Kapitel 7

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Freitag 04.10.2019

Wieder ein Schlag. Noch einer. Langsam wird alles schwarz um mich herum. Warum musste ich es auch so weit kommen lassen? Ich wehre mich schon gar nicht mehr. ,,Du Miststück willst mich wirklich allein lassen? Hast du eine Ahnung wer ich bin?'' schreit Matt mich an. Er hat mitbekommen, dass ich gestern eine Wohnungsbesichtigung hatte. Am anderen Ende des Stadtbezirks. Weiter weg von hier.

Warum habe ich das auch getan?

Wieder ein Schlag. Ich hoffe nur, dass er nicht die genaue Adresse kennt. Denn sonst würde er mich aufsuchen.

Ich komme langsam zu mir. Ich liege im Wohnzimmer auf dem Boden. Vor meinem Mund läuft Blut auf dem Parkett breit.

Matt scheint nicht da zu sein. Schnell stehe ich auf und versuche den stechenden Schmerz in meinem Kopf zu ignorieren. Ich eile ins Schlafzimmer und hole einen Reiserucksack, um dort ein paar Klamotten und einen Kulturbeutel zu packen. Alles wichtige, Arbeitsutensilien, Papiere und so weiter folgen auch. Falls ich länger wegbleibe.

Ich will eigentlich auf Dan's Angebot zurück greifen und zu ihm gehen. Doch er ist ja seit gestern mit seiner Frau auf einer Kreuzfahrt. Ich kann nirgends hin. Langsam lasse ich mich an einer Wand nach unten gleiten und lege meinen Kopf auf meinen Knien ab. ,,Ich bin so dumm!'' beleidige ich mich selbst und beginne zu weinen.

,,Miss West?'' nehme ich eine dunkle Stimme etwas weiter entfernt wahr. Langsam hebe ich meinen Kopf und suche nach der Person. ,,Sie sind es wirklich. Was machen Sie hier draußen mitten in der Nacht?'' Luis kommt auf mich zu. Erst langsam, aber als er zu erkennen schien, dass ich weinen werden seine Schritte schneller.

,,Was ist passiert? Wurden Sie überfallen?'' fragt er. Ich schüttle mit dem Kopf und versuche meine Tränen weg zu wischen, doch er hält mein Handgelenk fest. Ängstlich wimmere ich auf und sehe ihn verloren an. Behutsam wischt er meine Wangen trocken und sieht mich dabei liebevoll und mitfühlend an.

,,Sagen Sie mir was passiert ist!'' fordert er mich auf. Ich schüttle nur mit meinem Kopf und versuche ihn wieder auf meinen Knien abzulegen. Doch ehe ich mich versah, spüre ich die Arme von Luis unter mir und plötzlich liege ich ohne meinen Rucksack, in seinen Armen. Er trägt ihn kann ich erkennen. ,,Was wird das?'' frage ich leise. ,,Ich nehme Sie mit zu mir. Ihnen geht es nicht gut.'' antwortet er ernst und steuert auf ein Auto zu. Davor lässt er mich runter und öffnet mir die Beifahrertür.

,,Schnallen Sie sich an. Ich muss noch etwas holen.'' sagt er und schließt die Tür wieder sobald ich drin sitz. Ich bin völlig überfordert mit der gesamten Situation gerade, dass ich wieder anfange leise zu weinen.

Nach etwa 5 Minuten höre ich das Klicken der Autoverriegelung und Luis steigt neben mir ein. Er legt ein paar befüllte Tüten auf die Rückbank und sieht zu mir rüber. ,,Ich habe noch mein bestelltes Essen geholt.'' erklärt er kurz. Er muss meinen Blick auf ihn falsch gedeutet haben.

Sanft lächelt er mich an und kommt mit seinem Oberkörper ein Stück auf mich zu. Aus Angst lehne ich mich weiter nach hinten, damit er mich nicht berühren kann. Doch er rückt weiter an mich heran. Was tut er? Warum macht er das gerade jetzt? Ehe ich was sagen kann, greift er über mich und holt den Anschnallgurt, um mich anzugurten. Ich versuche so leise wie nur möglich die ganze angestaute Luft in meiner Lunge herauszulassen. Er lässt das Ende in die Schnalle klicken und richtet den Gurt so vorsichtig wie nur möglich.

Er lächelt mich warm an ehe er sich auch anschnallt und das Auto startet. Kurz schrecke ich auf und kralle meine Fingernägel in meine Beine.

Bei ihm angekommen steigen wir aus. Ich will meinen Rucksack nehmen, doch er ist schneller und huckelt den riesigen Rucksack auf. Bei ihm sieht er gar nicht mehr so groß aus wie bei mir.

Er steuert auf den Fahrstuhl zu und wartet davor auf mich. ,,Ich beiße nicht, keine Angst.'' versucht er mich zu beruhigen. Ich nicke kaum merklich und folge ihn in den Fahrstuhl. Bis zum 30. Stockwerk herrscht ein angenehmes Schweigen. Nachdem er ein Passwort eingeben hatte, öffnet sich die Tür und eine große Eingangshalle erstreckt sich vor mir.

,,Ich zeige Ihnen das Badezimmer und das Schlafzimmer.'' erklärt er und läuft vor mir in die Wohnung rein. In der Küche sehe ich ihn die Tüten abstellen. ,,Können wir mit dem Siezen aufhören?'' frage ich leise und schaue ihn flüchtig an. ,,Ehm Entschuldigung ja natürlich.'' sagt er lachend und sieht mir liebevoll in meine Augen zurück. ,,Ally.'' flüstert er etwas lauter meinen Namen. Ich spüre wie sich sofort eine Gänsehaut auf mir breit macht. Nur weil er meinen Namen sagte? Was ist nur los mit mir?

Ich spüre wie ich langsam rot werde. ,,Kann ich das Badezimmer verwenden?'' frage ich vorsichtig. ,,ja aber natürlich gleich die Tür hinter dir. Es ist alles drin was du brauchst. Im Schrank neben dem Spiegel findest du auch eine Zahnbürste und so.''

Ich bedanke mich bei ihm und flüchte so schnell ich kann ins Badezimmer. Vor dem Spiegel wasche ich mir mein Gesicht mit kaltem Wasser, um mich wieder etwas abzukühlen.

Ich schaue mich kurz um und muss wirklich sagen, es ist ein sehr schönes Bad. Nicht zu groß oder protzig, was ich von diesem Gebäude eigentlich erwartet hätte. Und auch nicht hässlich.

Schnell lege ich meine Kleidung ab und stelle mich unter die verglaste Dusche. Das warme Wasser fühlt sich wie tausende von Küssen an, die sich um meinen Körper schmiegen.

Nach gefühlten Stunden schlinge ich einen kuscheligen hellblauen Bademantel um mich.

Mein Rucksack mit meinen Klamotten steht noch draußen. Leise schlüpfe ich aus der Tür und halte Ausschau nach Luis. Er ist nicht mehr in der Küche. Ich kann ich irgendwo sehen, aber da steht mein Rucksack.

Flink eile ich auf ihn zu und wühle nach irgendetwas, was ich anziehen könnte. ,,Du kannst das hier haben.'' ich schrecke hoch und starre auf den großen, schlanken Mann, der mir gegenüber in der Tür steht. Er hält ein Bündel Anziehsachen in der Hand und reicht sie mir. ,,Danke.'' sage ich leise und bleibe immer noch vor ihm stehen.

,,Du kannst dich im Schlafzimmer umziehen. Hier wirst du auch schlafen.'' mit aufgerissenen Augen starre ich ihn an. ,,Keine Sorge, ich schlafe auf dem Sofa.'' lacht er leicht verlegen. Er kratzt sich im Nacken und versucht meinem Blick auszuweichen.

Schnell husche ich an ihm vorbei und schließe die Tür vom Schlafzimmer, um mich umzuziehen.

Keine 5 Minuten später stehe ich vor ihm. Einem großen, wunderschönen und glatten Mann. Wie kann man nur so perfekt aussehen? Ich versuche den Klos in meinem Hals runter zu schlucken, um wieder normal denken zu können.

,,Das steht dir sehr gut.'' kommentiert er meinen Anblick mit einem süßen, schrägen Lächeln. Ich habe ein langes Shirt und eine viel zu große Jogginghose von ihm an. Auch er trägt einen Pyjama. ,,Danke.'' flüstere ich leise und blicke lächelnd auf meine verschränkten Finger.

,,Setz dich und iss was mit mir.'' forderte er mich auf und legt 2 Essstäbchen auf eine Plastikschachtel. Ich nicke schüchtern und setze mich an den Tisch und nehme mein Paar Essstäbchen in die Hand, um mit dem Essen zu beginnen.

,,Ich hoffe es schmeckt.'' lacht Luis. Ich grinse ihn an und nehme mir ein Stück Hühnchen. ,,Ist wirklich lecker.'' lobe ich. ,,Meine Eltern haben das Restaurant an der Ecke wo wir vorhin standen.'' sagt er und isst ebenfalls.

In einer gemütlichen Stille essen wir nun das Essen auf und bringen das Geschirr in die Küche.

,,Morgen mach ich das sauber.'' sagt er ruhig und öffnet mir die Schlafzimmertür.

,,Am besten du legst dich jetzt schlafen. Und je nachdem ob du möchtest oder nicht, können wir morgen ja reden. Ich meine, wenn du jemanden brauchst zum...'', ,,Danke. Ich überlege es mir.'' unterbreche ich ihn lächelnd. Er lacht mit mir mit und winkt mir kurz zu ehe er die Tür schließt. Ich lege mich in das große King Size Bett und kuschle mich in die Decke ein.

Es dauert auch nicht lange, da falle ich auch schon in einen beruhigenden und erholenden Schlaf. So etwas habe ich wirklich mal gebraucht, seit langem. Ich fühle mich sicher und dass nur, weil Luis nebenan liegt.


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