17. Kapitel: "Einen echten Freund erkennst du dran, dass er da ist."

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Meine Freundin quietschte leise.
„Hat er dich nach Hause gebracht?"
„Nein, Feli, hat er nicht. Es war kein Date."

Ich hatte ihr von meinem gestrigen Treffen mit Dag berichtet und Feli war völlig aus dem Häuschen. Im Gegensatz zu mir. Nicht, dass das Nicht-Date beschissen verlaufen wäre. Eher im Gegenteil. Lediglich die Uni machte mir zu schaffen. Nach der Mittagspause folgten noch zwei Lehrveranstaltungen, bis ich mich um zwanzig Uhr endlich auf den Heimweg begeben durfte. Ziellos stocherte ich mit meiner Gabel im Brokkoli herum, da setzte sich Marieke neben mich. „Die Jungs kommen auch gleich", informierte sie uns und ich hatte das Gefühl, die Temperatur in der Mensa sank auf einmal rasant. Ich hatte überhaupt keinen Bock auf Joseph.

„Was habt ihr denn gestern so Schönes gemacht?", fragte meine neue Sitznachbarin und schüttete sich löffelweise Parmesan auf ihre Pasta.
„Ich war babysitten", antwortete Feli ihr.
„Arbeit", erfand ich eine Notlüge, woraufhin Feli mir einen überraschten Blick zuwarf. Ich hatte keine Lust, mit der Sache zwischen Dag und mir hausieren zu gehen.
„Mensch, Mädels", seufzte Marieke. „Ich dachte, ihr packt jetzt eure wildesten Party-Storys aus, aber wenn das so weiter geht und ihr euch gar nicht mehr an den Wochenenden amüsiert, kann ich mich auch wieder an meine anderen Freundinnen halten. Ihr wisst schon, die mit den Ehemännern und Kindern." Sie verzog das Gesicht als wäre ihr schlagartig schlecht geworden vom Glück ihrer Liebsten.

„Was ist so schrecklich daran, eines Tages eine Familie gründen zu wollen?", hakte Feli ein.
„Gar nichts, aber du musst dich nicht dauernd über deinen größten Herzenswunsch profilieren. Das führt nur dazu, dass du dich dem elenden deutschen Spießertum anschließt und ehe du dich versiehst kaufst du dir eine Sommerlaube in einer Kleingartensiedlung und schließt einen Bausparvertrag mit zwanzig Jahren Laufzeit ab."
„Manche Leute leiden aber nicht wie du unter dem Peter-Pan-Syndrom, Rieke", warf ich ein. „Man darf ruhig irgendwann erwachsen werden."
„Erwachsen? – Ja. Aber ein Spießer? – Auf keinen Fall. Wer will das schon?"
„Kommt auf deine Definition von Spießer an", ertönte Josephs Stimme und ich seufzte innerlich. Mein mir zurzeit unliebsamster Kommilitone stellte sein Tablett so weit wie möglich von mir entfernt ab.

„Keine Sorge, Joseph", grinste Moritz, der links von meiner Freundin auf die Bank rutschte. „Ich glaube, du würdest eins zu eins auf Mariekes Beschreibungen eines deutschen Spießbürgers passen." Joseph murmelte eine Beleidigung und kippte einen halben Liter Joghurtdressing über seinen Salat.
„Was hast du denn gestern gemacht?", wandte ich mich Marieke zu und versuchte das Gespräch wieder in ruhigeres Fahrwasser zu überführen.
„Moritz war bei mir, wir haben den Probetest für die Klausur im Epochen-Seminar zusammen gemacht. War eigentlich ganz okay, aber du wirst höchstwahrscheinlich Probleme bekommen, wenn du Josephs Angebot mit der Nachhilfe nicht annimmst. Ein paar der Fragen sind echt knifflig", antwortete sie.
„Ich bin ausgebucht", versetzte Joseph kühl von der Seite. „Mein Bruder und ich arbeiten an unserem Businessplan für das Startup, das hat Vorrang."
„Wow, schon gut, Mr. Busy. Letzte Woche hast du sie quasi noch angefleht, ihr Nachhilfe geben zu dürfen." Marieke kniff die Augen zusammen. Eisig sah Joseph zu mir. „Letzte Woche war letzte Woche, seitdem ist viel passiert."

Die Lippen gespitzt zum nächsten Vorwurf, wandte sich Marieke an mich.
„War das bei ihm und dir so ähnlich wie mit unserer Präsentation vor kurzem?" Ich umklammerte verärgert den metallenen Griff meines Messers.
„Es ist am Ende doch alles reibungslos über die Bühne gegangen oder nicht?", knurrte ich.
„Trotzdem hast du mich in der Besprechung hängenlassen", erwiderte sie ungerührt. Moritz, der bemerkte, wie der gesamte zurückgehaltene Frust unserer Clique langsam hochkochte, legte Marieke eine Hand auf den Rücken.
„Ihr habt eure 1,0 eingefahren und beim nächsten Mal wird's wieder weniger stressig", redete er besänftigend auf sie ein. „Ich denke, dass mit dem familiären Notfall wird Pari wohl kaum einfach nur so daher gesagt haben." In seinem Blick lag allerdings die Ungewissheit, die sein Tonfall bei seinem heißblütigen Plädoyer zuerst gar nicht vermuten ließ.

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