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Sarah Lena; 10.12.2019 ︱Stuttgart

Direkt nachdem wir die Bühne verlassen hatten, wurden wir von einen Mitarbeiter in einen Aufenthaltsbereich geführt, wo uns gleich von anderen Mitarbeitern die Mikrofone und ganzen Kabeln entfernt wurden. Ehrlich gesagt konnte ich es fast nicht mehr aushalten, bis ich endlich raus hier konnte. Nicht weil es so schlimm war, im Gegenteil, aber ich wollte einfach nur noch ins Hotel und schlafen, sodass ich morgen ausgeschlafen die Stadt erkundigen könnte und am Tag darauf den frühsten Zug nach Hamburg nehmen könnte. Es war schon wieder eine ganze Weile her, dass ich meine Eltern und meine anderen Verwandten das letzte Mal gesehen hatte, bestimmt vier Monate, umso mehr freute ich mich darauf bald wieder in meiner Heimatstadt zu sein. Wie lange ich dieses Mal in Hamburg bleiben würde wusste ich noch nicht, ich wollte es dann einfach kurzfristig entscheiden, aber was schon klar war, war, dass man beim Abschied dieses Mal wissen würde, dass wir uns nach kurzer Zeit schon wieder sehen konnten. Weihnachten verbrachte ich immer bei meiner Familie und das würde sich wahrscheinlich auch nie ändern. Es gab schon so wenig Tage, an denen die ganze Familie zusammen kam, da sollte man diese Tage auch komplett nutzten, gerade ich, die im Ausland lebte.

„Hast es wohl ziemlich eilig, hm? Hast du noch was vor?", fragte mich Luca, als ich sofort nachdem die Mitarbeiter fertig waren aufgesprungen war, um meine Tasche und meine Jacke von einem kleinen Stuhl zu holen, damit ich schnell ins Hotel konnte. Ein wenig verwirrt blieb ich stehen und drehte mich zu dem Fußballer, der ebenfalls mit seinen Sachen auf mich zukam.

„Ehm, nein eigentlich nicht. Ich möchte einfach nur noch ins Hotel und schlafen, ich bin vom Flug noch total kaputt, auch wenn es nur ein bisschen mehr als eine Stunde war.", antwortete ich ihm auf seine Frage und wartete noch kurz, bis er mich erreicht hatte, sodass wir dann zusammen zum Ausgang gehen konnten.

„Bist du extra aus London angereist? Es war doch London, oder?", erkundigte er sich. Ein kleines Lächeln hatte er dabei im Gesicht, was ich jedoch nur ein bisschen sehen konnte, weil er beim Gehen auf den Boden schaute und nicht zu mir, wobei ihm seine braunen Locken ins Gesicht fielen. Je länger ich seine Haare betrachtete, desto neidischer wurde ich. Wieso hatte er so wunderschöne locken, wahrscheinlich ohne was dafür zu tun, während ich jeden morgen etlich lange brauchte, bis meine Haare so aussahen?

„Ja, aber die Möglichkeit nutzte ich gleich noch um ein paar Tage nach Hamburg zu fahren, allein deswegen hat es sich schon total gelohnt.", lächelte ich bei dem Gedanken an meine Familie. Schon übermorgen würde ich sie endlich wieder sehen, da war mir sogar egal, dass ich dafür erstmal über neun Stunden im Zug verweilen müsste, obwohl das eigentlich der totale Horror war, vor allem wenn man alleine reiste.

„Ich liebe Hamburg. Die zwei Jahre dort haben mir echt gezeigt, wie schön und vielfältig die Stadt ist und wenn es sportlich besser ausgesehen hätte, wäre ich dort sicher auch noch eine Weile geblieben.", redete er drauf los, womit er mir ein Lächeln entlockte. Ja, Hamburg war wirklich eine wunderschöne Stadt, meiner Meinung nach einer der schönsten der Welt.

„Das stimmt, Hamburg ist wirklich wunderschön. Ich liebe es, dass man an vielen Orten nicht einmal merkt, dass man sich in einer Großstadt befindet, weil Hamburg trotz der fast zwei Millionen Einwohner alles andere als überfüllt rüberkommt.", erzählte ich, während wir auf die große Eingangstür zuliefen, die uns nach draußen ins Freie führte. Wie selbstverständlich hielt Luca die Tür auf und ließ erst mich rausgehen, bevor er selbst durch die Tür ging, was ich mit einem kleinen Grinsen zu Kenntnis nahm. Ich liebte bei Männern so kleine Gesten wie Türen aufhalten, in die Jacke helfen oder andere Aufmerksamkeiten, dass machte die Person für mich gleich ein wenig attraktiver, auch wenn es mittlerweile immer weniger Leute gab, die darauf Wert legten.

„Wo lang musst du jetzt? Oder wirst du hier abgeholt?", fragte mich Luca, als wir draußen an der Straße standen.

„Eigentlich wollte ich zu Fuß zum Hotel gehen.", antwortete ich ihm lächelnd. Ich liebte Spaziergänge und war wirklich fast jeden Tag draußen spazieren, auch wenn manchmal nur eine halbe Stunde war. Und mein Hotel befand sich glücklicherweise in der gleichen Straße wie das Fernsehstudio, sodass wir bloß etwa zwanzig Minuten die Straße runter laufen mussten.

„Stört es dich, wenn ich dich noch ein Stück begleite?", wollte er wissen, sah mich dabei mit einem Lächeln an, was ein wenig unsicher und schüchtern wirkte.

„Überhaupt nicht, ich würde mich über eine Begleitung freuen.", schmunzelte ich, was sein Lächeln ein bisschen sicherer werden ließ. Die erste Minute liefen wir still nebeneinander her, wussten beide nicht wirklich was wir sagen sollten, bis er schließlich das Wort ergriff und die Stille unterbrach.

„Wie kann es eigentlich sein, dass du 18 Millionen Abonnenten hast und man in der Presse trotzdem nicht wirklich was über dich hört?", fing er das Gespräch an und musterte mich interessiert. Für mich war die Frage nichts neues, über eine Antwort brauchte ich auch nicht mehr nachdenken, weil ich die mittlerweile mehr als auswendig konnte.

„Ich mache meine Videos auf Englisch, also habe ich Zuschauer überall auf der Welt, zum Großteil in Amerika, Deutschland ist da eben nur ein kleiner Teil. Viele wissen denke ich auch nicht, dass ich aus Deutschland komme, sonst wäre wahrscheinlich wirklich mehr hier in der Presse, aber ab und zu gibt es doch ein paar Artikel. Aber ich bin auch ganz froh drüber, weil ich hier dann eben meist wie normal durch die Straßen kann. Und es muss ja nicht jeder in Deutschland so ein Held wie du sein.", sprach ich und versuchte damit das Eis zwischen uns zu brechen. Anhand seines leisen Lachens, was kurz darauf ertönte, schätzte ich, dass ich es auch geschafft hatte.

„Wie ist es so in London zu leben?", fragte er nach, dabei ließ er seine Hände in seinen Hosentaschen verschwinden und grinste mich fragend an. Sein Grinsen war süß, wie ich feststellen musste. Ich konnte auf jeden Fall nachvollziehen, dass viele Frauen nicht ganz abgeneigt von ihm waren.

„Wirklich schön. Ich war schon früher total fasziniert von der Stadt, einfach weil dort jedem was geboten wird, egal was man mag. Auch wenn London im Gegensatz zu Hamburg in der Innenstadt total überfüllt ist, was manchmal echt stört. Aber sonst ist es total cool dort zu wohnen, kann ich echt empfehlen.", schwärmte ich von meiner Wahlheimat. Schon als ich mit zehn Jahren das erste Mal in London im Urlaub war, wollte ich am liebsten nicht mehr dort weg und hab meinen Eltern schon damals erzählt, wie gerne ich dort wohnen würde. Die Antwort war meist die gleiche. Es wäre zu stressig und viel zu teuer dort zu leben, das solle ich mir lieber nicht antun. Und ja, irgendwie konnte ich dem zustimmen. London war eine Stadt, die mehr als nur teuer war, allein wenn man in der Innenstadt essen wollte, war man schon total viel Geld los und stressig war es dort auch. Ich war einfach mehr als froh, dass ich mich in der Lage befand, ohne Probleme dort zu wohnen und wusste, dass es überhaupt nicht selbstverständlich war.

„Das ist mein Hotel.", meinte ich, nachdem wir nach zwanzig Minuten vorm Le Meridien, meinem Lieblingshotel angekommen waren. Unsicher stand ich dem Stürmer nun gegenüber, unsicher darüber wie ich ihn verabschieden sollte.

„Na dann. Es hat mich wirklich gefreut dich kennenzulernen, der Abend war echt lustig.", lächelte und sah mich auch einen Moment unsicher an, dann seufzte er und zog mich schließlich in eine kurze Umarmung.

„Mich hat es auch gefreut, vielleicht sieht man sich ja irgendwann nochmal. Naja... Gute Nacht.", schmunzelte ich, drehte mich ohne weiteres um und ging den Weg hoch zum Eingang. Bevor ich durch die goldene Tür verschwand drehte ich mich noch kurz um, nur um zu sehen, dass Luca immer noch dort stand und wartete, bis ich drinnen war. Lächelnd winkte ich ihm kurz zu, was er erwiderte, bevor ich endgültig im Gebäude verschwunden war und mich direkt auf den Weg zum Fahrstuhl machte, der mich hoch zu meinem Zimmer brachte.

paper rings ➳ luca waldschmidtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt