𝐇𝐚𝐭𝐫𝐞𝐝 [VMIN]

Inneres Chaos

Taehyung PoV.

Ich starre aus dem Fenster. Meine Beine zu einem Schneidersitz verknotet. In meinen Händen halte ich einen heißen Kaffee. Ich habe mir eine Decke um die Schultern gewickelt und es mir auf meiner Sitz-Fensterbank kuschelig gemacht.

Das alles mag jetzt total gemütlich klingen, aber wie entspannt es vom Äußeren wirken mag, desto zerstreuter ist es in mir.
In Wahrheit beobachte ich nicht die herabfallenden Blätter, die in den buntesten Farben leuchten, sondern denke an Jimin.
Ich trinke nicht entspannt meinen Kaffee, ich schütte ihn meine Kehle runter, um die Müdigkeit verschwinden zu lassen.

Die Müdigkeit, die durch meinen fehlenden Schlaf verursacht wurde. Abends liege ich unruhig in meinem Bett. Schuldgefühle, die mich quälen.
Vor drei Tagen habe ich durch meinen Vater erfahren, dass Jimin verlobt ist.
Sie werden schon bald heiraten. Mein Vater erzählte es mir ganz nebenbei, als sei es nichts wichtiges, doch hätte er gewusst was für Gefühle es in mir auslösen würde, dann wäre es ihm wahrscheinlich nicht einfach so über die Lippen gekommen.

Jimin wird heiraten... Ich kann es nicht glauben. Soviele Aspekte sprechen dagegen.
Am meisten wohl, dass er homosexuell ist. Wäre er es nicht... Wäre er wenigstens Bisexuell, sodass die Chance bestehen könnte, dass er sich in sie verlieben könnte, dann würde ich mir nicht so einen großen Kopf machen. Dann würde es ihm vielleicht sogar gut dabei gehen.
Ich will nicht an mich selber denken, aber ich wäre bei beiden Fällen am Boden zerstört gewesen.

Ich hatte von Anfang an verloren.
Schon ab dem Zeitpunkt, an dem ich herausgefunden hatte, wer Chim ist und ich Jimin nicht Bescheid gegeben habe, dass ich es weiß.
Vielleicht sogar schon vorher. Ab dem Zeitpunkt, an dem wir uns zum ersten Mal sahen.

Bei uns war schon immer dieser Hass... Obwohl, ich weiß nicht Mal ob es wirklich Hass war.
Es war wahrscheinlich nur unser Ego.
Jeder von uns beiden wollte besser sein, als der jeweils andere. Wir sind so aufgewachsen. Wir konnten von Anfang an nicht anders, als uns zu vergleichen.
Wir waren schon immer dazu verpflichtet, besser zu sein, als jeder andere. Beide von uns wollten es mit Perfektion bestehen.

Nun sieht man, was wir davon haben. Anstatt uns anzufreunden, wurden wir zu Feinden. Ich gebe zu, größtenteils kam es auch bin mir. Aber früher, als ich noch acht Jahre jung war, da habe ich nicht an Freunde gedacht. Ich wollte einfach immer der Beste sein. Für meine Eltern, für Bekannte und für Außenstehende.

Heute bereue ich es.
Ich wäre Jimin nahe, doch statt ihm nahe zu sein, ist er weiter entfernt als je zuvor.
Wohlgemerkt verlobt. Ich habe keinen Chance mehr.
Mir wird er wohl nicht mehr verzeihen, aber ich muss ihn vor dem größten Fehler, den er machen kann bewahren.

Dem Fehler, eine Frau zu heiraten, die er nie zu lieben lernen wird, denn dieser Fehler würde sein ganzes Leben bestimmen.
Irgendwie muss ich ihn dazu bringen, die Entscheidung zu ändern.

Wie nur, wenn er mich blockiert hat und mir bei Geschäftsgesprächen keine Möglichkeit gegeben wird?

Da fällt mir ein, dass ich noch Briefpapier habe...