bis zum Klassenzimmer zu gehen. Ich malte mir schon die Blicke und das Getuschel meiner Klasse aus, wenn Les und ich hineinplatzen würden. „Hey! Was glotzt ihr den so?! Kümmert euch um eure eigenen Sachen!“ raunte Leslie so streng wie sie konnte und gleichzeitig so laut, dass sich schlagartig alle Köpfe verlegen wegdrehten, als würden sie nichts getan und gehört haben. Was wiederum so vohersehbar war, dass man denken könnte, mein ganzes Leben spielt in einem Film. In so einem, bei denen man seine Freunde damit ärgern kann, jedes Wort voherzusagen, und damit die nicht vorhandene Spannung zu verderben. Am Klassenraum angekommen, wartete schon das nächste Problem auf uns. „Mist. Die Tür ist schon zu. Das wird peinlich…“ flüsterte Leslie. „Da müssen wir jetzt durch.“ antwortete ich auf ihre nicht gestellte Frage und klopfte vorsichtig an der Tür. Als ich sie langsam öffnete und durch den kleinen, entstandenen Spalt luchste, hörte ich in vereinzelten, leisen Spekulationen meinen Namen. „Hey, ist das Gwendolyn?“, „Gwen! Das ist sie bestimmt!“, „Denkst du sie kommt?“, „Ist Leslie auch dabei?“ waren die, die ich am deutlichsten hörte. „Okay, bring es hinter dich“ dachte ich und öffnete die Tür komplett. „Gwendolyn Sheperd, warum sind sie zu spät, und wo waren sie die gesamte letzte Woche unentschuldigt!?Wer ist denn da hinter ihnen… Leslie Hay! Sie auch noch! Das wird Konsequenzen haben, seien sie sich sicher. Ich habe das Gefühl die Schüler von heute vernachlässigen ihre Pflichten…“ Bei diesen Worten erstarrte ich kurz, mir lief es eiskalt den Rücken herunter. Mr. Hunt hörte sich wie eine Mischung aus dem Grafen und Mr. Whitman an, die irgendwie ja eine Person waren und mich damit, ehrlich gesagt, immer noch verwirrten. Mein Schock hielt nicht lange, als Leslie mich an stupste und ich ihr zu unserem Sitzplatz folgte waren diese Gedanken schon wieder vergessen. Stattdessen versuchte ich eine mir bei Starbucks eingefallene Ausrede, die auch als Entschuldigung dienen konnte, aus den hintersten Ecken meines Gedächtnisses herauszukramen, was mir unter den interessierten, mir Löcher in den Kopf starrenden Blicken der anderen nicht gelang.

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