Kapitel 6

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Tony starrte an die Decke über sich. Das Licht hatte er bereits vor einer Stunde ausgeschaltet, in der Hoffnung, dass es ihm so leichter fallen würde endlich einzuschlafen. Doch Fehlanzeige. Stattdessen lag er nun einfach nur da und versuchte seinen eigenen Gedanken zu entkommen. Er drehte den Kopf leicht zur Seite, wodurch sein Blick durch die bodentiefen Fenster fiel, durch die die wenigen Lichter der nächtlichen Millionenstadt sein eigenes Zimmer leicht erhellten. In Momenten wie diesen hasste er es nicht einfach zur Ruhe kommen und einschlafen zu können. Allerdings hatte seine Vergangenheit beinahe jede Nacht andere Pläne mit ihm. Dieses Mal war genau das allerdings nicht das Problem. Stattdessen war er mit seinen Gedanken ganz woanders. Und zwar bei einem ganz bestimmten Teammitglied, das ihn einfach nicht nachlassen wollte.

Natasha Romanoff geisterte nun schon länger durch seine Gedanken und er konnte nicht anders, als darüber nachzudenken, was heute passiert war. Lange war sie ihm aus dem Weg gegangen, was ihn aber ehrlich gesagt langsam tatsächlich zu stören begonnen hatte. Schließlich war er so etwas von einer Frau nicht gewohnt. Besonders nachdem sie Sex gehabt hatten. Beinahe ließ ihr Verhalten in ihm den Gedanken aufkommen, dass sie es bereute und vermutlich war genau das auch das, was Natasha selbst sich einzureden versuchte.

Dann waren da allerdings immer wieder diese Blicke, die sie einander zuwarfen und die sexuelle Spannung, die er zwischen ihnen spürte und von der er genau wusste, dass Natasha sie ebenfalls spüren konnte, und er begann daran zu zweifeln, dass sie wirklich nichts für ihn spürte. Und wenn er ehrlich war, wollte er, dass sie doch mehr Gefühle für ihn hatte, als sie zugeben wollte. Jedoch fiel ihm kein richtiger Weg ein, wie er sie dazu bringen konnte das endlich selbst zu sehen und es zuzugeben.

Seufzend schob er nach einigen Sekunden, in denen er weiterhin einfach nur da gelegen hatte, seine Decke zur Seite und setzte sich auf. Jetzt würde ihm nur eine Sache helfen können. Alkohol! Er streckte sich nach seinen Socken, die er auf den Boden geschmissen hatte und zog sie über, bevor er aus dem Bett stieg und sich langsam in Richtung Tür bewegte.

Er drückte die Türklinke hinunter und trat auf den Flur hinaus, der ebenfalls völlig dunkel war. Die anderen Avengers mussten um diese Zeit wohl, wie jeder normale Mensch, bereits am Schlafen sein. Schließlich waren sie alle noch ziemlich lange wach gewesen, bevor sich die Ersten dann in Richtung ihrer Schlafzimmer begeben hatten. Dabei musste er erneut an Natasha denken und spürte, wie sein Herz einen leichten Satz machte. Er hatte sich absichtlich neben sie gesetzt, allerdings erwartet, dass sie von ihm wegrücken oder sogar den Platz komplett wechseln würde. Zu seiner Verwunderung war genau das aber nicht geschehen und sie war einfach an Ort und Stelle geblieben.

Als er das Wohnzimmer fast erreicht hatte, bemerkte er plötzlich einen Lichtkegel, der aus dem Raum drang und ein wenig Licht in den Flur warf. Seine Stirn legte sich in Falten, während sich sein Schritt ein wenig verlangsamte. Er schien also nicht der Einzige zu sein, der um diese Zeit noch wach war. Welcher seiner Avengerskollegen es sein könnte, verriet ihm das allerdings nicht wirklich. Schließlich hatten sie alle ihre völlig eigenen Dämonen, die sie in der Nacht jagten. Manche von ihnen allerdings mehr, als andere.

Im Türrahmen blieb er für einen Moment stehen und warf einen Blick in den Raum hinein. Dort erblickte er einen Mann mit langem, schwarzen Haar, der vor der Bar saß und sich mit den Ellenbogen auf die Tischplatte stützte. Vor ihm stand ein mittlerweile halbleeres Glas mit einer vermutlich alkoholischen Flüssigkeit darin, auf das der Mann den Blick gesenkt hatte.

„Hey Bucky", erhob er seine Stimme, während er sich auf den anderen Mann zu begab. Damit brachte er ihn dazu den Kopf zu heben und in die Richtung zu sehen, aus der die Stimme kam. Es schien einige Sekunden zu dauern, doch dann erkannte er ihn und nickte ihm zur Begrüßung zu: "Hey." Bei ihm angekommen ließ Tony sich neben ihn auf einen der freien Barhocker sinken und warf einen vielsagenden Blick auf das Glas vor Bucky: "Machst du mir auch einen Drink?" „Ich wusste nicht, dass du Wodka trinkst", er runzelte die Stirn, erhob sich allerdings dann. „Heute trinke ich alles", gab er zurück. Tatsächlich trank er eigentlich eher Whiskey oder Bourbon, doch in diesem Moment war ihm das ziemlich egal. Er wollte einfach nur das gewohnte, alkoholische Brennen in seiner Kehle spüren.

„Was ist denn mit dir los?", Bucky griff nach einer der Flaschen und einem leeren Glas, bevor er dieses zu füllen begann. Dabei warf er ihm einen verwunderten Blick zu. „Frag besser nicht", lehnte er eine richtige Antwort ab. Allerdings wusste er, dass Bucky ihn aus der Sache nicht einfach so heraus kommen lassen würde. Seitdem er Teil der Avengers war, hatten beide Männer nämlich begonnen Zeit miteinander zu verbringen und waren zu seiner eigenen Überraschung zu so etwas wie Freunden geworden.

„Es geht um Natasha, oder?", fragte Bucky nach einigen Sekunden, während er den Drink zu Tony herüberschob. Sein Blick war wissend. War das etwa so offensichtlich gewesen? Allerdings wusste er, dass er Bucky davon erzählen konnte. Vermutlich war das aber auch die beste Idee, wenn man daran dachte, dass er Natasha bereits kannte, seit sie jung war und ihn vermutlich genauso gut oder noch besser als Clint kannte. Bucky würde im Gegensatz zu dem Bogenschützen aber eher gewillt sein ihm weiterzuhelfen. Zumindest hoffte er darauf.

„Möglicherweise", antwortete er, während er das Glas nahm und es an die Lippen führte, um einen Schluck zu nehmen. Auf Bucky vorwurfsvollen Blick hin, gab er jedoch nach und brachte ihn damit zu einer ehrlichen Antwort: "Ja, geht es." Auf Buckys Lippen erschien ein leichtes Lächeln: "Ich wusste es." „Woher das denn?", er runzelte mit fragendem Blick die Stirn. Wie war das so offensichtlich gewesen? „Ach komm schon", Bucky legte den Kopf leicht schief und ließ sich wieder neben ihn sinken: "Jeder merkt doch, dass da etwas zwischen euch ist." „Jeder abgesehen von ihr vielleicht", murmelte er mehr zu sich selbst, als zu Bucky, während er für einen Moment auf die Flüssigkeit in seinem Glas sah, während er diese leicht von der einen Seite zur anderen schüttete. Dann sah er aus dem Augenwinkel wieder zu Bucky: "Ihr kennt euch doch schon lange, oder?"

Darauf antwortete Bucky mit einem Nicken: "Ja, das könnte man wohl so sagen." „Und? Hast du einen Rat für mich, was ich tun soll?", hakte er nach. Bucky hob eine Augenbraue, während er Tonys Gesicht musterte, als würde er versuchen herauszufinden welche Absichten er hatte: "Warum genau fragst du?" „Ich möchte, dass sie endlich dazu steht, was zwischen uns passiert und aufhört mir aus dem Weg zu gehen", erklärte er, doch sie beide wussten, dass das nicht die einzigen Gründe waren. „Ich finde es irgendwie paradox, dass du mich fragst. Schließlich bist du dafür bekannt Frauen magischen anzuziehen und kannst charmant sein, wenn du willst", argumentierte sein Gegenüber. „Wir wissen beide, dass sie nicht ist, wie andere Frauen", entgegnete Tony, nachdem er einige Schlucke des Wodkas genommen hatte."

Das taten sie tatsächlich. Schließlich hatten sie mittlerweile beide lange genug Zeit mit besagter Frau verbracht. „Wenn du aber wirkliches Interesse an ihr hast, zeig ihr, dass du sich wirklich für sie interessierst", in Buckys Stimme hatte sich ein ernster Tonfall gemischt: "Tanz auf deinen Partys mit ihr und schenke ihr Aufmerksamkeit. Lass deinen Charme ein wenig spielen. Denn ganz ehrlich, wir wissen beide, dass da etwas zwischen euch ist, was sie zwar zu verdrängen versucht, es aber nicht ewig kann, wenn du nicht zulässt, dass sie dir aus dem Weg geht." Tony nickte und leerte sein Getränk in einem Zug. Damit hatte sein Freund recht und vielleicht war das gar keine schlechte Idee. Und ein wirkliches Problem würde dieser Plan für ihn auch nicht darstellen. Schließlich war sie die Einzige, bei der seine Gedanken waren und die er wollte.

Sextape | IronWidowWo Geschichten leben. Entdecke jetzt