Sie rollten mit den Fahrrädern die geschlängelten Kurven hinab entlang an ein paar umbegeisterten, Gras kauenden Heidschnucken bis Keno auf einen schwer befahrbaren Seitenweg abbog. Am Anfang des Weges stand ein Schild aufgestellt. Privatgrundstück. Betreten verboten.Unbekümmert fuhr Keno an dem Schild vorbei und Emilia folgte ihn. Es dauerte noch etwa weitere 20 Minuten bis sie zu einem an einer Bucht angrenzenden kleinen Grundstück gelangten, auf dessen saftig grünen Gras Gänseblümchen, Butterblumen, Löwenzahn, Kornblumen, Klatschmohn, Margareten und viele weitere wilde Blumen blühten, die von einem Schwarm zufrieden brummender Bienen und Hummeln bewirtschaftet wurden. Anscheinend überließ der Besitzer den Garten komplett der Natur, was ihn auf eine so natürlichen Weise wunderschön machte und irgendwie verwunschen wirkte. Keno lehnte sein Fahrrad gegen einen dunklen Holzzaun und öffnete die Gartentür, wo ein schmaler Pfad inmitten der Blumenwiese sie zu einem rostrotem Holzhaus führten. Ein alter, rostiger Torbogen, um den sich Kletterpflanzen rankten, diente als eine Art Überdachung auf dem Weg zum Haus und Emilia fühlte sich, als wäre sie gerade nicht auf Myr, sondern direkt im Märchen gelandet, wo sie gleich in dem Holzhaus Feen oder andere fantastische Wesen trifft, die eine Prinzessin vor der bösen Hexe versteckten. Die große Terrassentür mit den vielen kleinen rechteckigen Fenstern inmitten einer weißen Holzumrahmung, ließen ihre Erwartung an das Innere steigern. Sie konnte kaum erwarten, was sie dort drin sehen würde. „Wo sind wir?", fragte Emilia. „Das ist mein Lustschlösschen.",witzelte Keno zwinkernd, was ihn ein Stirnrunzeln von Emilia einbrachte. Knarrend und quetschend öffnete er die Tür und trat feierlich zur Seite, damit sie endlich einen Blick auf dessen Inhalt erhaschen konnte. Neugierig blickte sie sich um und was sie sah verschlug ihr den Atem. „Wow, Keno, hast du die etwa alle angefertigt?"Brummend und sichtlich stolz bejahte er ihre Frage und ein breites Grinsen durchzog sein markantes Gesicht. Natürlich hätte sie auch selber auf die Idee kommen können, doch wie hätte sie ahnen können, dass Keno so begabt ist und die Liebe zum Detail in jeden einzelnen Strandhaus von handgemacht ist? Es tauchte ihn in ein ganz neues Licht und entfachte in ihr eine tiefe Bewunderung für den Mann, den sie gerade erst in Begriff war kennenzulernen. Bedächtig strich sie über die mit Sägespäne bedeckten Möbel, dessen Umrisse sie gerade so im kargen Licht erkennbar waren. Der dadurch aufgewirbelte Staub tanzte im Sonnenlicht, das durch zwei kleine Fenster zu ihnen hineindrang. Keno knippste das Licht einer Glühbirne an, die von der Decke baumelte und den Raum binnen Sekunden mit Licht durchflutete. Die plötzliche Helligkeit brachte Emilia zum Blinzeln und eine Spinne, die ihr kunstvolles Netz in einer Ecke über den Fenster gesponnen hatte, flüchtete in die Dunkelheit eines Schattens, von woraus sie sie skeptisch beobachtete. Emilia trat näher an einen Wandschrank aus lasierten Walnussholz und geschwungenen Füßen heran und entdeckte die verschnörkelte Verzierung, die sich an den Rändern des Schrankes entlang wanden, dessen Umrisse sie mit ihren Fingern bedächtig nachzeichnete. „Das ist wirklich hübsch."Sie zog einer der drei Schubladen aus und bestaunte den vielen Platz. Sie konnte sich förmlich vorstellen, wie sie in diesem antik wirkenden Möbelstück ihre Sachen unterbrachte. „Den Schrank wollte eine ältere Dame von der Insel entsorgen, weil er schon so alt und völlig heruntergekommen war. Die Farbe war abgesplittert, die Schubladen klemmten und eine Tür hing traurig herab. Zum Glück konnte ich das Schmuckstück in letzter Sekunde vor dem Sperrmüll bewahren und bald wird er in eines der Strandhäuschen zu neuem Leben erwecken."„Wie in die Schöne und das Biest?"„Besser.", versicherte er ihr und griff ihre Hand, um sie in die andere Ecke des Raums zu geleiten. „Komm mit, ich zeig dir was."Er führte sie zu seiner Werkbank und deutete auf eine hölzerne Schatulle, die auf einer massiven Werkbank inmitten von säuberlich angeordneten Maschinen lag. An den Wänden war Werkzeug an Schrauben in Reih und Glied aufgegangen und Wandregale trugen ordentlich etikettierte Dosen und Gläser. Alles, so schien es, hatte sein Platz und lag willkürlich herum. Anhand dessen was sie sah, versuchte Emilia sich vorzustellen, wie seine Wohnung wohl sein mochte und hoffte inständig ein dort, insofern sie mal die Chance dazu hatte, ein wenig Chaos vorzufinden. Sie selber hatte es eher nicht so mit Ordnung.„Was ist das?", fragte Emilia neugierig, als er ihr die Holzschatulle zuschob und ihr signalisierte, dass sie sie öffnen soll.„Die habe ich beim Renovieren der Strandhäuser gefunden. Genau genommen sogar in dem, wo du jetzt wohnst."„Also gibt es hier doch Piratenschiffe und Schätze.", scherzte Emilia, die nun ganz aufgeregt war, was sich in der Schatulle befand. Sie musterte die hübschen Rosen, die auf den Deckel der Schatulle eingraviert waren und drehte dann den vergoldeten Schlüssel, um diese zu öffnen. Ein leerer Innenraum sprang ihr entgegen und auch die zwei Fächer, die beim Heben des Deckels, hervorkamen, waren bis auf ein paar Staubkörner komplett leer. Sie war so süß, wie sie die Stirn runzelte und sich vermutlich fragte, ob er sie auf den Arm nehmen wollte. Fragend blickte sie Keno an, der ein verschmitztes Lächeln aufgesetzt hatte. Geheimnisvoll nahm er die Schatulle wieder an sich und ruckelte am Boden bis dieser sich löste und zur Verblüffung Emilias viele kleine bräunlich schimmernde Steine hervorbrachte.Anscheinend hat der Besitzer sie wohl vergessen oder überhaupt nicht von deren Existenz gewusst.„Wie bist du da drauf gekommen den Boden zu lösen?"„Tja, ich wollte die Scharniere reparieren und bin an der unteren Schraube so schlecht angekommen, dass ich den Boden rausnehmen wollte und da waren sie."„Wow!", ehrfürchtig nahm sie einen Stein heraus und hielt ihn gegen das Licht. Sie bewegte ihn zwischen Daumen Zeigefinger hin und her bis sie etwas kleines, darin verschlossenes entdeckte. Es war eine winzige Mücke, die sich in der ursprünglichen klebrigen Masse verfangen hatte und zusammen mit dem Harz über Jahrhunderte hinweg zu Stein geworden war.„Eigentlich gibt es hier kaum noch Bernstein, aber die Touristen ziehen trotzdem jeden Morgen los, in der Hoffnung welches zu finden.", Keno bewegte seinen Finger in einer kreisenden Bewegung am Kopf, um zu signalisieren, dass genannte Touristen wohl eine Schraube locker hatten. "Das da, ist das erste was ich hier wirklich gefunden habe."Ein lautes Gurgeln kam aus Kenos Magengegend und er kratzte sich verlegen den Kopf. „Tja, Zeit zu gehen würde ich sagen, mhm?"Emilia, die immer noch fasziniert ihr kleines Stück Bernstein auf weitere eingeschlossene Tiere oder Blätter untersuchte, ließ die Hand sinken und seufzte tief. Sie wäre gerne noch geblieben, aber auch sie musste zugeben, dass sie von den langen Tag an der frischen Luft hungrig war und außerdem wollte sie ihr versprechen einlösen. Noch einmal schaute sie das fast winzig wirkenden Steinstück an und war gerade dabei es zu seinen anderen Freunde in der Holzschatulle zurückzulegen, als Keno seine große Hand darüber lag und mit dem Kopf schüttelte.„Behalt es ruhig, als Andenken an deinen Urlaub auf Myr. Jetzt brauchst du wenigstens mehr kein Souvenir kaufen gehen."Die Sonne tauchte gerade in das Meer ein, als sie mit an dem Büro seiner Eltern ankamen. Gemeinsam verstauten sie die Fahrräder in einen Schuppen, der ihr tatsächlich noch nie aufgefallen war, obwohl sie so gut wie jeden Tag an der Touristeninformation vorbeikam. Es sah irgendwie urkomisch aus, wie dieser große Mann das neben ihn klein wirkende Fahrrad durch den zu niedrigen Türrahmen trug und er sich extrem weit Bücken musste, um überhaupt reinzupassen. Ein Krachen erschreckte sie, dann hörte sie ein Poltern, was so klang, als würde Keno die ganze Wand um die Ohren fliegen.„Verflixt!", schimpfte er und sie fragte sich, ob sie ihn jemals hatte fluchen hören.„Alles okay da drin?"„Ja, ja, nur dieses verdammte Regal. Ich hatte Lijan schon vor Wochen gebeten es an der Wand zu befestigen, aber offensichtlich gibt es mal wieder wichtigeres."Emilia, die nun zum Eingang gekommen war und sämtliche Utensilien, angefangen von Blumentöpfen, über Werkzeug bis hin zu Strandspielzeug Allsamt auf den Boden verteilt sah, verschränkte die Arme und wartete geduldig bis Keno sich ein wenig beruhigt hatte. Tatsächlich humpelte er fluchend wie Rumpelstilzchen in der Hütte umher und Emilia musste sich anstrengen nicht einfach loszuprusten. „Soll ich dir was helfen?", sagte sie stattdessen und deutete auf das Chaos am Boden.„Schon gut, das kann Lijan morgen machen.", schadenfroh rieb er sich die Hände, „Wir haben eh noch ein Hühnchen zu rupfen."„Ich gehe nur noch schnell die Autoschlüssel holen und dann sind wir auch schon Abflug bereit.", entgegnete er nun wieder ganz der Alte und Emilia wartete draußen. Da sie etwas fröstelte beschloss sie die Straße ein kleines Stück hinaufzugehen bis sie an die perfekte Stelle kurz hinter der Bäckerei stand und sowohl hinter sich den Hafen, als vor sich den Strand zu sehen. Hier würde Keno sie gut finden, sobald er das Büro verließ. Emilia hob eine Hand an die Stirn und kniff die Augen zusammen, damit sie eine bessere Sicht auf das Meer bekam. Dabei fiel ihr wieder diese Frau auf, die sie schon neulich auf der Bank hatte sitzen gesehen. Völlig regungslos blickte sie in die Ferne und wirkte so surreal. Als ob es kein Mensch wäre, der da auf der Bank saß, sondern eine perfekt in Stein gemeißelte Statue. Ein Augenblick starrte Emilia so in die Ferne bis sie die warmen, großen Hände von Keno auf ihrer Schulter spürte. „Bist du soweit?"„Ähm, ja.", stotterte sie etwas ertappt beim Gaffen beobachten worden zu sein und folgte Keno mit hochroten Kopf zum Auto. Dieser schien jedoch nichts bemerkt zu haben oder tat zumindest so. Sie ergatterten gerade noch so einen Platz auf der überdachten Terrasse direkt am Holzgeländer mit einer wundervollen Sicht über die Bucht, an dessen Felsen rhythmische das Wasser klatschte. Viele kleine bunte Lampions verzierten die Terrasse. Fröhlich tanzten sie im Wind und umrahmten das Meer, als wäre es nur ein Gemälde. Es war wunderschön hier und ganz anders, als das, was sie von Berlin gewöhnt war. Die massiven Tische mit den dunklen Stahl Gestellen, an denen ebenso massive Holzstühle standen, wirkten zwar schwer, aber trotzdem auch gemütlich und elegant. Bunte Topfpflanzen verzierten neben Teelichtern die Tische und die weißen Sitzkissen luden zum Verweilen ein. Hinter ihnen im Innenbereich drang ein Stimmengewirr aus Gelächter und Gesang zu ihnen nach draußen und verschwand mit dem Wind auf nimmer wiedersehen hinaus auf das Meer. „Das war wirklich ein sehr schöner Tag.", sagte Emilia schließlich und musste ein Gähnen unterdrücken. So eine Tour um die Insel war nicht ganz ohne und ihr tat alles weh. Das gibt einen schönen Muskelkater, dachte sie, während sie ihre Beine an Keno seine vorgestreckte, um sie ein wenig zu dehnen. Keno stimmte ihr mit einem lauten, herzhaften Gähnen zu, was Emilia nun endgültig zum Lachen brachte. Wie schön es doch war sie lachen zu sehen, dachte Keno. Eine Bedienung, die ihr erdbeerblondes Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte, Keno anscheinend sehr gut kannte und Anea hieß, nahm ihre Bestellung auf und verschwand flink wie eine Katze wieder im regen Treiben des kleinen Restaurants. Es versetzte Emilia einen Stich, als sie Kenos intensiven Blicken folgte, die das Mädchen nachdenklich beobachteten. Was hatte sie erwartet? In ein paar Wochen würde sie wieder zurück nach Berlin fahren und dann würde sie sich sowieso nie wieder sehen. Mhm, Berlin. Mittlerweile wirkte das alles wie ein ganz anderes Leben, von dem sie nur aus Erzählungen gehört hatte. Als ob sie es nie selber erlebt hätte und nie da gewesen wäre. Wenn sie ganz ehrlich zu sich war dann wußte sie immer noch nicht, was genau sie mit ihrem Leben nun anfangen sollte und sie hatte überhaupt keine Lust zurück zu gehen. Vielleicht sollte sie einfach hier bleiben. Nachdenklich schaute sie dem Brechen der Wellen zu. Wie schön es wäre hier bleiben zu können. Doch was machte sie dann hier? Sie konnte schlecht von Luft und Liebe leben und irgendwann müsste sie auch Kenos gemütliches Strandhaus verlassen. Außerdem wollte sie ihm auch nicht die Tour bei dem Mädchen vermasseln...Keno seufzte ganz laut und schüttelte mit dem Kopf.„Mein Bruder treibt mich noch in den Wahnsinn.", lenkte er ein.„Meinst du Lijan?", runzelte sie nachdenklich die Stirn.„Ja genau der. Das Studium hat ihn in einen Schürzenjäger verwandelt und Anea...", er deutete in Richtung, wo das Mädchen verschwunden war, „..ist anscheinend seine neuste Errungenschaft."Emilia versuchte ihre Erleichterung zu verbergen. Anea war hinter Keno aufgetaucht und nahm gerade eine weitere Bestellung von ein paar Herren auf, die hier wohl ihren Junggesellenenabschied feierten. Dabei konterte sie keck jede vorlaute Bemerkung und hielt den Jungs ordentlich Einhalt „Sie scheint nicht so, als würde sie sich von charmanten Worten einlullen lassen.", entgegnete Emilia.„Das ist es ja gerade. Ich verstehe das einfach nicht, was zwischen den beiden vor sich geht, aber vermute dass es böse enden wird, wenn Lijan seine Meinung ändern wird und das wird er, dann bringt ihn Oskar um. Anea ist sein ein und alles."„Was ist mit mir?", hörte er Anea, die sich so schnell heranschlich, sodass sie keine von ihnen bemerkte.„Ach, ich erzähle nur gerade Emilia von der langen Familientradition, die in diesem Restaurant steckt"„So, so.", entgegnete sie skeptisch, „Wie es aussieht werden wir wohl bald expandieren."„Ehrlich?", sagte Keno überrascht.„Japp, ich möchte den leerstehenden Laden in der Strandstraße kaufen und ein Café eröffnen.", sagte sie verträumt und erntete einen weiteren neugierigen Blick von Keno. Doch bevor er sie über die Neuigkeiten ausfragen konnte, war sie zu einem älteren Pärchen aufgebrochen, um die Bezahlung entgegen zu nehmen. „Anea. Lijan. Und ein Café? Irgendwie habe ich eine ganz seltsame Ahnung."Beide verschlangen hungrig ihren Fisch. Sie schwiegen eine überhaupt nicht unangenehme Pause und genossen einfach nur den Abend. Nach einem Dessert entschlossen sie beide heute nicht alt zu werden und Keno setzte sie direkt vor dem Strandhäuschen ab, wo sie sich zum Abschied umarmten und Emilia sich nochmals für den wunderschönen Tag bedankte. Mit einer heißen Tasse Tee machte sie es sich gemütlich auf der Coach und ließ nochmal den Tag review passieren bis ihr Blick auf ihre zwei gekauften und noch völlig unberührten Bücher auf den Beistelltisch fiel. Lesen, auch das hatte sie lange nicht mehr gemacht. Als Kind verschlang sie sämtliche Bücher ihrer Oma, mit der sie bei Tee in der warmen Gartenlaube stundenlang ihren gemeinsamen Hobby nachgingen. Der Gedanke wie ihre geliebte Großmutter ihr mal wieder ihre neuste Errungenschaft mit, „Emilia, das ist so ein wunderschönes Buch", präsentierte, zauberte ihr ein Lächeln ins Gesicht. Zum Abend machte ihre Oma dann immer Schnittchen mit Leberwurst und kleinen Gewürzgürkchen und sie entspannten sich vor dem Fernseher bevor es für sie beide früh ins Bett ging. Solche Tage bei Oma waren einfach immer die besten. Ihre Eltern waren beide berufstätig und hatten daher nur am Wochenende Zeit für die Familie. Deshalb war sie so gut wie immer bei ihrer Großmutter, die glücklicherweise wenige Straßen weg wohnte. Sie aßen dann gemeinsam Mittag, Emilia machte ihre Hausaufgaben und dann spielten sie Mensch ärgere dich nicht. Schöne Kindheitserinnerungen. Als ihre Oma dann starb, war es für Emilia ein Schock. Zur Verwunderung aller war sie Alleinerbin des Hauses und zog auch dort ein, was einen großen Protest bei ihren Eltern und den Geschwistern ihrer Mutter auslöste, die Zugern auch ein Stück von dem Kuchen abbekommen hätten. Zu dem Zeitpunkt war Emilia bereits volljährig und konnte wohnen, wo sie wollte und das tat sie dann auch. Allerdings verlor sie dadurch auch den Zugang zu ihren Eltern und auch wenn sie gleich um die Ecke wohnten, so sahen sie sich nur noch selten und verloren den Kontakt zueinander. Ab und zu telefonierten sie zwar noch, aber nach wenigen Minuten war dann alles gesagt und sie legten wieder auf. Es fühlte sich mehr an, als würde Emilia ihre Pflicht erledigt haben und sie wußte auch sehr genau, dass wenn sie nicht anrufen würde, würden sie gar nicht telefonieren. Ihr Vater war ein sehr erfolgreichen und gefragter Schönheitschirurg, der Tag und Nacht in der Klinik Schönwalde zubrachte und kaum zuhause war. Ihre Mutter hingegen war ebenfalls beruflich sehr eingespannt, da sie sich mittels dem sauer verdienten Geld ihres Vaters einen Modeladen eröffnet hatte. Emilia glaubte zu wissen, dass er ihr den Laden nur gekauft hatte, damit sie beschäftigt war und er in Ruhe in der Klinik arbeiten konnte, ohne sich ständig rechtfertigen zu müssen. So lebten ihre Eltern nebeneinanderher und Emilia fühlte sich wie das dritte Rad am Wagen. Dass sie seit nun knapp 2 Wochen auf einer Insel weit weg war und ihren Job verloren hatte, interessierte sicher niemanden. Sie seufzte tief, dann versank sie ihre Gedanken in einen der neusten Romane.
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Ein Sommertraum
Roman d'amourEmilias mühevoll erarbeitete Karriere erlebt einen unerwarteten Wendepunkt, sodass sie kurzerhand ihre sieben Sachen packt und auf die Ostseeinsel Myr reist. Doch kaum auf der Insel und völlig erschöpft, muss sie feststellen, dass alle Unterkünfte r...