6. Imaginäre Schutzmauer

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Kapitel 6

Als unser Kuss immer intensiver wurde, löste ich mich von ihm und versuchte eine imaginär Mauer anzudeuten, indem ich meine Hand an seinen Brustkorb hielt. Ich bekam Panik. Was würde er jetzt tun? Er hatte mich schon soweit, dass ich ihn küsste. Wie jeder dem ich Vertrauen schenkte wird er mein Vertrauen missbrauchen. "Es tut mir leid.." flüsterte er. Ich wusste nicht wieso, aber ich glaubte ihm, dass er mich wirklich nicht so küssen wollte. "Ich muss langsam nach Hause." Murmelte ich und richtete meine Blicke dem Boden zu. Ich behielt Flo jedoch soweit im Auge, dass ich ein leichtes nicken war nehmen konnte. Ohne ein weiteres Wort verschwand ich. Nachdem ich Zuhause ankam, realisierte ich, dass er mich tatsächlich geküsst hatte. Somit hatte ich meinen ersten Kuss. Mit 17 bin ich zwar ziemlich spät, dennoch fühlte es sich so selbstverständlich an, dass ich noch nie geküsst wurde. Mit gesenktem Blick tappste ich in mein Zimmer und schmiss mich aufs Bett. Ich wollte gerade wie so oft in Selbstmitleid versinken als es an der Haustür klingelte. Einen kurzen Moment überlegte ich, ob ich aufmachen sollte. Meine Beine gehorchten jedoch meinem Gehirn nicht und ich ging geradewegs zur Tür. Wieder wischte ich mir die Tränen weg die sich auf meinen Augen und Wangen gesammelt hatten und öffnete die Tür.

Ich erblickte Flo und fing willkürlich an zu schmunzeln. Seine gerade noch vorhandene sorgende Mimik verflog und lächelte ebenfalls. Das erste mal in den letzten Wochen, dass ich lächelte. Nach ein paar Sekunden dachte ich allerdings wieder daran, dass Flo mich wahrscheinlich nur ausnutzten wird und setzte einen ernsteren Gesichtsausdruck auf. "Wo ist das schöne lächeln hin?" Fragte er vorsichtig. "Was willst du hier?", "Mit dir reden!" Erwiderte er und kam einen Schritt auf mich zu. Ich ging aus Schutz einen Schritt zur Seite und lies ihn so eher unbewusst in die Wohnung hinein. Als er im Flur stand wanderte sein Blick wieder auf mich. Ich schloss die Tür während ich innerlich überlegte, was ich mache, wenn er was macht, was ich nicht unbedingt möchte. "Hör zu.. der Kuss.. wieso hast du dich gelöst?" Er kam etwas auf mich zu. Ich wurde nervöser. Etwa einen Meter vor mir blieb er stehen und sah mich auffordernd an. Ich schluckte und suchte innerlich eine schlagfertige und tapfere Antwort, doch die wollte meinem Kopf nicht einfallen und ich stand total überfordert da. "Isa?" fragte er erneut. "Ich.. wieso sollte mich nicht lösen?" kurz nachdem ich meine Antwort aussprach ging hinter mir ein Schlüssel in die Haustür.

Voller Panik und Unwissenheit, was mein Vater sagen würde wenn ein wildfremder Mann in unserem Flur steht, schob ich Flo in mein Zimmer und schloss diese ebenfalls hinter mir. Man sah, dass er leicht überfordert war jedoch nichts sagte. Wie dankbar ich ihm dafür war. Nachdem ich meinen Blick vom Boden auf Flo richtete hielt ich meinen Zeigefinger auf meinen Mund und hoffte innig, dass er mich verstand. Dies tat er und sah sich im Zimmer um. Aus dem Flur kam die Stimme meines Vaters. "Isabelle? Bist du Zuhause?" Man merkte, dass er gestresst war und wahrscheinlich was zu essen wollte. Damit er Flo nicht entdecken würde öffnete ich die Tür und trat hinaus. "Ja, ich bin schon da" antwortete ich mit einer zittrigen Stimme. Er kam in den Flur und nickte einmal "Ich bin gleich wieder weg!" rief er ebenfalls noch, als er wieder in die Küche ging. "Ok, wann kommst du wieder?", "Weiß ich noch nicht. Habe ne Menge zu tun im Büro. Einige Mandanten denken, dass ich der ihr Dienst-etwas bin." rief er noch zurück. Als ich gerade in die Küche wollte sah ich, dass mein Vater bereits seinen Mantel wieder angezogen hatte und auf den Weg zur Tür war. In diesem Moment war ich so froh, dass mein Vater für gewöhnlich nur ein paar Minuten Zuhause war.

Er drängte sich an mich vorbei und öffnete die Haustür. "Warte nicht auf mich." fügte er noch hinzu und ging raus. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Gerade, als ich wieder in mein Zimmer gehen wollte öffnete mir Flo die Tür und fing frech an zu Grinsen. "Ist es dir peinlich?", "Was? ... Nein, natürlich nicht... aber was soll er denn denken, wenn ein fremder Mann in unserem Flur steht?" antwortete ich und ging an ihm vorbei in mein Zimmer. "Wie ich sehe, kannst du Instrumente spielen."sagte er noch, als er sich zum Zimmer drehte. "Flo, was willst du eigentlich hier? Der Kuss... ja gut... ich habe mich gelöst, weil ich es wollte. Genug?" Ich hoffte, dass er mich endlich in Ruhe lassen würde. Was wollte er denn von mir? Einige Sekunden vergingen in denen keiner von uns etwas sagte. Leise setzte ich mich auf mein Bett und spielte mit meinen Fingern. "Was ist noch?" fügte ich hinzu. Man sah, dass die Situation sehr unangenehm für ihn war. "Kann ich mich setzten?" fragte er kleinlaut. Mit einem eher unbewussten nicken, hob ich meinen Kopf und musterte ihn. Als er sich neben mich setzte sah er mir weiter in die Augen. Ich wollte so, dass er endlich verschwinden würde. Ich bin nur für sein Projekt wichtig. 


Bro before Hoe? [Lefloid&Spacefrogs Fanfiction] *BEENDET*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt