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Lächelnd warf ich einen Blick auf die vorbeiziehenden Straßenschilder, welche mir ankündigten, dass ich bald daheim ankommen würde.

Ich freute mich bereits so sehr auf die lächelnden Gesichter meiner Geschwister und Eltern, wenn ich endlich aus diesem Bus steigen würde.

Das Auslandsjahr bereitete mir eine Menge Freude und ich lernte zahlreiche unterschiedliche Menschen mit verschiedenen Kulturen und Religionen kennen, wie ich es mir gewünscht hatte. Ein völlig neuer Einblick in unsere Welt.

Obwohl ich von Natur aus eine schüchterne und eher ängstliche Persönlichkeit war, lernte ich viele neue Freunde kennen, welche mich sofort herzlich aufnahmen und mich akzeptierten, wie ich war.

Doch so sehr ich auch die Zeit mit meinen neugewonnenen Freunden genossen hatte, so war es an der Zeit, endlich nach Hause zurückzukehren. Natürlich blieb ich in Kontakt, wobei mir einer von ihnen ganz besonders ans Herz gewachsen war, und mich jetzt in den Sommerferien sogar besuchen würde.

Matt war sein Name, und er nahm mich ganz besonders schnell auf, führte mich überall herum und stellte mir all seine Freunde vor, wofür ich ihm mehr als nur dankbar war.

Ich war so in Gedanken versunken, dass ich überhaupt nicht mitbekam, wie der Bus plötzlich zum Stehen kam.

Schnell schnappte ich mir meinen Rucksack und stieg aus dem Bus, als ich draußen mein Gepäck in die Hand bekam, und nun endlich wieder daheim war.

Lediglich ein paar Straßen weiter, dann würde ich zu Hause sein. Ich freute mich bereits auf das überraschte Gesicht meiner Familie, denn ich war einen Tag früher zu Hause, als geplant.

Ich musste unaufhörlich grinsen, als ich nun direkt vor dem großen Gebäude stand, in welchem ich meine Kindheit verbracht hatte.

Der Rasensprenger war angeschaltet, das Gras frisch gemäht und die Vorhänge hochgezogen. Als hätte ich dieses Haus niemals verlassen..

Einzig und allein wunderte es mich, dass das Auto von Dad nicht wie gewohnt auf der Einfahrt stand, doch womöglich erledigte er bereits den Wochenendeinkauf.

Mit einem breiten Grinsen klingelte ich und stand voller Aufregung auf der Türschwelle, konnte es bereits nicht mehr abwarten, all meine Geschwister und Eltern zu sehen.

Und kurz darauf öffnete sich auch schon die Tür, und gerade als ich die Person bereits voller Freude umarmen wollte, stellte ich fest, dass dort ein Fremder vor mir stand.

Der Mann musterte mich grinsend, während seine grellen, eisblauen Augen auf mir ruhten. Er sah nicht sehr alt aus, eher jung und gutaussehend. Er trug ein schwarzes Hemd und eine ebenfalls schwarze, elegante Jeanshose.

Er wirkte ziemlich autoritär und war riesig im Gegensatz zu mir, weshalb ich bereits unter seinem stechenden Blick zusammenschrumpfte.

„H-hallo, ich bin..", setzte ich an und versuchte ungeschickt, meine Unsicherheit zu verbergen, doch er unterbrach mich sogleich.

„Lucas, ich weiß. Ich heiße David, freut mich, dich kennenzulernen.", er reichte mir seine Hand, welche ich zögerlich ergriff und kurz schüttelte.

Ich war noch immer völlig verwirrt und traute mich nicht, ihm in die Augen zu sehen, da sich sein Blick direkt in meine Seele zu bohren schien. Ihm entging diese Geste nicht, und er grinste mich an.

„Lucas!"

Ein lautes Rufen ertönte, als jemand die Treppe hinunter polterte. Freudig rannte meine Mum auf mich zu, und ich sprang ihr sogleich lächelnd in die Arme. „Du bist da! Ich dachte, du kommst erst Morgen! Wir freuen uns so, dass du da bist!", rief sie fröhlich und gab mir einen leichten Kuss auf die Stirn, weswegen ich leicht lächelte.

Doch ich konnte genau den Blick des Mannes in meinem Rücken spüren, von dem ich noch immer keinen Schimmer hatte, wer er überhaupt war. Vielleicht ein neuer Freund meines Vaters?

„Lucas! Lucas! Lucas!", meine jüngere Schwester und mein Bruder kamen ebenfalls die Treppe hinunter gestolpert und stürzten sich gleichzeitig auf mich, weshalb ich meine Arme um sie schloss und mich beinahe zu Tode freute.

Ich hockte mich hin, um auf ihrer Höhe zu sein, und freute mich mindestens genauso sehr wie sie.

„Hey! Laurie, du siehst noch genauso wunderschön aus, wie an dem Tag, als ich gegangen bin. Du hast so schöne lange Haare bekommen! Und Nico, ich nehme an, du spielst noch Fußball? Wie wäre es mit einem kleinen Match nachher?", plauderte ich fröhlich drauflos und die kleinen lachten fröhlich, wollten mich gar nicht mehr loslassen.

Als sie sich wieder beruhigt hatten, richtete ich mich auf und sah mich, noch immer glücklich lächelnd, im Hausflur um.

„Wo ist Dad? Ich habe euch so viel zu erzählen!", freute ich mich und machte innerlich Luftsprünge, bis ich die ernsten und besorgten Blicke meiner Mum bemerkte.

„Liebling.. Ich muss dir etwas erzählen..", begann sie, und immer wenn sie das sagte, konnte ich mir sicher sein, dass eine Hiobsbotschaft folgen würde. Alles in mir zog sich schmerzlich zusammen und ich wartete ungeduldig auf ihre Erklärung.

Der Mann legte von hinten eine Hand auf ihre Schulter, was mich leicht zusammenzucken ließ. Tief in mir erhob sich eine Vermutung, doch ich wollte ihr keinen Glauben schenken.

„Dein Dad und ich.. wir haben uns scheiden lassen..", sprach sie meine schlimmsten Befürchtungen laut aus, und plötzlich schien die Zeit für einen Moment stillzustehen.

„David und ich.. Wir lieben uns.", streute sie noch Salz in die Wunde, und als ich sah, wie er sie von hinten umarmte, wurde mir übel.

„W-was?", war das einzige, was ich herausbekam, als sich schockiert meine Augen weiteten und ich wie angewurzelt dastand.

Ich erwachte erst aus meiner Starre, als Laurie an meinem T-Shirt zupfte und ich mich zu ihr herunter beugte. „Sei nicht traurig, Lucas. Er ist ein sehr netter Dad.", versprach mir meine kleine Schwester, und mir stiegen plötzlich Tränen in die Augen.

Ich versuchte krampfhaft, sie zurückzuhalten, damit mich meine Geschwister nicht weinen sehen mussten.

„Und.. Ihr habt mir nie etwas erzählt..?", stotterte ich vor mich hin und es fühlte sich an, als wäre mit einem Mal meine gesamte Welt zusammengebrochen.

„Wir wollten es dir persönlich sagen, Liebling. Es tut mir leid..", hauchte meine Mum liebevoll, doch all das war mir gerade egal.

„Ich.. Ich w-weiß nicht, was ich dazu s-sagen soll.", schluchzte ich leise und kämpfte gegen die Tränen an. Ich erblickte David, wie er mich vorerst emotionslos musterte und dann leicht grinste.

„Es tut mir leid, Lucas, doch ich werde versuchen, dir ein guter Vater zu sein.", mischte sich David ein, und ich hatte das Gefühl, mein Herz würde sich schmerzhaft zusammenziehen.

Ich hatte stark mit den Tränen zu kämpfen, doch ich durfte und konnte vor Laurie und Nico nicht weinen.

Also nickte ich, während innerlich meine gesamte Welt zusammenstürzte.



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Danke an alle, die bis hierher gelesen haben xD

Ich habe diese Idee schon länger im Kopf, hatte jedoch nie Zeit, sie umzusetzen, doch jetzt habe ich mich endlich mal dazu aufgerafft ;)

Neue Kapitel folgen in Kürze und ich hoffe, ihr werdet mal reinschauen xD

Bis Bald xx

Stepfather Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt