Entscheidungen

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1 Woche später

Ich sitze angespannt auf unserem großen Sofa und ziehe nervös an meiner Krawatte. Heute ist wieder ein Gespräch mit Jonghi. Meine Mutter hört nicht auf mich zu fragen, ob ich mich entschieden habe.
Ja, ich habe mich entschieden. Ich will sie nicht heiraten. Das Problem an der ganzen Sache ist... Ich habe sowieso nichts zu entscheiden. Wenn meine Mutter von mir verlangt, dass ich eine Frau heiraten soll, dann muss ich es tun. Aus dem einfachen Grund, dass mein Leben davon abhängt.

Meine Eltern sind sehr begeistert von Jonghi und wäre ich nicht schwul, dann wäre ich es wahrscheinlich auch.
Aber ich bin verdammt schwul!
Nein, ich brauche keine weiblichen Kurven... Ich will die männlichen, breiten Oberkörper und die starken Arme.

So ist es nämlich. Es ist einfach ein Fakt. Ein Teil von mir, den ich nicht ändern kann und auch nicht ändern möchte.

Doch obwohl mich gerade ganz kurz die Welle des Selbstbewusstseins überrollt hat, wird sie schnell von einer größeren Welle überrannt, die sich Familie nennt.

Der Familie keine Schande bringen.
Den Namen mit Stolz tragen und ihn nicht beschmutzen.
Stellt mir doch direkt die Aufgabe, dass ich mit einer selbstgebauten Rakete auf den Mars fliegen soll.

Richtig, das ist genauso unmöglich, wie dass ich einfach hetero werde.

Ich bin so hin und her gerissen.
Mal denke ich mir, dass ich einfach mein eigenes Ding durchziehen sollte und dann wiederum, werde ich feige und bemerke, dass ich ohne meine Familie nichts auf die Reihe kriege.

Ich stecke eindeutig in einem Zwiespalt.

Ich zucke zusammen, als ich das bekannte Klingeln höre und starre mit großen Augen in den Flur.
Bedrückt versuche ich mich zusammenzureißen und erhebe mich.
Ich weiß genau, dass Jin die Tür öffnet, aber ich muss mich an die beknackte Höflichkeitsform halten.

Also gehe ich in den Flur und komme gerade dann aus dem Raum, als Seokjin die Tür öffnet und sich respektvoll vor dem Besuch verbeugt.

Ich verschnellere meine Schritte, bis ich neben Seokjin stehe und mich in einer theatralischen Bewegung zu dem Besuch umdrehe.
"Guten Tag." Ich verbeuge mich ebenfalls höflich und höre Schritte hinter mir, die eindeutig zu meiner Mutter gehören.

"Schönen guten Tag, es freut mich dass sie hier sind. Treten sie doch ein. Unser Bediensteter wird ihnen die Jacken abnehmen."
Sofort tritt die Familie ein und begrüßt uns ebenfalls höflich.
Ich beobachte, wie Jin ihnen die Jacken abnimmt und an die Gäste-Garderobe hängt.

Mein Blick trifft den von Jonghi, welche mich leicht anlächelt.
Ich versuche es so gut es geht zu erwidern, doch mir ist rein gar nicht nach lächeln zumute.
Sie scheint es auch zu bemerken, denn das Lächeln verschwindet und weicht Besorgnis.
Ich weiche ihrem Blick aus und schaue stattdessen auf den Boden.

Ist es jetzt soweit?
Werde ich wirklich jetzt schon darüber bestimmen müssen, ob ich frei oder erfolgreich sein möchte?
Muss ich mich selbst anlügen, oder meine Eltern enttäuschen?
Ich mache mir die ganze Zeit Gedanken darüber, doch es bringt nichts.

"Jimin?" Mein Vater fasst an meine Schulter. Ich hebe ruckartig meinen Kopf und blicke ihn mit großen verzweifelten Augen an.
"J-ja?", Frage ich und spüre, wie sich mein Hals zuschnürt. Meine Stimme klingt schwach und das liegt bloß daran, dass ich verhindern will vor den Leuten zu weinen.

Nennt mich eine Heulsuse.
Aber versucht euch auch in meine Situation reinzuversetzen.
Jeder kennt diesen Moment, wenn man eine beinahe unmögliche Entscheidung treffen muss.
Eine Entscheidung, die vielleicht alles, für immer, verändert.
Entscheidungen, die man am liebsten nie treffen würde, weil beides Wege sind, mit Vor- und Nachteilen.

"Es ist normal, dass du nervös bist.", Flüstert mein Vater und klingt dabei so, als wüsste er nicht wirklich Bescheid.

Ihr wisst beide Bescheid.
Du und Mutter!
Doch ihr seid widerliche Heuchler, die mich nicht so akzeptieren, wie ich wirklich bin!

Wieder einmal Worte, die ich ihnen am liebsten entgegen gerufen hätte, doch dann wäre ich am Arsch.
So richtig am Arsch.

Also lächel ich nur und nicke.
"Du hast Recht. Das vergeht."
Mein Vater schaut zufrieden aus und widmet sich wieder dem Besuch.

Gemeinsam gehen wir in das Wohnzimmer und mit jeder Sekunde die vergeht, komme ich meiner Entscheidung näher...

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Ich bin da. Nach tausend Jahren. (10+ Tage)

Freut ihr euch?.
Nein?
Okay...

Tut mir leid, dass so lange nichts kam. Ich war sehr beschäftigt mit der Schule und hatte noch ein wenig anderen Stress.
Ich rede nicht viel, sondern schreibe jetzt weiter.

Liebe Grüße.

𝐇𝐚𝐭𝐫𝐞𝐝 [VMIN] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt