„Wo bin ich?“, krächzte Sherlock und versuchte sich zu bewegen. Doch es gelang ihm nicht. Ihm blieb nichts anderes übrig, als regungslos und vollkommen blind liegen zu bleiben, mit nichts als der Kälte im Rücken.
„Das wirst du wohl am besten wissen“, hörte er erneut die verspielte Stimme in seinen Ohren schallen.„Es ist immerhin dein Gedächtnispalast. Ich persönlich hätte irgendwie anderes erwartet. Ja, ich bin glatt enttäuscht. Palast! Das ist doch kein Palast.
Ich hätte an etwas Prunkvolles und Großes gedacht, aber nicht an diese erbärmliche Abstellkammer. Ja ja, Genies lieben die Unordnung, verstehe schon, aber jetzt mal ehrlich, willst du nicht mal hier drin aufräumen?“„Wo ist John?“, brachte Sherlock bemüht hervor, während sich ein unerträgliches Gefühl in ihm breit machte.
„Ahhh“, antwortete Moriarty gedehnt und lachte in sich hinein. „Du willst wissen, wie es deinem Haustier geht. Da kann ich dir leider nicht behilflich sein. Schon vergessen, dass ich tot bin. Tot. Tot. Mausetot.“Es schien, als würde Moriarty beim Sprechen auf und ab laufen. Mal vernahm Sherlock seine Stimme rechts, dann wieder links. Doch entfernen tat sie sich nicht. Entweder er hielt sich nah bei ihm auf oder, im anderen wahrscheinlicherem Fall, ihm stand nicht viel Platz zur Verfügung.
Offenkundig handelte es hierbei um ein kleines Zimmer. Und noch dazu eins, das nicht gerade leer stand, anderseits würde auf die Stimmen ein Echo folgen.Moriarty sprach also tatsächlich von einer Unordnung, die den Raum, wo auch immer dieser war, mit Objekten füllte. Sherlock versuchte bemüht alle Information aufzunehmen, die ihm zur Verfügung standen.
Er musste einen klaren Verstand behalten, obgleich er John nicht in Sicherheit wusste. Alleine diese eine Tatsache erschwerte es ihm ungemein.„Zwei Mitbewohner, zwei Kollegen, zwei Freunde, eine hochwertige Geschichte, meinst du nicht. Aber jedes Drama verdient ein würdiges Ende. Also ginge es nach mir, da würde John Watsons Tod einiges hergeben“, vernahm Sherlock abermals seine Stimme.
Wütend ballte er seine Hände zu Fäuste. Er musste hier raus. Er musste zu John. Er musste nach ihm sehen. Entschlossen schlug er seine Augen auf.Vorerst erkannte er nichts, außer eine Glühbirne, die von der Decke baumelte und ihm mattes Licht schenkte. Erst als er seinen Kopf leicht drehte, sah er einen Stapel von Gegenständen und seinen verhassten Feind in einem schicken Anzug unversehrt davor stehen.
Bevor er die Kraft aufbringen konnte etwas zu sagen, hörte er ein Geräusch, welches einer Tür ähnelte. Einer alten Tür.„Da ist ja der tapfere Krieger“, ertönte gleich darauf eine Stimme, die Sherlock augenblicklich erkannte. Irene Adler. Die Frau.
„Tapferer Krieger?“, forschte Moriarty amüsiert nach. „Mir sieht er eher aus wie ein erbärmlicher Verliebter!“
Irene Adler verzog ihre Mundwinkel zu einem leichten Schmunzeln und musterte ihn weiterhin mit ihrem durchdringenden Blick. Sherlock verhasste diese Situation. Wut flammte in ihm auf. Und doch fühlte er sich viel zu kraftlos, um zu widersprechen oder sich auf eine andere Weise zu verteidigen. Er fühlte sich wie ein dummer, kleiner Junge. Es war einfach nur demütigend.„Und das alles nur wegen John Watson“, riss Moriarty Sherlock aus seinem Selbstmitleid und lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf die zwei Gesichter, die auf ihn herabschauten.
„Tja“ Moriarty begann langsam auf und ab zu schreiten, seine Hände hinter dem Rücken verschränkt, ehe er sich schließlich der Umgebung widmete. Er begann in den Sachen zu wühlen. Manches warf weg, anderes nahm er genauer unter die Lupe.Sherlock mochte es nicht, wenn man in seinem Besitz herumschnüffelte. Meistens war das dann der Fall gewesen, wenn eine Drogeninspektion in der Baker Street durchgeführt worden war. Hier allerdings ging es nicht um Drogen.
Es ging um den Eingriff in die Privatsphäre und obendrein um Bloßstellung. Als würde es nicht ausreichen, dass er hier völlig machtlos lag und alle Bemerkungen über sich ergehen lassen musste.
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Only human [Sherlock/John] (German)
Fiksi Penggemar"Hör auf zu kämpfen, Sherlock. Diesen Kampf kannst du nur verlieren. Letzten Endes sind wir alle nur Menschen... Sogar du!" |Alternative zu Staffel 4 der BBC Netflix Serie Sherlock -> Spoilerwarnung| "When you have eliminated all which is impossible...