· 11 ·

1.1K 46 0
                                    

Sarah Lena; 14.06.2020 ︱London

Heute war ich, für meine Verhältnisse, schon ziemlich früh auf den Beinen. Die Uhr meines Handys zeigte mir gerade erst neun Uhr in der Früh an, als ich schon fertig geduscht, angezogen und leicht geschminkt aus meinem Bad trat, welches direkt an mein Schlafzimmer angrenzte, aber das konnte man sich sicher auch bei dieser Wohnung denken, immerhin hatte sie auch zwei Kühlschränke. Im Zimmer lag Luca immer noch im Bett und schlief seelenruhig. Ich wie nicht wieso, aber ich hatte es gestern Abend nicht einmal in Erwägung gezogen, ihn in einem der Gästezimmer schlafen zu lassen, ich hatte ihn direkt mit zu mir genommen und er hatte dazu auch nichts gesagt.

„Luca, hey wach auf.", flüsterte ich, als ich langsam auf mein Bett krabbelte und sanft an seiner Schulter rüttelte. Ihn schien es nicht groß zu stören, denn er schlief einfach weiter und rührte sich nicht annähernd vom Fleck, was mich frustriert aufseufzen und ein bisschen grober werden ließ. „Luca, aufwachen!"

„Was willst du?", nuschelte er und schaute mich mit halb geschlossenen Augen an, die ein wenig von seinen Locken verdeckt wurden, die ihm ins Gesicht fielen. Seine Stimme war noch ein wenig tiefer als sonst und total rau und hörte sich einfach wunderschön an, wie sonst auch immer.

„Ich zeig dir die Stadt, also komm." Euphorisch zog ich an seiner Hand, um ihn endlich aus dem Bett zu bekommen und schlussendlich gab er dann endlich nach und stand auf. Und er hatte nur seine Boxershorts und ein weißes Shirt an. Der Anblick lenkte mich gleich ein wenig ab, aber ich versuchte es mir nicht anmerken zu lassen, was anscheinend auch klappte, oder er sagte einfach nichts. Während er aus seinem Koffer Klammotten raussuchte und schnell ins Bad verschwand, setzte ich mich wieder aufs Bett und wartete geduldig auf ihn, was zum Glück auch nur einige Minuten dauerte.

„Warum gehen wir jetzt nochmal so früh los? Und vor allem warum ohne Frühstück?", fragte Luca neugierig nach, als wir durch das große Treppenhaus gingen und schließlich auf den Straßen von Belgravia standen.

„Wir beiden, wir fahren jetzt gleich mit der Underground nach Notting Hill.", erklärte ich ihm, auch wenn ich wusste, dass ihm diese kurze Antwort sicherlich nicht reichen würde. Aber tatsächlich hakte er nicht weiter nach, sodass wir uns in den zehn Minuten, die wir zur Underground Station liefen, über unsere Kindheiten sprachen, wie wir aufgewachsen waren, mit wem wir sie verbracht hatten und wie wir zu der Person geworden waren, die wir heute sind. Als wir dann aber endlich in der Oxford Tube standen, die uns von der Victoria Station zur Notting Hill Gate Station bringen sollte, holte er wieder das Thema der Tagesplanung auf.

„Also, wohin geht es denn nun?", murmelte er ungeduldig. Dadurch, dass es Montag morgen war und viele Leute auf dem Weg zur Arbeit waren, war die Bahn ziemlich voll, sodass wir nah aneinander gedrängt waren und da er halb hinter mir stand und sich beim Reden zu mir runter gebückt hatte, spürte ich seinen heißen Atem im Nacken, was mich ein wenig aus dem Konzept brachte.

„Ehm, also...", druckste ich rum, spürte, wie mein Herzschlag an Geschwindigkeit zunahm. Luca hatte meine Reaktion wohl bemerkt und grinste mich nun keck an, was mich dazu bewegte, mich endlich wieder zusammenzureißen. „Also, was ich sagen wollte. Wir gehen jetzt im Farmacy frühstücken, das ist eines der besten Cafés und Restaurants hier in London. Ich hab heute Morgen spontan angerufen und noch einen Tisch bekommen."

„Ich glaube davon habe ich schon mal gehört... Bist du da öfter?", fragte er neugierig.

„Ja schon, ich geh da öfter mit bekannten hin, oder mit meiner Familie, wenn die hier sind und manchmal auch alleine. Dort ist es echt cool, ich kann da richtig entspannen und sowas.", lachte ich und sah, wie sich auf seinem Gesicht ein Grinsen bildete.

„Kommt Linda dich auch ab und zu besuchen?"

„Na klar, wenn es bei ihr passt alle drei vier Monate und ich bin dann ja auch oft mal bei denen. Fiete war die letzten Male auch mit, ich glaube der hat es richtig genossen, dass ihn mal keiner auf der Straße angesprochen oder angeglotzt hat.", erzählte ich lachend. Als ich Fiete kennenlernte, war er noch in Hamburg und sein Wechsel nach München war noch nicht unterschrieben, aber schon da konnte man nicht durch die Straßen gehen, ohne angeguckt zu werden. Sonst war es für mich immer so, dass ich, wenn ich Zuhause war, die Ruhe vor sowas hatte, denn hier in London war das nicht der Fall.

„Naja, aber hier wirst du ja sicher ab und zu angesprochen, dann muss er ja auch kurz warten, also kommt es doch aufs Gleiche hinaus, oder?", stellte Luca fest und lächelte mich von oben hinab an.

„Theoretisch ja, aber ehrlich gesagt werde ich jetzt nicht so oft angesprochen. Also ist noch alles chillig.", antwortete ich ihm. So ging es dann weiter, bis wir nach ein paar Stationen endlich an unserem Ziel waren. Als wir uns aus der Underground quetschten, griff Luca nebenbei nach meiner Hand und zog mich praktisch hinter sich durch die Leute, so dass ich auch nicht verloren gehen konnte. Als wir dann aber nebeneinander auf dem Bahnsteig standen, ließ er sie nicht mehr los, sondern verschränkte sie richtig mit seiner, während er mich mit einem süßen Grinsen ansah, welches ich strahlend erwiderte. Ich hatte dieses eine Gefühl, das mir sagte, er wäre der Richtige. Und das Gefühl schien sich jeden Moment ein wenig zu bestätigen.

„Ich dachte ehrlich gesagt, dass man mit dir hier nicht so offen rum laufen könnte, weil du so viele Fans hast. Aber anscheinend ist das ja überhaupt kein Problem.", gab er zu, was mich doch ein wenig verwunderte. Klar, man konnte es leicht denken, bei so vielen Abonnenten, aber warum hatte er sich darüber Gedanken gemacht?

„Wäre es denn ein Problem für dich, wenn ich öfter angesprochen werden würde?", fragte ich. Mich interessierte seine Meinung, denn an anderen Orten sah das alles schon wieder ganz anders aus, zum Beispiel in den USA, dort wurde ich ständig angesprochen, aber manchmal gab es auch hier in London Phasen, wo es sehr oft vorkam. Aber das gehörte nun auch zu mir und wenn er damit nicht leben könnte, dann würde zwischen uns wohl auch nichts festes klappen, was meiner Meinung nach doch ziemlich schade war.

„Ich weiß nicht. Also ich denke nicht, dass es ein richtiges Problem wäre, ich würde mich dann nicht von dir fernhalten oder so, aber es wäre schon komisch, da hätte ich mich aber auch irgendwann einfach dran gewöhnt." Das war nochmal gut gegangen. Ich wollte mir gar nicht ausmahlen, wie ich mich gefühlt hätte, wenn er jetzt was anderes gesagt hätte. Gerade jetzt, wo ich wirklich was Ernstes in uns sah, etwas auf Dauer.

paper rings ➳ luca waldschmidtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt