Alsich vor Tiffanys Haustür stehe und die Klingel betätige, fällt mirein, wie früh es eigentlich ist. Sie wird definitiv noch schlafen,genauso wie ihre Eltern. Ich bin mir nicht sicher, ob einer von denenmir die Tür öffnen wird, und wenn doch, dann tut es mir jetzt schonleid, dass ich denjenigen aus dem Schlaf gerissen habe.
Dennochbleibe ich vor der Tür stehen und warte. Es fühlt sich an, alswürden einige Minuten verstreichen, bis ich mich schließlich dochzum Gehen abwenden möchte.
„Blaze?",ertönt jedoch die verwirrte und verschlafene Stimme meiner bestenFreundin, die mich dazu veranlasst, doch wieder stehen zu bleiben.
Aufeinmal ringt mich eine mächtige Welle von Scham nieder. Ich stehevöllig verwahrlost vor ihr, obwohl ich in den letzten Tagen wohlkaum eine gute Freundin für sie gewesen bin. Und wenn sie wüsste,was gestern Abend geschehen ist... Ich frage mich, wie dämlich icheigentlich bin. Nach allem was ich tat ist Tiff eigentlich der letzteOrt, an dem ich Zuflucht suchen sollte.
Dochbevor ich mich noch weiter in meinem Gedankenkarussell verirre, nimmtsie mich plötzlich fest in die Arme. Auch wenn ich mich mit jedemMillimeter meines Körpers schlecht fühle, zögere ich kaum eineSekunde und erwidere ihre Umarmung. Schlinge meine Arme um ihrenKörper und lege meinen Kopf auf ihre Schulter. Diese Umarmung fühltsich so gut an, dass ich mal wieder meine Tränen einfach nichtzurückhalten kann.
Tiffversucht mich zu beruhigen, auch wenn sie nicht versteht was passiertist, indem sie mir zuflüstert, dass alles gut werden würde. Aberich muss nur noch mehr weinen, denn ich wüsste nicht wie in alldiesem Chaos überhaupt nochmal etwas alles gut werden kann.
Siezieht mich in das Haus, schließt die Tür hinter sich und bringtmich direkt in ihr Zimmer. Sie hilft mir dabei, mir meine Schuhe unddie dreckigen Klamotten ausziehen, um mich daraufhin in kuschelige,saubere Klamotten zu hüllen. Danach lege ich mich in ihr Bett.
„Brauchstdu etwas? Tee? Schokolade?" Ich wäre beinahe wieder in Tränenausgebrochen, als ich daran denke, was für eine wunderbare Freundinsie ist und was für eine grauenhafte ich bin.
Wennich an gestern zurückdenke plagt mich noch immer eine mir zusetzendeÜbelkeit und ich habe das Gefühl, solange ich noch in dieser Hautstecken werde, wird dieses Gefühl nie wieder mehr von meiner Seiteweichen.
Alsich dachte, Harry würde meine beste Freundin in kurzer Zeit so oderso betrügen, hätte ich niemals gedacht, dass ich die Schlampedahinter wäre. Und ich weiß nicht, wie ich ihr das gestehen soll.Ob ich es ihr überhaupt sagen soll, denn sie würde mir das niemalsverzeihen. Ich würde sie verlieren, und das kann ich nicht. Alsobeschließe ich, so grausam und egoistisch es ist, diese Erinnerungfür mich zu behalten. Sie mit vielen anderen Erinnerungen in eineSchachtel zu packen und aus meinem Gedächtnis zu verbannen.
„Hey",reißt mich ihre sanfte Stimme aus meinen Gedanken und als ich meinenBlick auf ihr Gesicht richte, lächelt sie mich liebevoll an. „Willstdu darüber reden?"
Füreinen Augenblick denke ich darüber nach. Nicht darüber, ob ich ihrvon letzter Nacht erzählen sollte, sondern von dem ganzen anderenMist, der mich Tag für Tag plagt. Doch im nächsten Augenblick habeich den Gedanken bereits wieder verworfen und schüttle bloß mit demKopf.
IhrBlick senkt sich enttäuscht. „Irgendwann wirst du mit jemandendarüber reden müssen."
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nuttenrot
Teen FictionEs ist tragisch, wenn uns die scheinbar wichtigste Person in unserem Leben plötzlich aus den Fingern entrissen wird. Noch tragischer ist es, wenn man diesen Verlust, diesen Schicksalsschlag auf eine Art und Weise verarbeitet, bei der wir drohen unse...