„Dag!", rief ich. „Dag, jetzt warte doch mal!" Ich war unendlich dankbar, dass ich mich vorhin, als ich mich auf den Weg zum Studio gemacht hatte, gegen Absatzschuhe und für bequeme Sneakers entschieden hatte. Er blieb stehen, drehte sich zu mir um und sah mich gleichzeitig so auffordernd und kühl an, dass ich meinen zügigen Gang abbremste. Ich schluckte, als ich vor ihm zum Stehen kam. „Wieso haben du und Vincent gestritten?", fragte ich ihn. Dabei klang ich wie ein piepsendes Mäuschen. Ich rieb über meine Unterarme, als seine Miene eingefroren blieb.
„Was mischst du dich da ein?", sagte er schließlich. Seine Stimme triefte vor Verachtung und ich krümmte unwillkürlich den Rücken, machte mich noch kleiner.
„Na ja, mein Name ist gefallen."
„Er flirtet dich an." Dag beugte sich zu mir runter, als wäre ich eine etwas zurückgebliebene Zweitklässlerin, der er nochmal den Unterschied zwischen Multiplikation und Division erklären musste. „Mich nervt das, er weiß es und trotzdem macht er weiter. Das ist typisch Vincent, aber bilde dir nichts ein: Du bist nicht der Grund dafür, warum ich mich über ihn ärgere."„Er ist dein bester Freund", argumentierte ich schwach. Dag lachte trocken.
„Sag mal, was machst du hier eigentlich? Bist du mir gefolgt, um Streitschlichterin zu spielen? Wenn ja, danke, aber nicht notwendig." Er zündete sich eine Zigarette an. „Soll ich dich nach Hause bringen?", fragte er, klang jedoch nicht sonderlich begeistert von seinem eigenen Vorschlag.„Danke, ich schaff's schon", erwiderte ich verstört, schlang beide Arme um meinen Körper, wandte mich von ihm ab und marschierte in entgegengesetzter Richtung davon. Egal, wie eindeutig es für Dag bei dieser Auseinandersetzung mit Vincent nicht um mich ging, das gab ihm noch lange nicht das Recht, seinen Frust so an mir auszulassen. Ich ignorierte sein Hey aus der Ferne. Aber er ignorierte, dass ich ihn ignorierte. Seine Hand landete auf meiner Schulter, doch ich wich zur Seite aus. „Haben wir uns noch irgendwas zu sagen?", fragte ich ihn nüchtern. Meiner Enttäuschung über seinen Ausraster verlieh ich nur mit meinen Augen Ausdruck. Er las es in meinem Blick und sein Gesichtsausdruck wechselte innerhalb weniger Sekunden von angepisst zu schuldbewusst.
„Tut mir leid", entschuldigte er sich. Ich schüttelte den Kopf. „Pari, es tut mir leid." Wieder legte er mir seine Hand auf die Schulter. Ich warf die Arme hoch und fegte sie runter.
„Was soll ich mir davon kaufen, Dag? Vielleicht ein bisschen Selbstbewusstsein? Du hast mir gerade verklickert, dass ich mich nicht so wichtig nehmen soll. Schon okay! Ich hab's kapiert. Aber dann lass mich jetzt auch in Ruhe."
„Du drehst mir die Worte im Mund um", beschwerte er sich. Ich ballte die Fäuste.„Verdammt, ich würde doch nie was mit Vincent anfangen!", platzte es aus mir heraus. „Das ist doch dein Problem, oder?", hakte ich nach. „Ihm vertraust du, du weißt, er würde nie leichtfertig eure Freundschaft aufs Spiel setzen – Aber mir vertraust du nicht. Warum, Dag? Weil ich erst gezögert habe, als du mich um Exklusivität gebeten hast?"
„Du hast nicht gezögert, du hast nein gesagt", korrigierte er kalt.
„Toll, deswegen traust du mir zu, dass ich hinter deinem Rücken an deinem besten Freund rumbaggere?", fragte ich und applaudierte ihm sarkastisch. „Super. Schöne Basis für die gesunde Affäre, auf die wir uns geeinigt hatten."Dag seufzte schwer und vergrub das Gesicht einen Moment in seinen Händen.
„Manchmal frage ich mich, warum ich mir das mit dir überhaupt noch antue."
„Das weiß ich doch nicht", gab ich verletzt zurück. „Vielleicht ist es, weil wir geilen Sex haben; vielleicht reicht dir das."
„Sprich von dir", mahnte er mich finster.Ich presste fest die Lippen aufeinander, kämpfte mühsam die Tränen nieder und bestätigte: „Weißt du was? Ja, mir reicht Sex. Ich stehe dazu, auch wenn es wehtut, wie die Gesellschaft mich dafür verurteilt. Das ist der Punkt, Dag. Wie das ausgeht ist völlig Banane, am Ende bin ich die Schlampe, weil ich die Frau bin. Du kannst weitermachen wie vorher, wenn das mit uns vorbei ist, aber ich bin gebrandmarkt, sobald ich mich wieder auf eine Beziehung einlasse. Ein Mann, der außerhalb von Beziehungen Sex hat, ist ein Mann mit Erfahrung; eine Frau, die sich nach einem anderen Prinzip als der klassischen Beziehung auf einen Mann einlässt, ist eine Hure."
„Scheiße, in welchem Jahrhundert lebst du?"
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Don't Enter the Friendzone
Fanfic~ Auf der Suche nach uns selbst kann uns niemand begleiten. ~ Pari hat sich nie sonderlich für die Leute interessiert, mit denen Iara, ihre beste Freundin, sich sonst so umgibt. Die meisten von ihnen verdienen Unsummen mit ihrer Musik und treten deu...